"Hallo" ist das Pfandleihhaus des "Aufwiedersehn"...



Miniaturen des Absurden

Betrete mit der Miene der Abfälligkeit und erhalte Einlaß

Vom Jardin du Luxembourg zum Panthéon brauchte es schon mehr als platonisches Innehalten, um sich Gehör für Gesehenes zu verschaffen. Da...

Samstag, 22. Dezember 2018

Die Banane im Arsch des anderen



Wenn man will, dann gibt es viele Arten, was man mit Bananen so anstellen kann:

Man kann sie vor dem Kauf wiegen, man kann sie nicht vor dem Kauf wiegen, man kann sie an der Lidl-Kasse wiegen lassen, sie in die Einkaufstasche legen, sie nach Hause schleppen, sie schälen und dann – es ist doch nicht alles Banane an der Banane – essen – Stück für Stück. Die Schale läßt man weg. Man kann sie aber – ungeschält – gleich in den Arsch von Erdogan stecken.

Das zumindest – erinnere ich mich – hat ein Maler gemacht. Also. Er hat es nicht gemacht, er hat es gemalt.



Es gibt so Öffnungen, die üben einen Reiz aus. Dort, wo Öffnungen einen Reiz ausüben, ist meist ein Drang, ein Trieb, ein Das-muß-ich-jetzt-machen. Wobei die Banane die vegetarische Variante des Steckens ausmacht. Die carnivorische Variante ist, und ich bin mir nicht sicher, ob das Tierwohl dabei gefährdet ist oder das Menschenwohl, eine Ziege ficken zu lassen.

Auffallend ist das Objekt des Gesteckten. In der Regel wird gesteckt, wo es erlaubt ist zu stecken: Also in Menschen, die sich stecken lassen dürfen. Die sind quasi schon auf den Knien, vorgebeugt, die Hände stützen. In einen Erdogan oder einen Trump darf man stecken. Das ist von mehreren Menschen, die sich mit Stecken auskennen, da sie ja berechtigt sind zu stecken, bestätigt. Gerne läßt sich der Stecker dann Satiriker nennen. Das ist offensichtlich Satire an sich, denn es gibt durchaus die Satire an sich, den Satiriker aber nicht. Kein Mensch ist Satiriker. Menschen sind Protagonisten, nicht die Exposition. Sie handeln in der Exposition, also in der Ausgangslage, die Ausgangslage sind sie nicht.

Ausgang.

Womit ich wieder beim Stecker bin.

Der Stecker, der einem System angehört, es aber kritisieren will, kritisiert nicht sein eigenes System, sondern systematisch das System eines anderen. Er ist also nicht Systembetroffener, sondern Stecker.

Er steckt irgendwas – eine Banane oder eine Ziege – in das System des anderen hinein aus seinem System heraus, das sein eigenes System nicht beeinträchtigt. So steckte ein Stecker einen Stecker in den Ausgang von Erdogan, indem er ihn von einer Ziege ficken ließ. Unwichtig, ob er den Gesteckten die Ziege ficken ließ oder er, der Gesteckte, sich ficken ließ. Oder der Maler steckte eine Banane in den Arsch von Erdogan. Wichtig ist nur, daß der Stecker, der sich ansteckte zu stecken, nicht eine Banane in den Arsch von Merkel steckte. Was mutig wäre, war der Maler doch Deutscher und Merkel als deutsche Bundeskanzlerin in seinem eigenen System imminent. Auch ließ der Stecker, den sie Satiriker nennen – obwohl es keine Satiriker gibt, nur die Satire; was die Satire ja schließlich behandelt – nicht dieselbe Merkel von der Ziege ficken, sondern einen Potentaten eines anderen Systems.  

Fazit: Stecker sind sehr feige, wenn sie etwas in andere hineinstecken, wo es für sie selbst wehtuen würde, wenn sie es bei Menschen machten, die ihr eigenes System bedrohten.

In Anlehnung „meiner ersten Banane“ und geographischen Biographien hätten Stecker – Satiriker wie Maler – zumindest eine Gurke verwenden sollen. Dann hätten sie ihren eigenen Arsch bedient. Und in jedem Arsch steckte irgendwas. Das wäre wenigstens gleichberechtigt.





