"Hallo" ist das Pfandleihhaus des "Aufwiedersehn"...



Miniaturen des Absurden

Betrete mit der Miene der Abfälligkeit und erhalte Einlaß

Vom Jardin du Luxembourg zum Panthéon brauchte es schon mehr als platonisches Innehalten, um sich Gehör für Gesehenes zu verschaffen. Da...

Freitag, 30. August 2013

Etwas vergeht, etwas entsteht

Nun bräuchte man nicht Vieles, was man auf dem Weg des Aufgebens mit sich trägt. Man könnte sich all der Kleider entledigen, auch der Worte, um nicht zu schreien, die Hände am geöffneten Munde, aus denen nur Stille ströme. So stumm und nackt der Straße entlang laufen. Angezogen von den Blicken der Ungläubigen. Angezogen. Wieder. Liefe man bekleidet. Bräuchte man nicht alles, was man auf dem Weg des Aufgehens mit sich trägt. Außer dem, was andere besähen.

Und besähe man sich so im Vorüberpendeln der Ansichten zwischen den Blicken der Ungläubigen und den Blicken der Schaufensterscheiben aus Glas, so erschiene einem es nur recht, daß man nicht erkenne, wohin man renne. Doch bekäme es einem nicht gut.

Nun bräuchte man nicht Vieles, um das, was man sähe, zu verneinen. Schlösse man die Augen nur. Liefe nackt, stumm, angezogen und blind nun zu den Gefahren. Und müßte man nicht hören, gäbe es auch nicht Warnungen. Liefe auf die Fahrbahn. Hielte. Entfaltete die Arme. Der Mund nun wieder offen. Schriee die Wagen zum Ausweichen. Die nun auf den Wegen der Ungläubigen. Die zum Opfer. Tote. Ohne Empfinden als Täter. Verkrampfte sich gepeinigt in die Hocke, die Arme unterhielten den Körper. Und suchte die Schuld bei den anderen. Zu Recht. Denn sie versäumten vom Wege abzukommen.

Und fühlte man sich so, ohne zu spüren im Verkrampfen der Anwandlungen, so täte man es nicht im ersten Anschein des Wollens. Schlenderte stattdessen betucht im Anzug durch die Straße und pfiff vielleicht, um sich das Vorgestellte abzugewöhnen, hielte nur kurz, um zu bejubeln, was man nicht tat und schritte weiter seiner Taten vorgegebener Wege, um auf die nächste Gelegenheit zu warten.

Und bemühte man sich so.

Etwas vergeht. Etwas entsteht.



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Mittwoch, 28. August 2013

Beim Konfigurieren von Autos


Autos zu konfigurieren ist in Zeiten des großen Internets so leicht wie eine Dose Linsensuppe zu kochen. Man muß nur ein paar wenige Dinge bereitstehen haben: einen Dosenöffner, einen Topf und einen Löffel. Man benutze den Dosenöffner, um die Dose zu öffnen, schütte den Inhalt in den bereitgestellten Topf und rühre mit dem Löffel um. So ähnlich verhält es sich mit einem Auto-Konfigurator, den man auf den Internet-Seiten von Autoherstellern finden kann. Auto ausgewählt, Farbe, Felgen, Extras hinzugefügt, umgerührt – fertig. Das Auto wird in aller Pracht angezeigt. Samt Preis und Leasing-Konditionen. Womit wir wieder zur Dose kommen.

Man muß natürlich sicherstellen, daß einem die Dose gehört. Der Dosenöffner. Der Topf. Der Löffel. Um satt zu werden. Womit wir wieder beim Auto wären. Das Auto gehört einem ja nicht. Man kann nicht einsteigen und losbrausen. Man besitzt nur ein Bild. Und eine Vorstellung von dem, was einem fehlt vielleicht. Womit wir wieder bei dem sind, der die Suppe kocht oder dem, der das Auto in einem Web-Browser konfiguriert hat. Der eine hat eine Vorstellung vom Geschmack, der andere träumt sich eine Welt zurecht, sieht sich am Steuer. Beide sind sie gleich. Doch der eine ist besonders. Der hier macht sich ganz klein.

Denn nun geschieht Absonderliches. Er zieht selbst in den Web-Browser ein. Er konfiguriert sich. Modell ausgewählt, Arme, Beine. Rumpf und Kopf. Extras sind die Gedanken. Ein Preis erscheint, ein Bild. Ein Mensch wird angezeigt in aller Pracht. Samt Leasing-Konditionen. Ein Glück! 

Daß das Browser-Fenster vom Auto offenblieb. So schaut der kleine Mensch sich um, hebt kurz die Schultern, die Hände wollen sich schon am Jackett abstreifen, steckt sie in die Taschen dafür, während er sich zur Seite dreht, verläßt sein Fenster, sodass er das nächste betritt, das konfigurierte Auto steht neben ihm, er öffnet die Tür, startet den Motor, die Hände umschließen das Lenkrad, er scheint nicht abgeneigt zu sein gegen ein Lächeln, Gang rein –und los!

Womit wir wieder bei der Dose wären. Denn noch bevor er den Web-Browser verlassen kann, schließt sich das Fenster. Ein Lächeln nur noch auf dem dunklen Bildschirm des Laptops. Beim Konfigurieren von Autos und Menschen hatte der große Mensch schlicht vergessen, die Dose Linsensuppe einzukaufen.


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