"Hallo" ist das Pfandleihhaus des "Aufwiedersehn"...



Miniaturen des Absurden

Betrete mit der Miene der Abfälligkeit und erhalte Einlaß

Vom Jardin du Luxembourg zum Panthéon brauchte es schon mehr als platonisches Innehalten, um sich Gehör für Gesehenes zu verschaffen. Da...

Donnerstag, 27. August 2015

Herrscher von Versailles




Und gestaltete aus der Flachheit der Lilien.

Heraus die Furchen.

Mit Schmeicheln aus Wollgras. Vorüberrühren. Kaum-Unds.



Von den Gästen gebeten, sich nicht selbst einzuladen, lag es an dem Garten.

Gepflegtes Mähen. Verweiltes Warten auf den Wegen. Kaumgesäumt. Und lag es an Vincent sie zu begehen. Und strich dabei durch seinen Bart aus Wollgras. Und mit jedem gestaltete er heraus die Furchen aus der Flachheit der Lilien. Mit dem Hut aus Halmen. Rechen aus Weiden.

Von den Vorüber-Hurras gebeten, nicht den Saal zu betreten, harkte Vincent. Und lag es an ihm, die Striche zu verstehen. Verblichen sie gegenüber dem Garten. Und mit jedem gestaltete er heraus die Furchen aus der Strenge der Fehlenden. Mit Malkreide aus Samen. Blüten aus seinen. Kaumgewagtes sprach sich aus. Von den Einigreichen gebeten.

Strich durch seine Wollgrashaare. Grub im Garten Hinterkopfwirbel.

Von den Kaumbeglückten schon betreten lag es an den Lilien ihrer Stille beizutreten. In Feilheit wohl gehegt, mit Fingerhut und wischen. Riet Vincent keinem Garten Regen. Und mit jedem gestaltete er heraus die Furchen aus der Trockenheit der Lilien. Lag in seinem Durst das Stillen.

Fegte mit dem Rechen, Furchen aus den Lilien, wich Vincent durch Wollgraswischen pinselstrichbedientes Wollen aus dem Gras.

Von den Eingeweiden kaum mehr Reden. Hitzig Rahmen für die Leinwand. Daraus formte Vincent Furchen für seine Farbenleben.


Vincent, Gärtner, Herrscher von Versailles. 1871.











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Samstag, 1. August 2015

Freier Tag


Ein paar Fakten über mich

Ach?

Sie wollen keine Fakten?

Gut.

Dann begleiten Sie mich doch einfach durch einen Tag in meinem Leben. Kein beliebiger ist es: Es ist mein freier. Sagen wir, es ist Samstag. Seien Sie bereit, wir stehen sehr zeitig auf…

Ich begrüße meinen freien Tag mit einem Lächeln, kein allzu gewagtes, nur leise angedeutet. Ich binde mir die Fliege um – heute die mal mit den Punkten –, prüfe das Knopfloch im Kragen und fühle die Leere (komme später darauf zurück). Ich nehme meinen Regenschirm – kann immer regnen – auf den Arm: Hört! Hört! Nicht albern sein! Lege ihn mit dem Griff in die Beuge, öffne die Haustüre (war nicht in Sorge, unverschlossen) und trete heraus in Stille. Sonnenschein begrüßt mich mit seinen Fäden, er wärmt mir die Wangen, halte trotzdem die Hand zum Himmel prüfend (kann immer regnen), atme tiefer als andere die frische Luft ein und mache den ersten Schritt, bevor ich ihn denke. Ich grüße die Nachbarn von oben sehr herzlich, die von nebenan nur höflich, schreite weiter voran zur nächsten Ecke. Dort pflücke ich mir eine Blüte aus der Rosenhecke, rieche ihre Düfte und stecke sie (daher die Leere!) ins Kragenloch.

Ein kleiner Marsch wartet nun auf meine gefestigten Waden, die Rose ist übrigens rot, nehme weiterhin das Treiben gelassen, die Menschen – die Straße ist gepflastert – wie die Gesichter, und komme munter zum Zeitungsladen. Dort wähle ich:

Eine verträgliche Lektüre, nichts Beschwerliches, nichts Leichtes, werfe einen Blick auf die Schlagzeile, rolle – zuerst mit den Augen – die Zeitung in Form mit gepflegten, nicht zu eitlen Händen, klemme sie unter den Arm, wo der Regenschirm in der Beuge ist – Hört! Hört! Nicht albern sein! –, bezahle kommentarlos, aber wortreich und werfe (kann immer regnen) meinen Blick prüfend auf die Wolken: Gut, am ansonsten blauen Himmel regt sich keine Wolke.

Weiter.

Auf dem Weg zu meinem Ziel (wird noch nicht verraten) steuere ich wie jeden Tag an Schaufensterläden vorbei, halte an dem mit gelbem Spielzeug (meiner ersten Bestimmung zur Folge bin ich Mann), mache dann Platz für einen Jungen und seine triefende Nase, halte danach an dem mit Männerhüten, schaue auf meine Taschenuhr, ein Blick – auf den Turm, das Geläut (schon sind die Zeiger eingestellt) – bestellt mir das Lächeln:

Das erste an diesem Tage, das mir entgegengebracht wird (es spiegelt sich in der Schaufensterscheibe – es ist meines!) und gleich darauf das zweite:

Die Vorhänge werden beiseite geschoben, Hüte, Hände, die Neues daneben stellen, das Lächeln des Mädchens des Hutwarengeschäftes trifft mich unvorbereitet, aber wie jeden freien Tag entwaffnend. Ich grüße (ohne Hut) mit einem Nicken und ernster Miene stattdessen prüfend – und folge meinen Schritten weg von ihr.

Zurück zu meinem Ziel.

Ich verlasse die Geräusche meiner Stadt und betrete nun den hiesigen Park, Sandknautschen ersetzt das Pflastertippeln, Vogellaute das Laute, vor mir nur mehr Wiesen. Bevor ich eine bestimmte betrete, ziehe ich meine Schuhe aus und lasse sie am Wegesrand liegen, öffne die Bänder meiner Fliege, stecke den Regenschirm in den Boden (was ich liebe, wenn ich es langsam mache, so daß man dabei das Knistern der Grasbüschel hört, das Knicken ihrer Halme) und begebe mich auf deren Mitte. Ich klopfe die Zeitung aus ihrer Starre und breite sie aus:

Als Liege.

Lege mich darauf, nehme die Arme als Kissen – bin müde bloß am Tage – und schließe meine Augen, schlafe.

Träume…


Und morgen?

Dann ist Sonntag. Dann habe ich einen freien Tag.

Wollen Sie mich begleiten?


Obacht! Wir stehen sehr zeitig auf.











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