"Hallo" ist das Pfandleihhaus des "Aufwiedersehn"...



Miniaturen des Absurden

Betrete mit der Miene der Abfälligkeit und erhalte Einlaß

Vom Jardin du Luxembourg zum Panthéon brauchte es schon mehr als platonisches Innehalten, um sich Gehör für Gesehenes zu verschaffen. Da...

Montag, 25. Januar 2016

Der Baukran


War nur das, was man dafür benötigte, um die Streben an den richtigen Platz zu bringen.

Bauarbeiter nahmen sie schwindelerregend auf, von unten betrachtet, oder wenn sie ein Fernseh-Team begleitete, so auch den Zuschauer zu Schwindel erregte in der Höhe eines gebauten Wolkenkratzers, der so die Skyline von New York juckte, daß die sich darüber beschwerte, nicht eine chinesische Kratzhand zu besitzen, um sich das Jucken selbst aus den Schluchten zu nehmen; und waren dafür wohl die Baukräne vonnöten, während sie die Streben von den Anlieferpunkten unten, herangekarrt auf alten Mack-Trucks wie Stöcke aufnahmen, wie es Vögel taten, um sich ein Nest zu bauen, und zum First der Konstruktion hoben, die Schluchten juckten und die Schluchten von New York tiefer kratzten.

War der Baukran nur die Hand, die kratzte. Nach all dem Jucken, Bauen eines Wolkenkratzers. In New York.

Und kamen die Bauarbeiter in der Mittagspause zusammen, um alle Nieten hineinzudringen, und zu schweißen, und Wände einzufügen, und Glasfronten, die alle New Yorker haßten, weil alle New Yorker nicht in diese gläsernen Sanduhren paßten, aber sie liebten, weil sie sich alle in diesen gläsernen Sanduhren sahen, unten ihre Zeit verrinnen sahen, spiegelten, zumindest unten, in den Shops der von oben, den Marmor-Fassaden, die so glänzten, als seien sie es, die aus Glas waren, doch nur auf Glanz geputzt, so daß sich jeder unten darin wiedersah, wie es oben wohl war, in diesen gläsernen Standuhren zu leben, auf Zeit gekauft oder gemietet, so teuer, daß alle Zeit der Welt nicht ausreichte, sich in allen Fenstern von innen nach außen widerzuspiegeln, müßte man jeden einzelnen Raum betreten, bei den Nachbarn klingeln oder an Lions-Kette klopfen, die sodann öffnen und Einlaß geben.


War der Baukran nach der Pause wieder im Einsatz, ohne Unterlaß. Hob der Baukran gemächlich seine Streben an.









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Freitag, 22. Januar 2016

Das Kompliment


Eingangs, von drei Lippenfaltern umschwirrt, nahm ich den Vertrag für meinen ersten Roman entgegen. Frauen können etwas Wunderbares sein. Können. Könnten sie nicht in einem Verlag den Vorhang ihrer Haare über die Wirklichkeit einer Unterschrift legen. Ich verabschiedete mich, mit den Wünschen, denen Wirklichkeiten von Sekretariatsenttäuschungen anhafteten, zumal sie ihre eigenen in der Tröstlichkeit zwischen Schreibtischen, Telefonen, Kaffeebeförderungen und, mit Blick auf die Bücheraffairen verflossener Autoren fein säuberlich in Regale sortiert, Herzensangelegenheiten suchten. Warum sie diese auf diese Weise suchten, blieb dem Labyrinth geschminkter Küsse überlassen, die eine Parfüm-geschwängerte Luft – meines gefiel offensichtlich – um einen Farbabdruck auf meinen Wangen als Ausdruck ihrer Schwärmerei baten. Luft. Wangen. Labyrinth. Ich nahm den Ausgang und stand auf der Straße.

War mehr als das. Hatte nun die Kopfhörer eingestöpselt. So laut, als ginge es nur um die Filmmusik für ein Statistenleben.

