"Hallo" ist das Pfandleihhaus des "Aufwiedersehn"...



Miniaturen des Absurden

Betrete mit der Miene der Abfälligkeit und erhalte Einlaß

Vom Jardin du Luxembourg zum Panthéon brauchte es schon mehr als platonisches Innehalten, um sich Gehör für Gesehenes zu verschaffen. Da...

Freitag, 18. Juli 2014

Selbst bewußt


Man sagt:
Wenn ein Kind besonders innig geliebt wird... und dieses Kind stirbt, weil Angst es in den Tod treibt, Angst, nur diese eine Liebe zu verlieren, doch aus Liebe lieber von Erden geht – dann wird ein Engel geboren.
Wird für jeden neuen Engel ein Licht im Himmel mehr angezündet.
Wird ein neuer Stern geboren...

Selbst bewußt

„...Jungfernstieg. Vorsicht... beim Aussteigen...“
Da war es wieder. Das Geräusch.
Dieses Ffft. Wenn die automatischen Türen zugehen. Der Ruck weckte mich auf. Dieser Mann sah mich an. Noch benommen. Ein müder Blick, strenge Haare. Eine Warze auf der Stirn. Fliege. Sie kratzte an meinem Hals. Er lockerte die Bänder. Mit schmalen Fingern. Dann merkte ich, daß ich mich in der Fensterscheibe spiegelte. Ich unterband das Binden. Ich mied meinen Blick.

Noch fahrig. Die Finger fühlten den Furchen im Gesicht nach, den Falten. Lebensnarben. Zum Glück. Die Warze war nur Illusion: Ein Tropfen. Ein Fleck auf der Scheibe.
Etwas Blässe schadet nicht. Sagte ich.
Sprach es nicht. Sprach es nur zu mir, damit es keiner hörte. Sah mich dennoch um. Rote Bänke, Leere. Die U-Bahn gähnte sich in ein schwarzes Loch.

„...Vorsicht... beim Aussteigen...“
Ffft. War wieder eingenickt. Der Ruck weckte mich auf. Dieser Mann sah mich an. Lange an. Als wenn ich einen roten Punkt auf der Nasenspitze hätte.
„Der Rote-Nase-Trick.“, sagte ich.
Ich erschrak vor meiner eigenen Stimme. Zuckte noch mal zusammen. Sah mich um. Rote Bänke. Eine Dame mit Hut saß mir gegenüber. Unsere Beine berührten sich. Sie blätterte in einem Buch. Ihre Augen in versteckten Zeilen versunken. Ich starrte nur ihren dämlichen Hut an. Ich spürte meinen Blick. Dieser Mann im Fenster beobachte mich. Aus den Augenwinkeln. Daß ich ihn beobachtete, merkte er noch nicht. Aus den Augenwinkeln. Ich tat so, als merkte ich es nicht. Ich nestelte an meiner Fliege. Er nestelte nicht. Starrte nur auf den Hut der Dame. Dich krieg’ ich! Schnell warf ich meinen Kopf herum. Zu langsam – er tat, als wäre nichts gewesen. Tat wie ich. Schmale Finger tändelten an meiner Fliege. Die Enge am Hals verband unsere Blicke.

Ich sah den roten Fleck. Auf meiner Nase. Seiner Nase. Er spiegelte sich in der Scheibe. Kam näher ran. Er kam mir nah. Ich streckte ihm die Zunge heraus. Bäh! Er mir seine. Auch bäh! Dann – ich schnell und wieder in den Mund. Er tat das gleiche. Dann so schnell ich konnte! Tat er mir gleich! Die Dame mit Hut stand jetzt auf. Sie schüttelte mit dem Kopf und setzte sich weg. Weit weg in eine andere Reihe.
„Das hast Du davon.“, sagte ich.
Sagte ich ihm. Sagte er mir. Sagte er. Der Mann im Fenster. In dem ich mich spiegelte. Oder er sich in mir?

Selbst bewußt.

