"Hallo" ist das Pfandleihhaus des "Aufwiedersehn"...



Miniaturen des Absurden

Betrete mit der Miene der Abfälligkeit und erhalte Einlaß

Vom Jardin du Luxembourg zum Panthéon brauchte es schon mehr als platonisches Innehalten, um sich Gehör für Gesehenes zu verschaffen. Da...

Donnerstag, 28. Dezember 2017

Von der Unerläßlichkeit, verrückt zu sein


Was unterscheidet einen Psychiater von seinem Patienten?

Das Ausfüllen des Rezepts.


Neulich, es müssen Sterne zu Boden gefallen sein und neue geboren, saß ich mit drei Spatzen und einer flotten Dame an der örtlichen Bushaltestelle. Einen von Vieren fütterte ich mit Anwesenheit.

Wer einen Verrücken ernst nimmt, muß ein wahrhaft glücklicher Mensch sein.

"Sind Sie verrückt?", besah mich die ältliche Dame, mit der ich mich schwatzend bekannt gemacht hatte.
"Meistens nicht."
"Dann sind Sie ein Philosoph.", lächelte sie glücklich.

Und sie griff schmusend in meinen Arm.
Ältlich armschmusende Damen sind die wahren Damen unter den schmusenden Frauen.
Und wäre ihr Arm dicker gewesen, hätte ich mich auch füttern können.

Die Dinge, die einem selbst nicht am richtigen Platz erscheinen, erscheinen einem anderen wie gut platzierte Dinge zum Befassen.

Ich traf einmal zwei Philosophen, erinnerte ich mich schmusend. Und sie erschienen einem, wie gut platzierte Dinge zum Befassen. Natürlich müßte es Berlin gewesen sein, mit seinen runden, armschmusenden S-Bahnbögen, bei denen es unerläßlich schien, Worte der Liebe gegenüber seiner Dame des Schmerzens oder seinen Pflichten zu beurkunden - auf einem Knie, das andere stützte, und zwischen den Zähnen eine Margerite, oder dagegen zu pinkeln, was sinvoller erschien -, und dann aufzustehen, den Schmutz trotzig von der Hose zu wischen und dann wirklich nach oben zu blicken, um danach im Kopf der Dame, und nicht vor ihren Füßen, zu landen, deretwegen man sich kurz vorher noch kleiner machte:

Im Fernsehturm.

Dort lief ich unweigerlich dem ersten Philosophen in die Arme. Und hätte ich noch die Margerite dabei gehabt und sie nicht achtlos dem hippen Berliner Verkehr als spießiges Verlobungsgeschenk angeboten, dann bieder verschmäht werdend, so hätte ich sie ihm schmusend überreicht.

"Das bin ich auch. Ich bin Philosoph.", sagte er, weil er es sagte.

Und ich vorher an der Bar noch unweigerlicherweise englischen Fußball-Fans mit unweigerlich Berliner Kaffee - deutschen hatten sie nicht - ihrem unweigerlich deutschem Maß Bier zuprostete, während sie auf die Gelegenheit verweilten, noch vor dem Anpfiff, das gegnerische Kriegsgefangenenlager aufzusuchen und von diesem Berliner Wachturm zu beschauen, um die günstigsten Schußpositionen auszuspähen, für das Kleinfeld, grünlich, am Horizont unter unseren Blicken. Und meine mischten sich dazu.

"Wer oben ankommt, hat zwei Möglichkeiten. Philosophen nehmen den Aufzug.", sagte ich ihm. Und verschwieg, daß als Tourist und ohne Feuerausbruch auch nur diese eine Möglichkeit bestand, weil er, als Italiener, auf Englisch darauf bestand, verbürgt einer zu sein. Verbürgt, ein Italiener zu sein, oder Philosoph.

Und mag meinen Glanz in meinen Augen als Licht begriffen haben, ihm im dunkleren Foyer als Feuer im Kopf der Dame den Weg zum Aufzug zu weisen.

"Im Falle des Brandes den Aufzug nicht benutzen" stand da geschrieben, war ich doch selig, so viel Selbstbewußtes im Fremdbewußten eines Fernsehturmkopfes zu erhaschen, im Widerschein.

"Sie könnten ein Philosoph sein.", antwortete ich auf etwas, was sich nicht erinnerte, was er sagte, während er den Aufzug betrat, und war dieser ein Philosoph, weil es sich vergaß, was er sagte, in diesem einen 'Könnte'.

"Könnte er nicht Italiener gewesen sein?", beklagte ich mich. Dann wären alle Worte gelegt. Und man hätte auch Treppen. Und man hätte auch Geländer, auf denen man nach oben rutschen könnte. Was sehr italienisch wäre. Während andere nur nach unten rutschen. Und dann wäre man schon Philosoph. Von Geburt an.

"Alle anderen auch. Nur haben sie keine Möglichkeiten, anders wieder herunterzukommen.", nuschelte ich.

Und sprechen Philosophen alle Sprachen, Nuscheln sprechen sie nicht. Fand der Philosoph aber hinwieder die Möglichkeit hinunterzukommen, als sich die Aufzugtüren schlossen.

Den zweiten Philosophen traf ich, da wollte er nicht mehr sein. "Ich will nicht mehr leben.", wollte er nicht mehr sein. Und wenn ein Philosoph nicht mehr sein will, sei es ihm mißgönnt.

"Das Leben ist doch schön!", widersprach ich dem Sein des Philosophen, einer zu werden.

Er schaute mich an, als wäre ich verrückt. "Und mich nennt man verrückt.", nuschelte ich auch diesmal, denn immer wenn ein Philosoph zugegen ist, sollte man nuscheln, sonst zitieren sie einen noch: "Der und der hat gesagt..."

Und dann ergeben Sätze eines Philosophen auch Sinn.

"Im Brandfall des Kopfes sollte man den Mund geschlossen halten. Sonst entfachen die Winde noch die kleinste Glut," dachte ich. "Ja. Auch die Finger in die Ohren stecken. Da kommt das Feuer wie mit einem Bunsenbrenner herein."

Die ältliche Dame tätschelte mich noch ein Weilchen. Bis unser Bus kam.


Dann stiegen wir in den Dickdarm der Sprache, wo sich Worte bewegend verdauten, während er blinkend in Seitenstraßen einfuhr.





*






(Ode/r an "Der Kopf ist dicker als Blut.")





Dienstag, 26. Dezember 2017

pazl! Oder: Die unsichtbare Mehrheit


Ich hab' ja jetzt eine Brieffreundin.

Sie wollte nie einen Brieffreund haben. Sie ist Flüchtling.


Sie lernt fleißig Deutsch. Ich bin nachsichtig mit ihren Fehlern.
Ich kann ja auch kein Syrisch. Sie ist auch nachsichtig mit meinen Fehlern.
Ich kann ja auch kein Deutsch.
Sie darf eigentlich nicht mit mir schreiben.

Sie ist sehr keusch. Sie hatte sich eigentlich Gott versprochen.

Durch mich aber möchte sie die Kultur des Landes erfahren. Und Deutsch lernen.
Und ich lerne schon fleißig ihre Sprache. Ihre Sprache, wie sie sich ohne Worte ausdrückt.

Sie floh mit ihrem Kind über den Landweg, und ist heimisch geworden.

Zufällig hatte sie meinen Aushang bei Lidl gesehen.

Sie hat darauf geantwortet.

Sie hat gleich geschrieben, daß sie sehr, sehr keusch sei. Und daß sie sich Gott versprochen hat.

Ich nehme Rücksicht auf ihre Belange, auch wenn ich Atheist bin.
Ich schickte ihr ein Alphabet mit Datteln.
Jeder Buchstabe eine Dattel. Und wenn sie einen Buchstaben gelernt hat, dann darf sie eine Dattel essen.
Wir schreiben uns nur heimlich. Aber manchmal schickt sie eine angebissene Dattel mit.
Das Briefpapier ist dann ganz verklebt. Aber sie hat mit ihren Zähnen ein Puzzlestück hineingebissen. Sie muß kräftige, schöne Zähne haben. Die Puzzledatteln werden irgendwann ein Bild ergeben.