War es so, mit jedem Schritt, mit dem ich mich der Realität einer Bushaltestelle näherte, um wieder nach Hause zu kommen, als entzöge sich der Boden meinen Füßen, nicht, um mir diesen unter selbigen wegzuziehen. Ich schwebte. War ich eingebunden in diesen Kasten aus Glas und Werbung, Fahrplanmäßigkeiten, grauen Blicken der Wartenden auf harten Schalen, vielleicht auch Nieselregen, doch zog mich das Gefühl aus dem Ausschnitt, im Rahmen der Menschen einer Bushaltestelle, Zeitung schlagend oder träumend, die Linie für das Weiterkommen mit dem Finger aus den Bussen wählend, stehend, während sich der Verkehr im Vordergrund nur verschwommen daran erinnerte, ein Strom zu sein, von wo er kam und wohin er wollte, blieb mir gleich, in diesem Gefühl zu schweben, nicht, weil ich nach oben strebte, weil sich der Boden bewegte. Die Bushaltestelle. Dieser Kasten aus Glas und Werbung, Aufklebersilhouetten, um schwarze Vögel zu warnen – für die bunten müßte man welche drucken –, Fahrplanverzögerungen und Beliebigkeiten, Häuserwand im Hintergrund, gewandet in dem Versprechen eines übergroßen Billboards, aufeinanderruhende Hände in der Breite einer Etage, glanzlackierte Fingernägel, Verlobungsring, in Ellbogen endend, leichter Flaum, vielleicht richteten sich die Härchen dabei auf, als ich kam, das Kinn entlastend und strahlend gleißendweiße Zähne eines auflachenden Mundes einer Verkaufsschönheit, und zog vor angefeuchteter Unterlippe erst wie ein ausgeschlagener Zahn, dann über die Zunge ins Innere eines Komplimentes ein, um dessen Geschmack nur die Dame auf der Reklame wußte, verschwand nach und nach mein Kopf hinter der oberen Lächelleiste, ihr etwas abzukaufen, im Dunkeln, lächelte wohl selbst, die Schultern folgten, die Brust, der Rumpf, die Beine – alles, was ein Mann sein Eigen nannte – allesamt ohne Regung und war auch ohne alledem nur glücklich.
  
Zuhause in meiner Wohnungsehe. Stand ich wieder auf dem Boden. Arbeitszimmer, Computer, Vakuum. Und vielleicht war es nur, daß ich vergessen hatte, den Computer auszuschalten. Hielt ich Ausschau nach der Schwebe. Suchte ich nach dieser Bushaltestelle. Im blinken Schein eines Cursors.
Und machte mich auf die Suche nach diesem. Einem Kompliment im Geben.












Und sie gab das Kompliment zurück.










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*(Ode/r an die Beliebigkeit des Seins. Füge hier alles ein, was Dir zwischen dem Absetzen zweier Tage – Nächte – einfällt. Ich fing es mal vor Jahren an. Weiter schrieb ich nicht. Ich werde nie wieder mehr schreiben als gut tut. Ich schlafe meine Nächte schon lange wieder durch. Ich habe schon alles geschrieben, was ich zu sagen hatte. In anderen Nächten.

In eckigen Klammern fehlen die Tage: Deine Phantasie.

Hin und wieder aber nicke ich ein. Und wenn ich wieder aufwache, dann stehen hier meine Miniaturen des Absurden. Und ich freue mich ehrlich, wenn sie doch irgendjemand liest. Und bedanke mich aufrichtig dafür. Ich sehe das als ein Geschenk an. Und freue mich, wenn es jemand annimmt. Und sehe es als ein Geschenk an, daß jemand Fremdes hier verweilt, sich umschaut, ein bißchen stöbert. Nur zu, schau‘ Dich ein bißchen um. Mich stört es nicht. Doch eines sollte Dir klar sein: Selbst wenn Dir gefällt, was Du hier liest, es wird weder mein Leben ändern noch Deines. Trotzdem: Dankeschön für das Kompliment!)