Nochmal zeigte ich ihm die Zunge. Der blöde Punkt auf meiner Nase! Sagte ich. Ich leckte meinen Zeigefinger feucht und wischte ihn weg. Er blieb.
„Wegen Dir komm’ ich noch zu spät!“
Ich wischte nochmal drüber. Ich prüfte mein Gegenüber. Er ging nicht weg. Blödsinn. Kleinen Kindern malte man die Nasen rot an und setzte sie vor einen Spiegel. Faßten sie sich an die eigene Nase, erzählte sie mir, waren sie sich ihres Selbst schon bewußt. Hunde kläfften nur die Spiegel an. Der blöde Punkt ging nicht weg. Ich rubbelte an der Nase. Ein Lachen von der anderen Seite.

Ein kleiner Junge saß mir gegenüber. Er rutschte auf der Bank vor und zurück und hielt einen viel zu großen Fußball in schmutzigen Händen. Dunkle Haare, braune Augen. Kurze Hosen, aufgescheuerte Knie. Ein Lächeln. Er ließ den Ball zwischen den Fingern rollen. Auch der Mann im Fenster sah ihm zu. Wieder merkte er nicht, daß ich ihn aus den Augenwinkeln beobachtete. Er starrte nur den Fußball an. Sein Blick war traurig.
Na, warte! Ich schnellte herum und... folgte seinen Blicken. Er meinen. Ahmte alle meine Bewegungen nach. Warf den Kopf nach links. Er auch. Nach rechts. Er auch. Nach oben, nach unten, streckte ihm die Zunge heraus! Er mir leider auch!
Dann sprang der Junge mit dem Fußball auf, lachte ein Kinderlachen zum Abschied und lief zur Tür. Der Kleine hielt sich mit einer Hand an einer Stange fest. Komisch sah er in seinen kurzen Hosen aus.

Rote Bänke. Noch mal gähnte sich die Bahn in eine schwarze Leere. Erst dieser, dann der nächste Halt. „Sie wartet schon.“
Der Junge schwang an seiner Stange. Hin und her. Der Wagen rauschte in einen Tunnel. Die Schwellen sangen. Der Mann im Spiegel pfiff mir ins Ohr. Eingenickt. Kalte Stirn. Strenge Haare an der Scheibe plattgedrückt. Sah in der Scheibe den Boden. Der Fußball rollte neben meinen Beinen und klopfte gegen beide Bänke. Der Mann zwinkerte mir zu. Ganz sicher tat er das. Ich setzte mich gerade. Dann blickte er auf seine Nase. Auf seine und gab mir Zeichen. Er nickte. Und meinte den roten Punkt auf seiner, unserer Nasenspitze. Endlich wußte ich, was er sagen wollte. Ich nahm meinen Finger und bewegte ihn auf die Nase zu, bis er das Fenster mit einem Tuck berührte. Ganz einfach wischte ich den Punkt von der feuchten Scheibe ab. Bis er nicht mehr zu sehen war. Der Mann im Spiegel bedankte sich, stand auf, zwinkerte mir nochmals zu, ging nicht ohne den Fußball zu vergessen, er hob ihn auf – ich folgte seinem Gang durch die Reihen der anderen Fenster – und verabschiedete sich, den Ball unterm Arm, mit einem Pfeifen auf schmalen Lippen.

„...Nächster Halt: Jungfernstieg... Vorsicht... beim Aussteigen...“
Da war es wieder. Da war wieder dieses Geräusch. Ffft. Und wieder. Ffft. Und wieder. Ffft. Dieses Geräusch, das die automatischen Türen machten, wenn sie sich öffneten. Und wieder: Ffft. Der Ruck weckte mich. Ich stand auf, suchte die Tür und trat hindurch. Weckte mich auf...
Ich lag auf dem Boden. Meine Fliege war entbunden, mein Hemd aufgerissen. Ein Fußball klemmte unterm Arm. Meine Brust schmerzte. Es roch nach verbrannten Haaren. Sanitäter. Mein Herz schlug ruhig. Schlug. Wieder. Elektroschocks. Meine Nase blutete.