Sie hat Fitzel ihres Bildes auf die Datteln geklebt.

Es ist mir aber egal, wie sie aussieht. Sie ist bestimmt sehr keusch schön.

Aber mir geht es darum, daß sie irgendwann eine längere Geschichte schreiben kann.

Wie man zum Beispiel einen Brief an den Vermieter schickt, wenn beispielsweise Schönheitsreparaturen vorgenommen werden sollen. Schönheitsreparaturen ist ein sehr deutsches, langes Wort.

Bei langen, deutschen Wörtern schicke ich ihr bunte Gummibärchen.

Mit Lebensmittelfarbe - auch ein langes, deutsches Wort - schreibe ich dann auf die Gummibärchen die Buchstaben.

Mein erstes Gummibärchenwort war das Wort 'Gummibärchen'.

Das schickte ich ihr. Ich weiß, ich bin ein schlechter Mensch, wenn ich Süßigkeiten schicke.

Aber dann stelle ich mir vor, wie sie den Brief mit seinen Ausbeulungen öffnet - vorher befühlt, was denn darin sein könnte -, das Gummibärchenwort entdeckt, und das Gummibärchenwort dann an den Kühlschrank klebt, ohne es zu essen. Irgendwann ist der gesamte Kühlschrank mit Gummibärchenwörtern beklebt.

Mit ganz vielen bunten Gummibärchen.

Irgendwann kann sie mir auch dann auf Deutsch schreiben, warum sie auf meinen Aushang geantwortet hat.

Nicht jeder antwortet, nur viele fragen.

Ich sehe sehr viele unbeantwortete Zettel in Supermärkten.

Ich bin sehr scheu. Und sie ist sehr keusch. Deshalb mag ich Brieffreundschaften.


Einmal sah ich eine Flüchtlingsfamilie im Bus. Die war auch sehr scheu.

Es hatte gerade geschneit, und es lag 5 Zentimeter Schnee auf den Wegen.
Sie hatten kleine, süße Kinder.
Sie trugen Sommersachen, und die Kinder Sandalen ohne Socken. Im Winter.
Eine blonde Studentin, großgewachsen und wie aus H&M gepellt betrat mit Blinkeschuhen den Bus.
Und der Bus wurde merklich dunkler.
An der übernächsten Haltestelle stieg sie aus.
Sie würdigte die Kinder keines Blickes. Sie würdigte keinen Menschen eines Blickes.
Ich denke, sie wollte nur angeschaut werden, als wäre sie auf Instagram.
Schaut her, was für schöne Blinkeschuhe ich habe, denkt sie dann sicher.

Die blonde Schönheit erzählt ihrem Internet-Freundeskreis sicher, wie sehr sie sich für Menschen einsetzt. Wie sehr man sich für Menschen einsetzen muß.

Das tue ich nie. Ich setze mich nie für Menschen ein. Kofi, meinen Nachbarn, habe ich nie gefragt, wo er herkommt.
Er war einfach da. Und jetzt, da er da ist, fragt er nach Tabak. Ich habe ihm etwas mehr Tabak gegeben. Weil Weihnachten ist. Sonst gebe ich ihm auch Tabak. Weil kein Weihnachten ist. Er fragt einfach.
In der Mitte des Monats fragt er mich nach zwei Euro. Ich leihe ihm dann fünf. Weil ich keine zwei Euro klein habe.
Letztens habe ich ihm kein Geld geliehen. Ich bin ein schlechter Mensch. Ich behandele meine Nachbarn, wie meine Nachbarn.

Ihre Blinkeschönheit war sehr kalt. Ich denke, die süßen Kinder froren ein bißchen mehr, als sie sich zum Aussteigen an der Tür versammelte und ihnen nahe kam. Sie hatte so schöne Blinkeschuhe, an deren Anblick man sich wärmen kann. Mir wurde warm, als ich die süßen Füße der Kinder in den Sandalen sah.
Sicher überlegte sie, wie sie in ihrem Internet-Image Wärme und Verständnis vermitteln konnte. Als ich ausstieg - und ich bin kein guter Mensch -, lächelte ich die Kinder an.
Sie lächelten zurück. Mehr Wärme konnte ich ihnen nicht vermitteln. Ich starte auch keine
Kleiderhilfe. Ich setze mich nicht für Menschen ein. Ich spende auch nicht.

Es gibt ja Sendungen, in denen der Name eingeblendet wird, wenn man spendet. Ich denke nicht daran, zu spenden.

Bettlern gebe ich immer einen Euro. Ich vergesse das dann immer. Punks habe ich auch schon einen Euro gegeben.

Aber die werden aggressiv. Es gibt so viele gute Menschen auf der Welt.

Ich erfahre das immer, weil sie von nichts anderem reden. Und reden über andere Menschen schlecht, die wie ich schlecht sind und unsichtbar. Es müssen sehr gute Menschen sein. Wie die kalte, blonde Schönheit im Bus mit den Blinkeschuhen.
Ich hab' mich auch mal zu einem Bettler vor dem Bahnhof gesetzt. Und einfach kumpelhaft mit ihm geredet.
Wir lachten. Es freute ihn. In der Innenstadt, wo das jeder sehen konnte, habe ich das auch mit einem anderen gemacht. Der freute sich auch. Man wird gleich übersehen, wenn man sich hinsetzt. Gute Menschen gehen sehr nachunsichtig mit schlechten, unsichtbaren Menschen wie mir um.

Menschen mit Blinkeschuhen sah ich da beim Bettler nicht. Sie sind bestimmt noch damit beschäftigt, Aufrufe im Internet zu verfassen.

Die sind auch immer aggressiv verfaßt.

Als ich mal einen Schlafsack einem Berber schenkte - so heißen die eigentlich - und noch Handschuhe anbot, dachte ich mir nichts dabei.
Von guten Menschen lese ich immer, daß sie gute Menschen sind. Sie klagen andere immer an.
Daran erkennt man gute Menschen. Daß sie schlechte Menschen, die so unsichtbar wie ich sind, anklagen.

Vergessen habe ich auch, daß ich mal zwei gute Thermoskannen in der Bahnhofsmission abgab.
Gute Menschen mit Blinkeschuhen sah ich da auch nicht. Diese sind sehr damit beschäftigt, Texte zu verfassen, daß man fast so gut wie sie sein soll. Sie geben sich auch gerne mit besser gekleideten Menschen ab.

Das sind wirklich gute Menschen. Das müssen sie sein.

Denn sie sprechen ja die ganze Zeit darüber, besonders, wenn es andere erfahren müssen. Besonders in sozialen Medien.

Ich bin da einfach gestrickt. Wenn jemand ein Arschloch ist, dann ist sie ein Arschloch.
Du kannst auch als Obdachloser ein Arschloch sein. Dann sage ich Dir das auch. Auch als Flüchtling kannst du ein Arschloch sei. Dann lasse ich das Dich merken.

Kofi ist kein Arschloch. Kofi ist mein Nachbar. Wir sind beide schlechte Menschen.


Wir sind unsichtbar.


Das mit meiner Brieffreundin habe ich mir natürlich ausgedacht.
Ich hatte mal eine. Und das war schön.

Aber man wird ja mittlerweile zum schlechten Menschen gemacht und ausgelacht, wenn man Brieffreund ist. Und Brieffreundschaften schön findet. Menschen können sehr gemein sein.

Gemeinheit sollte man der Literatur überlassen. Das ist die einzige Aufgabe von Literatur: Gemeinheit. Da kann man schön drüber lachen, wenn jemand etwas Gemeines schreibt.


Und für alle anderen, die nur ihre Nachbarn ausspionieren wollen, anstatt mit ihnen zu reden, habe ich mir eine App ausgedacht.