*




Mittwoch, 19. Dezember 2018

Das schönste Mädchen im Dorf



Bei etwas ganz Schlechtem denkt man gleich, es sei Kunst.

Und man kann drauf wetten, daß gleich irgendjemand sagt, das sei Kunst und wie toll das ist.

Bei etwas ganz Schlechtem kann man immer drauf wetten.

Und wer – wie ich – gerne wettet – also nie –, bekommt gleich noch jemanden dazu geschenkt, der etwas ganz Schlechtes – ist doch Kunst – verteidigt. Gleich sofort. Sprich: Es wird gelobhudelt bis die Eichel platzt. Und nichts von dem gerade Gesagten hat mit dem Nachfolgenden zu tun. Ich wollte es einfach nur mal gesagt haben. Es sagen so viele etwas, da wollte ich auch mal was gesagt haben. Und wer was sagt, macht sich klein. Fein.

Ich bin ein schlechter Begleiter für Lob, ja. Neige ich doch dazu, mich aus dem Gefüge der Menschen herauszunehmen. Ich lebe für mich in meiner eigenen kleinen Welt. Und solange meine Welt ruhig ist, ist meine Welt gut für mich. Und was gut für mich ist, ist meine Welt.

Nicht gut für mich ist die Welt der anderen. Denn deren kleine Welten sind selten klein. In der Regel sind deren kleine Welten recht groß. Größer noch, da diese Menschen zu allumfassender Größe neigen. Für kleine Welten zu groß, leben diese zu kleinem Fuß auf großer Welt und ihre Welt wird noch größer, betrachten sie ihre Welt mit der Klitzekleinlichkeit ihrer sehr, sehr großen Augen beschlagen. Neugierigen, manipulativen, frechen, urteilenden, Vorteil suchenden Augen meinen die einen, die eigenen meinen irgendwas, was die meinigen meinen.

Menschen, die auf großer Welt leben – und sie leben da alleine – haben es auf ihrer natürlich sehr, sehr großen Welt sehr schwer. Sehr, sehr schwer haben sie es, weil sie – sie sind ja sehr groß – sehr schwer sind. Sie sind also sehr schwer und sehr groß und weil sie sehr groß sind, sind sie sehr schwer für ihre Welt, die ja sehr groß ist. Und sind zu schwer für ihre Welt. Für ihre Welt muß ich anfügen, denn es ist natürlich ihre Welt. Und ihre Welt ist nur für sie da. Was verständlich ist. Sonst wäre es ja nicht ihre Welt, sondern meine. Oder Deine. Oder unsere Welt. Was recht lächerlich erschien, wollte man jemanden denn seine Welt streitig machen, so gäbe es ja nur Streit, und Streit ist Zeit, und Zeit ist Kleid, und Kleid ist Maid, und Maid bin ich nicht. Also ist Streit doof. Denn alles was ich nicht bin, ist doof. Und außerdem gibt es keinen Streit auf dieser Welt.

Auf dieser Welt gibt es keinen Streit.

Jemand, der klein ist und den ich nicht mochte, weil er ja recht klein erschien, sagte mir mal – und er sagte es über jemand anderen, die recht groß für seine kleine Welt erschien, weil sie Firmeninhaberin in einer Kleinstadt war; und das beeindruckte ihn, den ich einmal sprach, schwer, mich weniger, und er sagte es, bevor er auf einer Eisplatte ausrutschte und dann hinfiel und dann Aua hatte und das Aua ist wohl das Eigentliche am Sein, wenn es sich bemerkbar macht:

„Lieber ein großer Fisch im Aquarium, als ein kleiner Fisch im Ozean.“

Und dort lag er auf der Eisplatte auf dem Boden und wand sich und windete sich wie ein Fisch auf dem Trockenen, als hätte ihn jemand aus dem Aquarium gefischt und nun dort aufs Eis geschmissen. Eis bot sich derweil als Erinnerung an Wasser an. Wenn es doch nur schmelzen würde, sofort, so könnte man darin, ach, nur schwimmen.