Ich schließe mein Hemd und stopfe es in die Hose, während ich die letzten Stufen hoch zur Straße nehme. Lärm der Großstadt begrüßt mich unbeteiligt. Die Luft ist frisch. Ich wechsele ans Ufer. Ich setze mich auf kalte Steine und sehe mich um. Dem Wasser zu. Beim Glitzern. Wind treibt von der Seite.
Hier bleibe ich sitzen. Und sehe Dir zu. Warte – es ist Mittag – bis Dein Stern am Himmel leuchtet.

„...konnten die Retter bergen. Sieben Schwerverletzte wurden in die umliegenden Krankenhäuser eingeliefert. Eine Frau schwebt noch in Lebensgefahr. Für ein Kind kam... leider jede Hilfe zu spät. Es verstarb noch an der Unglücksstelle. Das Wetter...“, plärrte das Radio in die einsame Küche hinein. Daneben brühte sich Kaffee in eine leere Kanne...

Und sehe Dir zu.
Selbst bewußt.



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Donnerstag, 17. Juli 2014

Mir ist so… ‚meta‘ heute.



„…ein kleines Meisterwerk kontemparistischer Natur, vergleichbar nur mit den frühen Werken eines Bukowski oder Thomas von Aquin. Eines Pico della Mirandola. Eine Schöpfung aus der inneren Mitte heraus, Ganzkreis für den Synenergisten – außerhalb jeder Polydimensionalität. Originiert in den vier Super-Dimensionen: Actros, Ultros, Intros, Dystros…“



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„Gibt es noch ehrliche, aufrichtige und normale Männer auf diesem Planeten?“
(gefunden im Netz)



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Doch schauen wir uns diese Sentenz genauer an:

Ein Mikrokosmos des scheinbar Kleinen, der den geheimen Wunsch nach Nähe inkludiert.
Exoterisch eingewirkt in die drei adjektivischen Adverbien ‚ehrlich‘, ‚aufrichtig‘, ‚normal‘.
Ein Ermessen der validen Lebensmodelle. Exemplarisch für das heutige Sichtbild auf die Welt von Morgen.
Vom Idealismus durchzogen, um den eigenen Nihilismus zu supervoilieren.
Ein Aufbegehren.
Wider den Naturen der Bilder, die man im Kopfkino ex usu anschaltet, besieht und gleich darauf wieder durchzappt.
Um zu den nächsten zu gelangen. Den schöneren. Den bunteren.

Man stelle sich vor, wie dieser Satz sich setzt, wenn man seine Glieder anders fügt:

‚normal', ‚aufrichtig‘, ‚ehrlich‘.

Gleich fällt auf! Der zentrale Kern, um den sich alles dreht:

‚aufrichtig‘.

Als Zünglein an der Waage.

Dieser Kerngedanke im anthroposopho-logischen Idealismus – der im Gegensatz zum timonischen Ansatz das Glück in den Mittelpunkt stellt –, wird geschwächt durch das Element normal auf der einen und doppelt gestützt durch das Element ehrlich auf der anderen.

Ehre und Recht. Ehre, wem Ehre gebührt. Recht und billig.

Die Grundwerte des Menschen in der modernen Gesellschaft. Eine Tripolarität ex oriente lux. Letztlich Ausdruck der Trennung zwischen Homo und Fauna. Der rogante Versuch nach Nähe.

„Gibt es noch ehrliche, aufrichtige und normale Männer auf diesem Planeten?“

Diese Frage impliziert Zurückgezogenheit, Verlangen, Geborgenheit im Einvernehmen mit den täglichen Pflichten nach Liebe, Verständnis, Essen erlegen, Gängen zu Orten. Ein kleines Meisterwerk kontemparistischer Natur, vergleichbar nur mit den frühen Werken eines Bukowski oder Thomas von Aquin. Eines Pico della Mirandola. Eine Schöpfung aus der inneren Mitte heraus, Ganzkreis für den Synenergisten – außerhalb jeder Polydimensionalität. Originiert in den vier Super-Dimensionen: Actros, Ultros, Intros, Dystros.