Eine Busfahrt hat mich dazu inspiriert.

Nein, nicht die schöne Frau mit den schwarzen Klopsaugen.
Die Süße, die davon erzählt hat, wie sie sich schon alles verletzt hat.
Wie sie sich im Spaßbad mal den Zeh gestoßen hat, und der Nagel sich umgeklappt hat. Sie hat so schön dabei gelacht. Blonde Frauen mit Blinkeschuhen finden in meinem Leben keinen Platz. Selbst das Blinken ihrer Schuhe war versteinert düster.

Also, wenn Du eine Spion-App haben willst: Sie heißt pazl!

Das Icon: Drei Puzzle-Stücke in verschiedenen Farben - grün, blau und grau ergeben zusammen ein Smile.


Und sie geht so:


pazl!

Mistverdammt, kennst Du das? Wenn Du jemand im Bus siehst, Traumfrau! Traummann!, und man sich sich nie, nie wieder sieht...

Wenn Du doch nur ihren Instagram-Account kennen würdest! Oder ihr Facebook. Oder ihr Twitter. Dann könntest Du sie so wiederfinden.

Wenn nichts mehr hilft, da hilft nur pazl!

Mit pazl! verliert man sich nicht mehr aus den Augen!

pazl! findet, sammelt die Puzzle-Stücke, die fehlen...

...und bringt sie zusammen.

pazl! greift vom Handy des Schwarms, den man im Bus gesehen hat, die Accounts von Instagram, Facebook, Twitter etc. ab.

Dann kann man den Schwarm, den man im Bus, im Club, im Supermarkt aus den Augen verloren hat - oh, nein! - und von dem man meinte, sie oder ihn nie wieder zu sehen oder sich nicht traute, anzusprechen, Zuhause wiederfinden und über deren freien Accounts dann kontaktieren ...und mehr von der Love des Lebens erfahren!

Im vollbesetzten Bus flirten? Vergiß es!

Über pazl! kann man auch direkt Nachrichten an den Schwarm senden, wenn man sich vorher unmittelbar begegnet ist.

pazl! greift nur Daten von Menschen in der unmittelbaren Umgebung ab (15 m)!

Du siehst jemanden in der Fußgängerzone, im Café, im Club, am Bahnsteig, der Bushaltestelle?

Du denkst, Mist, Du siehst ihn oder sie nie wieder? Und sie lächelt auch, aber sie traut sich nicht?

pazl! liefert Dir die Daten!

Nie wieder den Schwarm des Lebens verpassen!

Nie wieder Zuhause vor Sehnsucht vergehen, weil man die einzige Chance im Bus, im Supermarkt, im Shop verpaßt hat!

In den 5 Minuten, auf die es ankommt, und man es wieder vermazlt hat! Dann hilft Dir pazl!

pazl! gibt dir die zweite Chance!

Von Zuhause kannst Du dann Deinen Schwarm stundenlang suchten! Jetzt weißt Du, daß es ihn oder sie gibt: In der selben Stadt!

Und jetzt findest Du sie oder ihn ganz leicht wieder!

In der selben Stadt! Im selben Bus! Im selben Supermarkt!

Alle Accounts Deines Schwarms auf einen Blick!

pazl! ihn noch heute an! Von Zuhause noch, wenn Du wieder bei Verstand bist, hihi...

Und: Von Zuhause sehen, wem man in der Stadt so alles begegnet ist.

Sammel Puzzel-Stücke mit pazl! Immer, wenn Du unterwegs bist.

Vielleicht ist da ja der Schwarm darunter. Oder was Du über den schon immer wissen wolltest. Oder wie ist die denn drauf?

Mist, man hat sich verpaßt. Verpazlt! Gerade als die Liebe Deines Lebens um die Ecke schlendert, hast Du in die falsche Richtung geblickt, Du Schuzzl! Wie in einem tragischen Hollywood-Movie...

Aber pazl! noch mal!

pazl! bringt Euch doch noch zusammen!

Ganz bequem von Zuhause aus! Ganz in Ruhe. Hihi, wie aufregend...

Wem bist Du denn so alles begegnet, ohne es bemerkt zu haben?

Der süßen Nachbarin, der man nur einmal im Aufzug begegnet ist? Die so süß geguckt hat?
Was?! Die wohnt auch hier?!

Man sieht sie sonst nie...

Ihr lebt im selben Haus, wißt aber nichts voneinander?!

pazl!

Nie wieder zerbissene Kissen!

Check' gleich mal Ihren Instagram-Account mittels pazl! Schreib' sie an!


Pazlt Euch!


Beliebt ist auch das Binge-Farming:

Mit pazl! durch eine Menge rasen und Accounts einsammeln. Zuhause dann gucken, wen man alles eingefangen hat.


Jahresgebühr: 2,99 Euro (wird vom Handy abgebucht)






*





(Ode/r an die keusche, scheue, schöne Platonik der Brieffreundschaft.)



Montag, 25. Dezember 2017

Plutokratischer Eid


Im heliozentrischen Weltbild von Elementfusionen ergeben Körper aus Staub außerhalb des hoheitlich-gravitätischen Mittenpunkts Planeten, die um die solaren Eigenheiten des Gravitationszentrums bandeln sollen. Rückt ein Planet von seiner vorgegebenen Umlaufbahn ab, und sei es auch nur um das Kürzen der Fingernägel nachbei körperlicher Duschreinigung, weil sie dann so schön weich sind und pfeifend, erwartet den Planeten ein Beschmollschein aus der Barfungsmitte - pankautisches Schwirren genannt -, um das sich das Solarsystem planloser ins Dunkle geworfener Steine schließlich drehen möge.

Zu seinem Besten möge er sich doch wieder in die Ellipsen eingliedern. Damit schön ordentlich alle Murmeln beisammen sein. Bestrafend stößt die Sonne Winde aus - so wie Menschen sich mit Worten beschäftigen und die dann ihnen zueigenen ausstoßen, die in ihrem Sein Fundament sind: eine Alkoholikerin kennt Wodkasorten, eine Köchin Fleischsorten, eine Narzisstin Diagnosesorten - und bezichtigt das abschweifende Planetchen der Dekunstruktion des sorgsam durch sie in Wucht gehaltenen Weltbilds mithilfe ihres Scheins ermächtigt allein durch Physik ihrer Anwesungsmacht.

Dings von Schniedelbums beschrieb in seiner vielbeachteten conditio romanum pestum est sanctum ad pacta acta mirum dienum, daß alle Planeten auf ihren Umlaufbahnen verbleiben sollen, sonst stünde eine catastrophae immensae baldaee bevorae.

Kraft meines plutokratischen Eides erkläre ich mich hiermit zum Nichtplaneten und in den Stand eines unsolaren Zöglings.

Ich finde, das sollte zumindest in den Logbüchern vermerkt werden.

Erstaunlicherweise halten sich alle für Solarsyteme, mindestens, deshalb sollten heliozentrische Körper untereinander korrelierend ihr Gefüge auf Singularität hin überprüfen.

Ich meine ja nur. Als Nichtplanet, der jetzt keinen Schimmer mehr hat, warum ich um Sonnen kreisen muß und um welche, sollte mir ein Plätzchem eingeräumt werden, von dem aus ich zumindest spektakuläre Supernovae bestaunen kann.

Ich meine, so viel Licht bei so viel Sonnen kriege ich nie wieder geboten.


Allein die Aurora Borealis müßte enorm sein.



(Dies ist das erschütternde Zeugnis und letzter Bericht eines Raumfahrers, der in ein Solarsystem mit 82 Millionen Sonnen eindrang. Allein sein Bräunungsgrad bei so vielen Sonnen rufte rassistische Empörung aus. Dabei benutzte er Lichtschutzfaktor 1.000.000.

Sein letzter Eintrag lautet: "Wie ein Baby, das in den Mutterleib kackt." Dann brach die Verbindung ab.)