Ich widersprach. Dumm. Ich. Wie dumm ich doch war. Dachte ich doch, daß ein kleiner Fisch fürwahr den großen Ozean für sich hat! Und der große Fisch im kleinen Aquarium immer gegen die Glasscheiben des Aquariums schwimmt, nachdem er alle kleinen Fische gefressen hat. Und gegen die Scheiben schwimmt. Und er sich als Fressen in der Scheibe spiegelt. Und sein Fressen ist sein Spiegelbild. Und kann man sein Spiegelbild fressen?

‚Nein‘, dachte ich. Das kann nicht sein.

Jetzt aber, denke ich, ich bin ein kleiner Fisch im Aquarium, und das ist gut für mich.

In meiner kleinen Welt bin ich ein kleiner Fisch. Mein eigener kleiner Fisch. Und auch wenn mein Aquarium recht klein ist, ein kleiner Fisch in einem Ozean wäre auch nur in einem großen Aquarium unterwegs, und das wäre doch recht anstrengend auf Dauer. Immer muß man irgendwo hinschwimmen – die ganze weite Strecke –, bis man die Grenze des Ozeans erreicht hat, sich dort an dessen Aquariumsscheiben dumm umschaut, sein eigenes dummes Bild in der Glasscheibe sieht, es nicht fressen kann, und dann den ganzen, weiten Weg zurückschwimmen, bis man endlich die andere Ozeanseite erreicht hat und deren Aquariumsscheiben sieht. Nein, nein. Lieber ein kleiner Fisch in einem kleinen Aquarium sein. Das ist sehr viel bequemer. Und bequem ist gut. Und was gut ist, ist gut für mich.

Erschüttert wird meine kleine Welt nur durch die große Welt der anderen:

Ich verließ meine kleine Welt und traf eine Nachbarin, die ich noch nie gesehen habe, im Aufzug. Ich grüßte. Wie ich es bei jedem tue. Sie grüßte nicht zurück. Ja, sie war darüber hinaus sehr unfreundlich abweisend. Mit ihrer Mimik, mit ihren Lebensäußerungen. ‚Paff‘ und ‚puh‘, als es ihr nicht schnell genug ging, wie ich den Aufzug verließ, als er das Erdgeschoß erreichte. Sie murmelte noch etwas, weil ja jemand ihre Welt teilte, für den Augenblick. Ihre große Welt teilte. Ich schwieg. Nahm für den Rest des Tages aber ihre große, unwirsche Welt in meine kleine mit. Und der Tag war nicht gut. Große Welten sind nicht gut in kleinen Welten.

Die nächste große Welt, die mir begegnete, war auf drei Fahrrädern unterwegs, dem Vernehmen nach männlich, adoleszent für fast noch Kinder in ihren Jogginghosen, Caps und Sozialbefremdlichem. Ich ging, und einer der Jungs täuschte auf gleicher Höhe an, mir ins Gemächt zu greifen. Während sie weiterradelten, in entgegengesetzter Richtung, schaute er, der Adoleszent, sich lange provozierend um. Ich nahm meine kleine Hand in meine Hand, hob meine kleine Welt und nahm den kleinsten meiner mittleren Finger und streckte ihn seiner großen Welt entgegen.


Ich habe eingekauft. Jetzt kommt Weihnachten. Ich muß für die nächsten zehn Tage nicht mehr raus. Wenn ich doch meine kleine Welt kurz verlassen muß, um zum Briefkasten zu gehen, hoffe ich, nicht anderen Welten zu begegnen. Die sind mir zu dämlich groß.





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(Vorkommnisse haben sich so zugetragen, Zitate sind überliefert. …das hier ist ja nicht der ‚Spiegel‘, hihi, bei dem sie ja selbst die Geschichtchen ihrer eigenen Kollegen glauben. Denn: Wenn Journalisten anfangen, sich selbst zu glauben, glaubt ihnen kein Mensch mehr. Journalisten brauchen eine große Welt, über Kleines zu berichten. Große Welten machen klein. Kleine Welten haben Schweinebraten. Und Rotkohl. Und Knödel. Frohes Fest!)