Eine Erquickung des noiden Ballastes des Seins aus dem Ich-Bewußtsein zum Ego-Bewußten. Ein Schizein des Hebephrenischen. Im Kataleptischen nach Rodin‘s Denkenden:

Alle Segel baumeln: Im Wind der Flaute.

Am Ende können wir nur eines – Hoffen.
Am Ende können wir nur eines hoffen:
Daß Noia nicht zur Metanoia extangiert.


Oder: Mir ist so meta heute…





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„…ein Meisterwerk des Sublimen!...“


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„…versteht es [die Autorin], den Subtext zu betonen. Langsam wie eine Archäologin tastet sie sich mit ihrem Pinsel voran, um Geschichte – Zug um Zug, Strich um Strich – sichtbar zu machen…“


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„…knapp und ohne Schnörkel, einer Gardine ohne Bördeln gleich, überträgt die Verfasserin die Last des Daseins auf die Rücken all derer, die im Vokativ die Last mit Lust auf andere ordern…“


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„…hervorragend!...“


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„…ein Weltengemälde! Bei dem sich alles um die Ellipse dreht, die versucht auf flacher Leinwand Bahn zu brechen…“


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„…blitzt da ein kleiner Stern am literarischen Himmel auf? Klagenfurt, so hört man, hat schon seine Fühler nach der unbekannten Schriftstellerin ausgestreckt…“


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„...brutal, authentisch, rabiat. Brutal authentisch. In ihrer rabulistischen Rabiatität erschreckend offenherzig. Aber offen für das (männliche) Herz, das nicht gleich den gemeinen Dosenöffner bemüht, um den Brustkorb zu öffnen. Aber. Hört man da nicht auch ein verletztes Stimmchen schreien? Und wenn. Dann ist es eine starke Stimme…“


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„…phänomenal! Nein. Viel mehr. Ein Phänomen. Noch nie würde es so drastisch beschrieben…“


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„…und wenn schon dem Mann der Planet gehört, so bleibt der Frau – wie die Autorin genialisch subsummiert – nur die Flucht in den Weltraum. Doch der ist, und da ist sich nicht nur die Wissenschaft einig, bekanntlich größer. Noch nie hat das jemand so offen gewagt, auszudrücken – schon gar nicht eine Frau des Jahres 2014…“



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„…jedoch bei aller Euphorie über das meisterhafte Sezieren der männlichen Wesensanatomie sollte nicht zu kurz kommen: 3,5 Milliarden Männer auf diesem Planeten könnten irren. Und das ist der eigentümliche Irrsinn des brillanten Werkes der Autorin, den sie ans Tageslicht gebracht hat: sie könnte die anderen 3,5 Milliarden Frauen gemeint haben. Und diese, so der leise Verdacht, der sich aufdrängt, laufen den Irrenden hinterher. Ob sie so den Weg finden? Wenn es denn einen solchen gibt. Nein. Gebt den Frauen die Straßenpläne zurück, die ihnen aus den wütenden, vom daran Festkrallen weißgefärbten Fingern entrissen wurden! Gebt ihnen die Macht über die Navis zurück! Männer sind nicht die einzigen, die eine Bedienungsanleitung lesen können!…“


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„…exzellente Darstellung. In der Verknappung treffsicher. Jedes Wort ein Hieb. Jeder Buchstabe ein Herzschlag. Das Herz der Frauen, es schlägt wieder…“


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„…vermeintlich das Beste, was je über die Beziehung zwischen Mann und Frau – Verzeihung, Frau und Mann – geschrieben und gesagt wurde. Werden mußte. Chapeau und Bravo!...“


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„…Am Ende bleibt, was immer am Ende bleibt: Tragödien brauchen Theater. Dieses Drama braucht die Welt…“











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