[Solche Worte sollten nie die letzten Worte eines Menschen sein, notierte eine gescheiterte Rettungsmission. Seit dato Schulstoff in der Nachbargalaxie. Über die conditio humanum baebie cackum, Tannhäuser Tor Verlag, S.70ff]





*





(Ode/r an "Nehmen Sie mich nicht ernst. Ich bin hier nur zu Besuch.")





Freitag, 22. Dezember 2017

Das Buchlesen ersetzt wohl den Eintritt in die Fremdenlegion


Nichts ist so deprimierend, wie von Männern zu lesen, die ihre Abenteuer in Buchdeckeln erlebt haben.

Man möchte sie - jetzt gerade zu Weihnachten - auf den Schoß nehmen, wiegen und ihnen ein Pflaster zurecht schnippeln für ihr aufgescheuertes Seelenknie. Und dann pusten.

"Siehst Du,", möchte man ihnen sagen, "tut doch gar nicht mehr weh. Und jetzt geh' wieder in Deinen Büchern spielen."

Hopsend - "weil: "Hops." sagen diese Männchen tatsächlich dann - rutschen sie vom Knie mit Neumut und tiefatmend und stürzen sich dann in ihre neuen, diesmal aber echt beanspruchenden
Buchleseabenteuer. Man möchte noch unbedingt Pistolen mit Platzplättchen besorgen und ihnen einen Cowboyhut aufsetzen. Dafür allerdings müßte man aufstehen und ihnen hinterherrennen.

Was auch schon wieder Einsatz erforderte. Und man möchte ihre Welt voller Abenterlust nicht mit Anwesenheit begleiten. Sie müssen allein sein. In ihrer Welt. Ganz. Allein. Diese. Abenteuer. Bestreiten.

Männer sollten nichts unversucht lassen, sich unerheblich zu machen.

Männern, die ihre Abenteuer aufzählen, indem sie Buchtitel runterjammern - "Aber ich war voll dabei!" oder: "Bücherregal? Meiin Porsche." - unterläßt man nur deshalb mitleidiges, bekräftigendes Nicken zur Aufmunterung, weil sie es eh schon schwer haben, Attraktivität allein dadurch zu erzeugen, daß sie keine Frauen sind.

Ich - und das 'Ich' scheint ja bei diesen Männchen schon verpönt zu sein, weil ihre Buchleseabenteuer immer von einem 'Du' handeln, und Bücherabend.teuer bieten das 'Du' so kumpelhaft blutsbrüderlich an, daß sie wirklich, ich meine wi.r.k.lich, diesen Berg bestiegen haben, unter Pfeilbeschuß, und hinter ihnen die aufgebrachte Komantschenhorde -, ich - und ich sage gerne 'ich', weil es ein 'anderes' voraussetzt, das man differenziert schätzt - bin stolz darauf, nur ein einziges Buch zu besitzen. Ein ungelesenes:

"Ovid - Metamorphosen".

Damit, hörte ich, sei schon alles beschrieben. Und im Moment meines Todes, fange ich damit an, es zu lesen.

Was mich allerdings bei so Depri-Artikeln am meisten stört, ist, daß üblicherweise am Ende dieser Artikel der Warnhinweis der Selbstmordhilfe beizugefügt wird. Aber auch das erforderte wieder Einsatz. Nämlich diesen Buchlese-Fremdenlegionären bei selbigen zu helfen.

Außer lachend konnte ich diesen Artikel nicht ertragen.

Hatte es sich nicht bewährt, Frauenautoren-Namen an den Anfang von Artikeln zu stellen?


Das erste Wort mag von einem Mann aufgeworfen sein.

Das letzte aber, wird von einer Frau geschrieben sein.





*




(Ode/r an die Zeit, die man mit sich im Reinen verbringt. Der nächste Schmutz - und der ist dann wirklich ein Abenteuer! - wartet schon.)




Donnerstag, 21. Dezember 2017

"G ück. Deswegen. Es fehlt immer was dazu."


Sie, das ist wohl diese... Stadt, ist - wie soll ich es sagen - sehr... selbstbespielt.
Ist so Berliner 'Wortkunstetig'.
Wo jeder Friseursalon "...uuund: CUT!" heißt.
Wie im Film. Oder Hedwig.
"Wir cut Hedwig. Und Hermeline twice. Hedwig aber nice."
Wenn nach dem "...uuund: CUT!" die Haare wie Planes zu Boden knallen.
Als wäre jeder Neunte eines Septembers: "Nein, Eleven!"
Und schreidumm Worte unerhört in Frisuse wallen.
Und Frisuse heult, weil Kundin Ten-Schein schallt.
In Pfote. Und Spuckblick. Ab.
Ist so Berliner 'Kunstetigel'.
Wo jeder Frittenladen "Second Thek" heißt.
Oder war das doch der Friseurenladen?
"An jedem Elften eines Remember frisch Haare verlegen."
So stets auf Bepflasterwänden.
Vor Berliner Hundekot.
"Uund... Second Take. Schnipp-Schnapp."
Beim Zweiten war es knapp.
Wisch-Weg.
Nur zapp in Not.
Und ab. Und raus. Und wieder Kot.
Berlin macht wieder 'Kunst'. Im Späti:
"Ach, G ück. Deswegen. Es fehlt immer was dazu."
Und jede Künstlerin 'Sisha von Meinetwegen' heißt.
Wenn sie in 'Pfannkuchen' beißt.
"Ach, G ück. Es fehlt immer was dazu."
Das sollte Berlins Claim für morgen sein!
Aber morgen fragt mich ja keiner.
"Café klein".
So sollte jeder seinen Starbucks taufen.
Die Berliner kaufen die Bude ein.
Dann sput. Dann nick. Dann fap.


Warum gibt es kei.ne Menschen mehr, die ein.fach nor.male Gesch.ichten erzählen?
Warum schrei.bt keiner mehr nor.mal?

Dieser Mensch hier kan.n nu.r nor.mal.
Dieser Mensch ist klein.
Dieser Mensch ist unbedeutend.
Dieser Mensch ist belanglos.
Dieser Mensch ist provinziell.

Aber.

Dieser Mensch liest.
Das mag nicht interessieren.

Aber.

Dieser Mensch liest, um sich das zu merken.
Warum dann überhaupt schreiben?

Dieser Mensch liest, weil jemand anderes könnte ja etwas vergessen haben und es sich deshalb aufgeschrieben haben. Und es dann vergessen.
Und man stelle sich vor, man frage diesen Menschen dann danach?!
Ja, was soll dann dieser Mensch dann sagen?!
Daß dieser Mensch sich das nicht merken kann?
Was mußte dieser Mensch wieder lesen?!
Daß Berlin wieder 'Kunst' macht?
Was soll dieser Mensch seinen Nachbarn sagen, wenn sie diesen Menschen danach fragen?
Dann wird das wieder so peinlich.
Dann muß ich meinen Nachbarn wieder erklären, daß Berlin wieder 'Kunst' macht.
Und, wie soll dieser Mensch das tun?!
Wie erklärt man Menschen 'Kunst'?!
Dieser Mensch kann nur Rinderrouladen erklären.
Und Knödel.
Und Rotkohl.
Das kann dieser Mensch seinen Nachbarn zu Weihnachten erklären.
Dieser Mensch kann Grüffelo.
Und Sendung mit der Maus.
Und 3 Haselnüsse.
Und, was soll dieser Mensch erst den Aliens sagen?
Wenn die mal zu Besuch kommen?
Und mich dann beim Plausch im Plauderton beiläufig nach 'Berlin' und 'Kunst' befragen?!
Häh!
Ja, was dann?!
Siehste wohl!
Kanner nich'!

"'Kunst' ist das Bild vor Dir. Oder die Form. Oder die hinter Dir. Besser mal nachsehen. Man will ja nicht drüber stolpern."

Wieder mußte ich stolpern.
Ich sollte meine Augen fürs Lesen halbseitig vermieten.
Dann bleibt für die andere Seite noch nor.mal.


