"Hallo" ist das Pfandleihhaus des "Aufwiedersehn"...



Miniaturen des Absurden

Betrete mit der Miene der Abfälligkeit und erhalte Einlaß

Vom Jardin du Luxembourg zum Panthéon brauchte es schon mehr als platonisches Innehalten, um sich Gehör für Gesehenes zu verschaffen. Da...

Freitag, 20. September 2024

Das Schusterbeispiel

 

Loreley.



Verführerisch - vorführerisch.

Verleumden - verleumunden.


Zehn Schuster in einem Dorf, einer ist gut, neun sind schlecht. Der eine gute wird verleumundet, und aus dem Dorf vertrieben, damit die neun schlechten Schuster weiter bestehen können, und alle im Dorf tragen nur noch schlechte Schuhe, die gar keine Schuhe mehr sind und ihren eigentlichen Zweck nicht mehr erfüllen, aber bei vollem Preis. Und die neun schlechten Schuster sprechen ihre Preise ab und verleihen sich gegenseitig Preise, und der Bürgermeister lobt die neun Schuster, die ihn dann wählen und ihn schmieren; und Lehrlinge bei den neun schlechten Schustern lernen gar nicht mehr, wie man gute Schuhe macht, nur noch wie man schlechte Schuhe macht und das Wissen geht verloren und am Ende verkaufen sie unsichtbare Schuhe, die es gar nicht gibt, das trägt man jetzt so. Und alle laufen barfuß rum. 

Und so weiter und so fort. Kann man ewig weiter spinnen. Das Schusterbeispiel. Und unser eine gute Schuster lebt verarmt und alleine und beschaut seine Schuhe und beschaut das nur noch so. 


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Dienstag, 17. September 2024

Das Faß, das den Tropfen zum Überlaufen bringt.

 

Tolles Bild.



Als ein Gedicht auf eine Hauswand geschrieben wurde, hätte sich der Autor sittengemäß vertraglich zusichern müssen, daß, wenn das Gedicht  entfernt, übermalt oder ausgewechselt wird, daß das Haus abgerissen werden muß und 5 Millionen Euro an Schadenersatz gezahlt werden müssen.
So würde ich das machen. Was ist mehr wert: Ein abgerissenes Haus. Oder ein Gedicht.

Wieviel ist zuviel. Ab wann kann man nicht mehr. Wann muß man einen Hilferuf absenden. Ist man dann überhaupt in der Lage. Hat man Liebste, die das erkennen, wenn man es selbst nicht bemerkt. Das Faß, das den Tropfen zum Überlaufen bringt. Es kommt auch auf das Faß drauf an. Viele Tropfen füllen ein Faß. Viele derselben Tropfen füllen ein großes Faß nicht. Und warum ist es überhaupt schlimm, wenn ein Faß voll Wasser überläuft, wässert das Wasser dann nicht den Boden. Ist das Faß nicht überflüssig, um im sprachlichen Bild des Fließens zu sein.

Alles Sätze ohne Fragezeichen. Fässer fassen eine bestimmte Menge an Wasser. Das habe nicht ich bestimmt, das haben Menschen bestimmt. Wie groß kann ein Faß werden. Wie groß ist das menschliche Maß. Wie groß ist das menschliche Fassungsvermögen. Wer bestimmt das Kleinliche, wer das Großhabige. Ab wann ist ein Gedicht zu groß für eine Häuserwand, ab wann bricht die Hauswand unter der Last des Gedichtes zusammen. Wie groß müssen die Buchstaben sein. Schaut man überhaupt nach oben. Hebt man den Kopf. Liest und versteht das Geschriebene und kann das überhaupt begreifen in einer Stadt, die zum Boden geneigt ist, daraufhin ausgerichtet ist, wasserwaagengleich Schritte mit Füßen lenkt in Bahnen, die von Planern und Bestimmer vorgebaut sind. Ab wann ist ein Hilferuf laut genug. Kann man den unterscheiden von den Schreien von Mädchen auf einem Grundschulhof, wenn große Pause und nur großartige Freude ist. Wieviele Geräusche, Lärme und Knalle müssen entfallen, bis
man ein Murmeln hört. Warum sucht sich ein Wassertropfen ein Faß aus und fällt nicht gleich daneben zu Boden. Wie groß kann ein Tropfen werden. Ist ein Regentropfen schneller unten auf der Erde gegenüber einem Faß voll Wasser, wenn man es aus gleiche Höhe vom Himmel zum Boden fallen läßt. Steht ein Wassertropfen im Gespräch mit der Erdanziehungskraft, daß sie ihm sagt, "Mach' schneller." Wieviele Häuser müssen abgerissen werden, bis ein Gedicht stehen bleibt. All das ist ein weites Feld. Aber auch ein weites Feld wird beackert. Ein weites Feld wird auch beackert. Ein weites Feld wird auch bewässert. Ich beschaue die Welt und die Felder und die Häuser und die Fässer mit den Augen, die mir Bilder schenken oder geizen und strafen und belohnen und geben, um sie zu teilen in einem Kosmos, der nicht zuhört, weil er abgelenkt ist mit den Schicken des Schicksals, nur das zu hören, was ihm mißlingt und nicht einzugreifen, bei Gelingen. Ich habe bei Dir das Bedürfnis, "Das stimmt nicht." zu sagen.

Ich habe das Bedürfnis, dem Kosmos zu sagen, daß es da mehr gibt als die Insichgekehrtheit. Ich habe das Bedürfnis, dem Kosmos zu sagen, "Das Faß ist nicht voll. Der Tropfen ist schneller als Gravitation ihn anziehen kann. Die Erde ist nicht rund: Sie ist ein Kreis und noch ein Kreis und noch einer und noch einer. Wasser ist Leben: Es lebt."



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