Und mit der anderen mache ich ein Vermögen.





*





(Ode/r an Menschen in Metropolen. An den Polen zwei. Und in Mitte drei Millionen.)


Es mag auch andere geben. Aber die sind rar gesät und die muß man hüten wie Moos in den Ritzen, bevor der Rentner mit seinem Schaber kommt und es kratzend wegschabt.

Wie gut, daß ich den Winter mag. Ein Winter rettet Tausend Mooseleben.
Der Frühling ist das Problem.

Nicht jeder mag das Grün so gerne im Frühling sehen.
Deshalb muß man das Grün auch im Frühling hüten. Bevor der Sommer nagt.

Wie gut, daß ich auch den Sommer mag. Alles muß man selber hüten.
Und wenn dann alle Hüte haben, dann kommt schon der Herbst mit seinem Schal.

Wie gut, daß ich auch den Herbst so mag.
Alles muß man selber tun.
Und dann kommt schon wieder der Winter. Und dann muß ich nach den Moosen seh'n.

Nicht alle überleben das ganze Jahr. Und dann muß ich wieder Samen in die Ritzen stopfen.
Bevor der Rentner naht.

"Der Rentner, Rentner naht!" muß ich dann rufen. Dann rennen die Pflanzen aus den Ritzen.
So schnell, das kannst Du gar nicht sehen, wie die flitzen.

Aber sonst geht es mir gut.


Ich bin ja auch der einzige, der ein ganzes, ganzes Jahr dann mag.







Mittwoch, 20. Dezember 2017

"Ich tapeziere gerade meine Augen.", so stelle ich mir das vor. Ja, genau so.


Gestern, ich fuhr gerade im Bus, da saß eine Frau vor mir.

Und so beginnen eigentlich Geschichten.

Nun, jemand hinter mir pfiff.
Und wenn Menschen im Bus pfeifen, dann drehe ich mich selbstverständlich nicht um. Menschen sollte man selbstverständlich nicht wahrnehmen, wenn man im Bus sitzt, wenn man selbst selbstverständlich nicht wahrgenommen werden will.
Nun aber, die Frau vor mir drehte sich um. Sie wollte wohl selbstverständlich wissen, wer denn da beständig pfeift. Und vielleicht drehen sich auch selbstverständlich nur Frauen um, wenn gepfiffen wird.

Was weiß ich.

Ich weiß selbstverständlich nicht, auf was Frauen trainiert sind. Vielleicht sind Frauen darauf konditioniert, sich bei Geräuschen umzudrehen. Vielleicht haben ihre Mütter immer gepfiffen, wenn es Essen gab. Und drehen sich deshalb um, wenn gepfiffen wird, weil sie genau einmal am Tag Hunger haben.
Und das Pfeifen erinnert sie daran, jetzt genau in diesem Moment, wenn gepfiffen wird, Hunger zu haben.

Ich kenne mich nicht mit Menschen aus.

Weshalb ich wohl auch selbstverständlich nicht pfeifen kann. Erwäge aber selbstverständlich ernsthaft eine Trillerpfeife als Weihnachtsgeschenk für mich, die mich daran erinnert, wenn ich hineinpfeife, daß ich Hunger habe. Was auch den Magen entlasten würde, diese selbstverständlich ungedankte Aufgabe zu übernehmen.

Und es interessiert mich auch selbstverständlich weiter nicht, Essen schon, selbst wenn ich selbstverständlich aus der Zeitung erfahren muß, daß es nun Menschen geben muß, da man sie gerade erst entdeckt hat.
Und man ist noch ganz erstaunt, selbstverständlich, und beschreibt die eigene Erstaunung in langen, ausgiebig recherchierten Artikeln, gerade eben Menschen entdeckt zu haben. Als wäre es das Selbstverständliche der Welt. Deshalb stehen Menschen wohl ausgiebig in der Zeitung.

Vielleicht sind Menschen ja Essen. Was man neu entdeckt hat. Oder es wird davor gewarnt, Menschen zu essen - wegen den selbstverständlichen Nebenwirkungen, gerade jetzt in der Weihnachtszeit, noch mehr Nahrung als nötig zu sich zu nehmen -, selbst wenn gepfiffen wird, oder man weiß jetzt noch nicht so recht, was man mit Menschen anfangen soll, die gerade entdeckt wurden. Werden die jetzt für immer auf diesem Planeten bleiben?

Nun schaute mich aber diese Frau an, und sie hatte schwarze Augen.

Frauen - wie selbstverständlich - kannte ich schon aus wissenschaftlichen Entdeckungen.

Und wir sahen für eine Weile hinein, bis ich wegsah. Selbstverständlich. Und sie länger hinsah. Und so beenden sich wohl Geschichten.

Was mir recht erschien, denn ich will selbstverständlich keine Geschichten mehr beginnen.

Und ich selbstverständlich in die spiegelnde Busscheibe schaute, in die man schaut, um andere Menschen zu bestaunen, die man schon aus wissenschaftlichen Publikationen her kannte, und sie daran erkannte, sie schon in Beschreibungen gelesen zu haben, daß es sie geben soll - Menschen -, wenn es selbstverständlich draußen dunkel ist und innen hell, und wenn es draußen auf der Straße dunkel ist und innen hell im Bus.

Und es war so komisch. So schwarze Augen zu sehen. So direkt.
In so schwarze Augen zu blicken.
Und nichts zu empfinden.

Ich hielt braune Augen eigentlich immer für schön. Wie selbstverständlich.
In den üblichen Depiktionen, die man von wissenschaftlichen Publikationen kennt, in denen Menschen gezeigt werden, die man gerade erst entdeckt hat, und daher ausgiebig wissenschaftlich beschreibt, weil man Menschen gerade wie selbstverständlich erst entdeckt haben muß, und es müssen deshalb wohl wie selbstverständlich wissenschaftliche Publikationen sein, die selbstverständlich ein wissenschaftliches Publikum hervorrufen, sonst stünden Menschen ja nicht wie selbstverständlich in der Zeitung und man würde sonst von Entdeckungen anderer Art berichten, kommen die gut rüber.

"Die kommen gut rüber.", denke ich.

Jetzt aber, da ich live und in echt mal in welche hineinblickte, und es war selbstverständlich nur für kurze Zeit, überraschte mich der Anblick dieser schwarzen Kugeln.

Da kam nichts gut rüber.

"Die kommen nicht gut rüber.", denke ich.

Das liegt wohl am Auflösungsvermögen von modernen Kameras im Nahbereich, fiel mir auf. In Publikationen von wissenschaftlichem Interesse.

In echt: Sie hatten gar keine Pupillen, fiel mir auf.

Pupillen sind schwarz, erinnerte ich mich und erinnerte mich mal geschrieben zu haben, daß Pupillen wie Einschußlöcher seien, und das, was sie schon sahen, hat in sie hinein geschossen, wie nicht selbstverständlich mal welche gesehen zu haben, in einem anderen Leben, als ich mal in schwarze Pupillen blickte. Selbstverständlich aus Neugier wohl, und das andere Leben bestand wohl aus Neugier, und es war wohl dieser Antrieb, der sich dann befriedigte. Und das neue Leben besteht wohl aus Neugier nicht. Und wie selbstverständlich friedet das.
Und wenn man in Augen blickt, erinnerte ich mich, die eine kontrastierende, farbige Umrahmung haben - egal welche -, und in die schwarzen Pupillen tiefer, die sich ruckartig von links nach rechts bewegen, weil sie sich nicht entscheiden können, welches Auge, das Linke oder das Rechte des Gegenüber, sie fokussieren sollen, dann fühlt man einen Schlag.

Was das für ein Schlag ist, kann ich selbstverständlich nicht beschreiben. Man schaue mal selbst in schwarze Pupillen tiefer, die eine farbige Umrandung haben. Oder lese in einschlägigen Publikationen nach, die Augen als selbstverständlich eindeutiges Indiz für die Entdeckung des Menschen angeben.

Die waren so schwarz, ich wußte gar nicht, worin ich sehen sollte.

Und dann kam mir der Gedanke, ob diese Menschen, diese Frauen selbstverständlich - man hat sie neben den Menschen in Publikationen selbstverständlich ebenfalls mitentdeckt, und berichtet nun mit Erstaunen des Entdeckens darüber - auch erstaunliche Erlebnisse mit ihren schwarzen Augen haben.

Es sind ja ihre eigenen und sie müßten es ja schließlich am besten wissen.

Ist es ihnen schon oft passiert, daß Menschen irritiert sind, wenn man sich in selbige blickt?

Ist es ihnen auch schon aufgefallen, daß es anderen schwerfällt zu wissen, worin man eigentlich jetzt blicken muß?

Und ist es ihnen auch schon aufgefallen, daß da jetzt beim Gegenüber dieser selbstverständliche Schlag fehlt?

Und kennen sie das schon?

Und wie gehen die damit um?


Da ist nur dieser schwarze Klops.


In Roxanne hat Steve Martin eine lange Nase. Zur Befriedigung hält er sich beim Arzt Karten mit Abbildungen anderer Nasen davor und beschaut sich schtönend im Spiegel. Eine Operation kann allerdings aus unerfindlichen Gründen nicht durchgeführt werden, weil er selbstverständlich allergisch auf das Narkosemittel reagiert. Oder es ist Hollywood. Was ihn allerdings nicht davon abhält - Hollywood auch nicht -, Daryl Hannah zu erobern. Selbstverständlich mit langer Nase, die er ihr zeigt. Und damals, als ich den Film sah, stellte ich mir selbstverständlich die gleichen Fragen, die einem selbstverständlich soeben jetzt gleich in den Sinn kommen: Welche Komplikationen schon bei einer Nasen-OP auftreten können.

Halten sich Frauen mit schwarzen Augen auch manchmal bunte Augenkarten vor die Augen, um zu sehen, wie ihre Augen dann anders aussehen? 

Und können die dann ihre Pupillen kontrastreich vom Rest des Auges sehen sehen?

Mit den Karten vor den Augen?

Tapezieren sie ihre Augen? Schon aus Neugier? Mit Mustern? Allein wegen der Kontraste?

Und gehen die dann alle Farben durch?

"Die, ja, die. Nee. Die nicht. Die später."

Vielleicht bereitet das ihnen ja Probleme, und ich bin empathisch, denke ich.

Ich finde, Frauen mit braunen Augen und schwarzen Pupillen sollten Hinweisschilder in Signalfarbe
anfertigen und sie im Augenbereich befestigen, die pfeilisch auf die Pupillen zeigen, damit geneigte Beschauer dann genau wissen können, wo sie denn jetzt hineinblicken sollen. Diesen Service halte ich für angemessen, in dieser selbstverständlichen Zeit, die Wissen vermitteln soll.

Und darauf sollten auch wissenschaftliche Publikationen selbstverständlich Wert legen.
Auf die wirklich wichtigen Fragen.

Nur sollten wissenschaftliche Publikationen nicht unbedingt von Männern, die man ebenfalls entdeckt zu haben schien, als man Menschen entdeckte, verfaßt werden. Die interessieren mich selbstverständlich nicht. Damit sollen sich Wissenschaftler beschäftigen. Deren Publikationen bestehen selbstverständlich immer aus "Die Banane von Lidl ist gelber als die Banane von Aldi".
Wenn sie wie selbstverständlich publizieren würden "Die Bana von Lidl ist gelber als die Bana von Aldi", dann würde mich das selbstverständlich interessieren. Dann würde ich selbstverständlich gerne wissen wollen, was Bana ist und was Lidl ist und was Aldi ist.
Dieses Wissen, denke ich, könnte noch mal selbstverständlicherweise nützlich sein.

Warum desinteressieren eigentlich Männer?
Warum wurden die noch mal mitentdeckt?
Darüber schreibt mal selbstverständlich wieder keiner.

Oder gucken Frauen mit schwarzen Augen gar nicht mit den Pupillen, sondern mit ihrem ganzen, dunklem Augapfel?

Und sehen die dann alles schwarz?

Und was fokussieren die dann?

Oder können die über den Rand hinaus fokussieren?

Oder haben die heimlich weiße Pupillen? Und malen sie die mit schwarzem Filzstift an? 

Und warum nicht blau oder rosa?

Solche Fragen interessieren mich.

Da ich mich schon nicht mit Menschen auskenne, wie selbstverständlich, finde ich, sollten solche Wissenslücken geschlossen werden. Allein schon wegen der allgemeinen Wissenshygiene.
Nachher fragt mich jemand - Kofi zum Beispiel, der selber schwarze Augen hat -, und ich habe keine Antwort darauf. Und dann ist das selbstverständlich auch wieder doof. Und Kofi schaut mich traurig an.

Die Frau war übrigens schön.
Und ich habe grüne Augen.
Und beides ergab zum Glück keine Geschichte.

Zumindest keine Selbstverständliche.
Dafür fehlt es mir mittlerweile an Neugier.
Und an dem einen Schlag, den man empfindet, wenn man in fremde Augen blickt.
Außer dem Interesse an Farben und wie sie mit ihrer Umgebung interagieren.
Und fiktive Charaktere aus Filmen.

Von Gordon Gekko weiß ich: "Newgreed is no good."
Und vom Albatros Orville weiß ich: "Flying needs a Landebahn. Aus dem Weg!"

Ich wünschte, diese neuentdeckten Menschen, die man im Bus trifft, wären fiktive Charaktere aus Bernhard und Bianca - Die Mäusepolizei. Dann könnte man sie beschauen, müßte sich aber nicht mit ihnen interagierend beschäftigen.

Der Bus ist mein Filmpalast. Das wäre schön.
Die Leinwand sind die anderen Menschen.
Und man beschaut nur deren Rücken.

Und in Bussen spielen keine Liebesgeschichten.
Sonst würde es ja nur Filme über Liebesgeschichten geben, die in Bussen spielen.
In Busse steigt man ein und man steigt aus.
Und in wissenschaftlichen Publikationen wurde darüber auch noch nie etwas beschrieben.

Augen und Liebe sind schlechte Schauspieler.
Oscars bekommt man fürs Abwenden, nicht fürs Hinschauen.
Jeder Schauspieler weiß, daß man für den Rücken nominiert wird.
Man erinnere sich an Libuse, wie man sie von hinten zeigt, wie sie vor dem Prinzen davonläuft.

Das Schöne an einem neuen Leben ist, daß man nie wieder neugierig ist und nie wieder liebt.
Ich vermisse den Augenschlag nicht.
Er war einfach nicht da. Dieser Schlag.

Ich beschrieb das nur, weil ich Mitgefühl für die Frau mit schwarzen Augen empfand, weil sich grüne abwendeten. Und mich ihr Schauen erstaunte. Und grüne sich abwandten. Und mich mein Unempfinden rührlos lies. Auch wenn es ein Kompliment war. Und Frauen Mitgefühl immer als Mitleid sehen. Und Mitleid will keine Frau sehen, lerne ich aus wissenschaftlichen Publikationen. Meinen Pupillen weiten sich nicht mehr. Und es war ein friedvolles Gefühl dabei. Liebe ist immer Aggression.

Wenn jetzt diese Menschen, die man entdeckt hat, auch noch aggressiv sind, weil sie liebesschlagen. Nein, nicht.

Liebe Menschen, bleibt bei Euren fiktiven Charakteren. Bitte kein Live-Feature. Besonders im Bus. Ihr sollt nur Kulisse für mein Leben sein. Und ich bin schon ein Stummfilm-Hologramm genug.


Diese Augen werden nie wieder anderes erblicken, als Abkehr.







*





Freitag, 8. Dezember 2017

Vampirmenschen wandeln wunter der Wsonne Twageswlicht - Krass blutige, nette Vampirgeschichte, splatter


René Magritte, Das Vergnügen


Merle sagte es noch: "Es gibt so Vampirmenschen. Die schleichen sich von hinten an und saugen Dich aus."
Merle lief barfuß durch den Park. Das tat sie wirklich.
Und vielleicht meinte sie, so schneller vor Vampirmenschen davon zu laufen.
Aber von Menschen war keine Spur. Nur Schmetterlinge und Eichhörnchen.

Ich dachte nur, ob das an den Füßen nicht piekelt.

"Das sind so Menschen, die sich nie zu erkennen geben. Die wollen nur Dein Blut und ihren Durst löschen.", sagte Merle noch. Und jemand anderes sagte, daß Merle ein schöner Name sei.

Sicher, dachte ich, Merle ist ein schöner Name. Aber so richtig gerne laufe ich nicht so gerne mit jemandem durch den Park, die barfuß lief. "Und Menschen, die nur ihren Durst löschen, haben nichts zu essen. Ist doch egal.", sagte ich. Und tat das nicht an den Füßen weh?, dachte ich und wich in weiteren Gedanken vorsorglich Steinchen aus, die schon auf dem Weg näher kamen, für Merle mit. Und später begann es noch, zu schneien.

"Die verhungern innerlich."
"Aber vorher saugen sie Dich aus.", sagte Merle.
"Und dann verhungern die innerlich."
"Ja, aber vorher saugen die Dich aus.", bestand Merle.
"Ja, aber die verhungern innerlich."
"Ja, aber vorher saugen die Dich aus."

Und zieht sie dann ihre Schuhe einfach wieder an, so ganz mit schwarzen Füßen, und ist das dann nicht ekelig?
Solche Dinge dachte ich noch dabei. Und Merle erzählte mir von ihrem Stress mit ihrer Nachbarin.
Die haue immer heimlich ihre Blumentöpfe kaputt.

"Ich hatte noch nie Probleme damit, Vampire anzuquatschen.", sagte ich. "Ich laber' die einfach an, und schaue, wie die sich ertappt fühlen. Aber meistens habe ich keinen Spiegel dabei, um ihnen ihr Spiegelbild zu zeigen."

"Vampire haben kein Spiegelbild."
"Ja, sage ich doch."
"Ja, warum sagst Du das dann nicht?", sagte Merle.
"Ja, sage ich doch. Vampire haben kein Spiegelbild."
"Ja, dann sag' das doch."

Und jetzt kam eine Pfütze. Jetzt kommt das Problem. Aber Merle wich einfach über den Rasen aus.
Ich staunte, wie leicht, Barfüßige Dingen, die Problemen bereiten konnten, so einfach ausweichen konnten.

"Ja, sage ich doch. Aber meistens habe ich keinen Spiegel dabei, um ihnen ihr Spiegelbild zu zeigen,
das sie nicht haben."
"Warum quatscht Du die dann an? Du hast doch gar keinen Spiegel. Die sehen das doch gar nicht."
"Ja, aber wenn sie einen hätten, dann könnten die das sehen."

"Ja, aber die sehen sich doch gar nicht im Spiegel.", sagte Merle.
"Ja, sagte ich doch."
"Dann sag' das doch.", sagte Merle.
"Ja, sagte ich doch."
"Warum quatschst Du die dann denn an?"
"Damit die das dann sehen."

Jetzt kam eine Bank. Und sie kam näher.
Und wenn eine Bank näher kam, und näher und dann schon auf gleicher Höhe war, und dann schon wieder sich entfernte, dann seufze ich. Merle wollte sich noch nicht setzen. Eine Bank steht da nicht zum Spaß rum, dachte ich. Sie will, daß man sich setzt. Und jetzt ist sie traurig. Weil sich wieder keiner gesetzt hat.

"Vampire quatschen vorher. Dann quatsche ich die halt selber an. Die halten sich für geil, weil sie
diese Superkräfte haben. Die können diese ganzen tollen Dinge. Die haben so Superhirne. Wie Superman. Die können fliegen. Und Hu-huh machen. Ganz unheimlich. Und zaubern können die. Vampire sind den Menschen überlegen. Und dann quatscht sie ein dummer Bauer an, der nichts kann. Dann sind die ganz perplex. Damit haben die nicht gerechnet. Aber Bauern haben eine Mistgabel. Das sind so edle Wesen gar nicht gewohnt. Ich bin immer für die Kleinen."

"Und dann sehen die das dann?"
"Ja, wenn sie einen Spiegel hätten, sähen sie dann, daß sie kein Spiegelbild haben. Die sehen nur die Mistgabel. Und die finden sie nicht nett."
"Deshalb sind das ja auch Vampirmenschen. Die schleichen sich von hinten an, geben sich nicht zu erkennen und saugen Dich dann aus. Aber mit dem Spiegelbild habe ich nicht verstanden.", sagte Merle noch.
"Wenn Du einen Spiegel hättest und den nach hinten hältst, könntest Du auch nicht sehen, wie sie sich von hinten anschleichen. Ist doch egal. Die quatschen halt und halten sich für was Besseres. Vor dem Beißen meinen die, noch vorher quatschen zu können. Und dann kommt was Schlechteres, und das quatscht die dann mit einer Mistgabel an."

"Also, ich meinte das irgendwie anders.", sagte Merle.
"Ja, ich auch."
"Ja, dann sag' das doch."
"Ja, sagte ich doch. Ist doch egal." Außerdem waren mir Merles Füße jetzt wichtiger.

"Außerdem quatsche ich keine Leute mehr an. Da schreibe ich lieber Geschichten. Da kann sich jeder drin sehen. Nur Vampirmenschen, die sich nicht zu erkennen geben, weil die sich nicht im Spiegel sehen können und sich nicht sehen können, denken, ich erzähle von ihnen, wenn ich eine Geschichte erzähle, und die könnten sich dann in den Geschichten sehen, als lese ich einem Blinden eine Geschichte vor. Ich könnte eine Farbe beschreiben, und die Vampirmenschen denken, ich beschreibe ihre Farbe, weil es ihre Lieblingsfarbe ist. Oder eine Farbe, die sie mögen. Aber, hey, es ist eine Farbe. Können Vampire überhaupt Farben sehen?"

"Vampirmenschen gehört jede Farbe.", sagte Merle.

"Ja, sag' ich doch. Die verhungern innerlich: Farben kann man nicht essen. Bilder kann man nicht essen. Tränen machen nicht satt. Das schönste Bild, das ich kenne, ist, wenn ein Kind ein großes Brötchen in der Hand hält und ißt."
"Vampire trinken nur Blut. Die trinken Tränenvenen. Die denken, die wissen, wie es schmeckt. Wissen aber nicht, woraus es gemacht ist." Merle hob jetzt ihren Fuß und klaubte einen Stein aus ihrer Sohle und warf ihn vor sich auf den Weg. Ich fand das intelligent. So konnte man sehen, wo er lag, wenn der Barfuß sich wieder näherte und dem dann ausweichen.
"Deshalb brauchen die immer wieder welche. An ihrer Seite verblutet man. Man dörrt aus. Aber die verhungern innerlich."

"Ja, sag' ich doch. Die verhungern innerlich."
"Dann sag' das doch. Die brauchen echte, ehrliche Menschen, um das Menschsein zu adaptieren.
Sie machen dann deren Gefühle nach. Ihre Bewegungen. Ihre Eigenheiten. Die Art, wie man richtige Beziehungen führt."
"Wie Schauspieler, die nichts eigenes haben."
"Ja, sag' ich doch. Vampirmenschen werden auch gerne als Schauspieler gebucht. Die spielen dann Schau. Wie im Spiegel. Deshalb gibt es auch so viele Vampirfilme. Die setzen echte Vampire ein."
"Ja, dann sag' das doch. Wie im Spiegelbild, in dem sie sich nicht selber sehen können. Deshalb spähen sie echte Menschen aus. Benutzen diese als ihr Spiegelbild. Ihre Bewegungen, ihre Eigenheiten, ihre Ambivalenz. Dann hauen sie Deine Blumentöpfe kaputt. Und lachen heimlich über die Scherben. Und sprechen Dich von vorne über andere an. Wer macht denn sowas? Sagt meine Nachbarin dann."

"Ja, sag' ich doch."
"Ja, dann sag' das doch.", sagte Merle.
"Ja, sag' ich doch."
"Ja, dann sag' das doch.", bestand Merle.

Der Park war jetzt rum. Ob wir noch auf die Wiese gehen wollen, fragte Merle. Und Merle ging schon vor.
Ich dachte nur, ob das nicht zu naß sei. Meine Schuhe waren schon von Grashalmenschattennässeflecken bedeckt. Kenne ich vom Farbmalkasten. Wenn man mit Schwarz Gräserbüschel auf ein Blatt Papier malt. Und schnell mit Grün naß drüber. So waren meine Schuhe von den Gräserbüscheln angemalt. Warum nicht ein Blatt Papier über eine nasse Wiese streichen, wenn man Gras malen will? Und ob Gras malen dann nicht einfacher ging? Und wenn es schneit, wie jetzt, dann kann man noch Schnee hinzufügen. Und ob Merles schwarze Füße dann wieder sauber werden oder grün, dachte ich.
Und wie ekelig das erst dann sei, danach die Schuhe wieder anzuziehen.

"Darüber könnte ich eine Geschichte schreiben.", sagte ich. "In meinen Geschichten bin ich verwegen. Hui-hui. Wie ich es mit Vampiren aufnehme und so.", gab ich an.
"Eigentlich bist Du ein netter Mensch", lobte Merle. Und sie sagte es so unvermittelt lächelnd lobend, daß es mir nicht nett gefiel.
"Danke. Weißt Du. In Geschichten kann man sich so unnett geben,", sagte ich und vermied es, Merle zu sagen, daß sie auch nett sei, damit sie nicht denke, ich fände sie nett, "wie Menschen sich sehen, wenn sie eh nur das nette Schlechte in sich sehen. Die können dann ihre Projektile auf einen werfen. Funktioniert wie ein Blitzableiter. Meine Geschichten helfen beim Schreien. Also, wenn Schreie Blitze wären. Die schreien dann die Geschichte an. Das können die dann machen. Die kennen gar keine echten Menschen mehr, die sie anschreien können. Also können sie meine Geschichten anschreien. Ist doch egal. Außerdem existieren Vampire nicht, wenn man nicht hinblickt. Ist wie ein Haus, das hinter Dir ist, und gar nicht existiert, wenn Du nicht hinschaust oder drin wohnst. Vampire gibt es nur, wenn man die anschaut. Und dann mußt Du warmes Blut haben. Dann beißen die Dich nicht. Die beißen nur kaltes Blut."

"Also ich finde Dich nett. Dein Buch würde ich gerne lesen. Echt cool.", sagte Merle, und ich fand das nicht so nett, wie sie das so nett dachte und ärgerte mich, es ungern aus Nettigkeit erzählt zu haben, als sie das Cover auf dem Couchtisch sah und es nicht zu übersehen war. Bauern behalten Dinge lieber für sich. So halten Vampirmenschen sie für dumm und leicht zu jagen. Dummes Blut schmeckt Vampirmenschen nicht. Dann kann man die leicht mit der Mistgabel verjagen.
"Danke. Die meisten finden mich nett.", dachte ich und dachte, wie Menschen wieder was von netten Menschen wollen, weil die das so anziehen, egal ob nett oder nicht, ob geschenkter Blumentopf oder zerschlagener Blumentopf. Nette Menschen ziehen alles an, wollen sich aber nur von allem abstoßen,
weil die nicht als leere Hüllen von ausschlürfenden Vampirmenschen enden wollen, die sie für ihren Durst ausgeschlürft haben, nur weil die nicht in den Supermarkt gehen wollen, um sich was zu trinken zu kaufen. Freeway-Fanta ist die Bauern-Bionade.

"Zumindest die, die gute Erfahrungen mit mir gemacht haben. Die anderen eher nicht. Die gibt es auch. Die, die schlechte Erfahrungen mit mir gemacht haben. Das Buch zeige ich nicht gerne vor. Ist mir unangenehm. Ich rede nicht gerne drüber. Nett, aber ehrlich.", sagte ich und verschwieg Merle, daß ich sie auch unangenehm nett fand, worauf sie hoffte, daß ich es sagte, daß sie nett sei.

"Aber ich finde nun mal Menschen komisch, die barfuß durch den Park laufen.", sagte ich ihr ins Gesicht.

"Und ich möchte nicht, daß die denken ich fände sie nett. Das war bei Sabrina auch so. Sabrina denkt dann, es könnte mehr werden. Und ich möchte nicht, daß Merle und Sabrina denken, es könnte mehr werden. Ich hatte das schon alles und es war schön. Aber jetzt will ich das nicht mehr. Ich will einfach nur allein sein. Und wäre ich nett, dann würde ich Dir das jetzt ins Gesicht sagen."

Aber das sagte ich Merle nicht.

Und vielleicht meinte ich, so schneller vor Vampirmenschen davonlaufen zu können, während Merle sich auf das nasse Gras setzte, und ich weiter stand.

Aber von Menschen war keine Spur. Nur Schmetterlinge und Eichhörnchen.

"Nur Schmetterlinge im Herbst und Eichhörnchen brauche ich, um glücklich zu sein.", sagte ich nach Schmetterlingen und Eichhörnchen Ausschau haltend stattdessen. Jetzt im Schneien.

"Ich auch.", sagte Merle.
"Ja, sag' ich doch.", sagte ich.

"Ja, ich auch.", sagte Merle.

Ja, aber ich sagte es nicht nett.

Und außerdem ging gleich die Sonne unter, dachte ich. Und bevor die Sonne unterging, wollte ich im Bett sein. Dann kommen die Vampirmenschen. Und jeden, der nicht bis dann im Bett ist, quatschen die dann an.
Dann ist das Blut noch kalt. So mögen Vampirmenschen das Blut am liebsten.
Wenn man aber im Bett liegt und sich mit der Decke eine Bude baut, dann ist das Blut schon warm.
Warmes Blut mögen Vampirmenschen nicht. Ist wie warmer Wein. Ich sagte doch, das ist eine krass blutige Geschichte. Und man muß dann auf dem Rücken liegen. Vampirmenschen können kein Blut sehen. Deshalb beißen die ja einen auch von hinten in den Hals. Weil die kein Blut sehen können, wenn es dann den Hals herunter läuft. Die brauchen den Nacken als Landebahn. Und so können die einen nicht von hinten beißen. Das müßten die dann schon von vorne machen. Deshalb habe ich im Bett unter der Decke auch immer eine Mistgabel.
Das ist nicht nett. Aber lieber nicht nett sein, sonst beißen die noch von vorne. Und vorne hat der Mensch mehr Blut als hinten.
Und dann kommen die noch auf den Geschmack. Also halte ich mein Blut lieber warm und bedeckt.
Dann beißen die in die Decke. Und Decke schmeckt Vampirmenschen nicht. Dann haben die zuviel Fusseln im Gebiß. "Das ist nicht nett.", sagen Vampirmenschen dann und gehen wieder weg. Und dann kann ich in Ruhe Bubu machen.

Das sagte ich Merle aber nicht. Sondern setzte mich zu Merle ins Gras. Barfuß verwundete Menschen muß man schützen, dachte ich.

Die können nicht so schnell vor Menschen davonlaufen, dachte ich noch. Die müssen sich vorher noch die Schuhe anziehen und zubinden.

Nettsein wird mein Grab sein. Aber es wird ein Grab sein, von echten Menschen ausgehoben.


Aber noch mußte ich Merle vor ihren Füßen schützen.






*