"Hallo" ist das Pfandleihhaus des "Aufwiedersehn"...



Miniaturen des Absurden

Betrete mit der Miene der Abfälligkeit und erhalte Einlaß

Vom Jardin du Luxembourg zum Panthéon brauchte es schon mehr als platonisches Innehalten, um sich Gehör für Gesehenes zu verschaffen. Da...

Samstag, 30. Januar 2016

*Pop* *Pop* *Pop*


Das letzte Auto lief vom Band. Es war ein gutes.

Wie es dazu kam? Wie immer. Wie es immer dazu kam, daß, wo Liebe und Leidenschaft eine Eingetragene Partnerschaft eingingen, um nach Schwüren der Treue und Worten der Verlobung hin zum Standesamt die Hochzeitskarosse plötzlich anhielt – unterschiedliche Absichten unterstellt –, weil beides vielleicht das Gleiche wollte, aber nicht dasselbe war, die Liebe zur Mobilität nicht dasselbe war, wenn die Leidenschaft sie nur für sich beanspruchte, für nur ein Auto, und der Bund keiner war, der auf Dauer den Verkehr am Laufen hielt, in dem gewaltigen Ausmaß zweier Punkte, von A nach B, sie zu verbinden, und Liebe und Leidenschaft, die nun getrennte Wege befuhren, zu Knoten wurden, dazwischen, und schnürten, was durchgängig sein mußte, um einem Verkehr, einer Mobilität und einem Auto erstgedanklich Sinn zu verleihen, da der immer regelte, so oder so, egal ob man sich dem widersetzte oder mißachtete. War der Grund für die Leidenschaft, nur ein Auto zu bevorteilen, den Verkehr zu besitzen.

Und besitzen konnte man auch einen Stau.

Und war das allein schon Grund genug, zu glauben, man bewahre dadurch seine Rechte auf die Mobilität. Im Stau. An der Mobilität im Stau. Am Stau. Die konsequente Art, sich in den Stillstand zu verlieben, zu verhassen – unterschiedliche Absichten unterstellt –, um stets mit dem Stau zu drohen, der man selber ist, um stets mit dem Stau zu drohen, falls man nicht das nur eine Auto ist, nur das eine zu verhätscheln, das ihm so teuer Nachschub gibt, und Nachschub, und Nachschub und andere glauben läßt, dies sei ein Impuls für den Verkehr, die Mobilität, das Auto, die Menschen, die damit fahren oder gar die *olks irtschaft*, der, wenn man ihn nur immer wieder mit neuer Kraft versorgt und man diese Kraft verloren glaubt, wenn man sie nicht immer wieder nur diesem einen Impuls übergibt, damit nur dieser sich immer wieder selbst belebt, aber Kraft vermissen läßt, zu übertragen – wozu der Impuls erstgedanklich geboren, von A nach B, so man nur gedanklich linear unterwegs ist – und Kraft sowieso nicht verloren geht und sich für einen Stillstand nicht einsperren läßt – das widerstrebt, was Kraft nun mal ist, und sei es nur, schnöde von A nach B zu wirken – und man der Hingabe zur Unvernunft verfällt, wie nur Leidenschaft für nur das eine Auto zu entwickeln, dann gehen unterschiedliche Objekte eine Eingetragene Partnerschaft ein – Auto und Kaugummi – die scheinbar nichts miteinander zu tun haben, aber real sehr wohl, da die Vektoren der Kraft durch dasselbe Prinzip der Perplexität auf diese einwirken: *Pop*.

War es wohl ein Fließbandarbeiter. Jemand, der sich beim monotonen Stecken von Steckverbindungen, eine Frontschürze in den Kotflügel zum Beispiel, ein Kauen erlaubte, um genug Speichel für alle Träume zu haben, wenn er in der Springerpause davon vor seinen Kollegen sprach. Und kaute ein Kaugummi bis ins Aromalose bis es hart war, und die Steckverbindung wackelte. Und der Fluß am Band fließte, bei dem man seine Feinde vorüberschwimmen sah, sah man in den roten, silbernen, weißen, schwarzen Autos nur mehr Menschen. Und patschte das Kaugummi aus seinem Mund an die Steckverbindung, damit die blöde Schürze am Auto hielt. Und so kam es wohl. Der Fehler zustande. Auch dieses Auto würde laufen. Auch dieses Auto würde verkauft. Auch mit aromalosem Extra würde es leben.

War es für die Neandertaler ein Leichtes, zu überleben. Wollten, wohl, aber nicht in weiten Kreisen leben. Entwickelten so keine neuen Fähigkeiten, um sich mit den Gegebenheiten der laufenden Veränderung zu verbünden. Verödete dieser Aderstrich in einem Blatt der Evolution, und diesem einen Auto ergeht es ebenso.

War es für die Dinosaurier ein Leichtes, zu überleben. Vielleicht traf sie ein galaktischer Würfel, der sie aus dem Spiel schleuderte. Aber wenn nicht das, vielleicht waren sie auch nur Stau. Ein Stau in der Evolution, der sich selbst immer wieder mit Nachschub versorgte. Vielleicht erstickten die Dinosaurier an ihren eigenen Abgasen, während sie noch glaubten, so sie das denn taten, das Gaspedal für ihren eigenen Fortbestand durchzudrücken. Verödete dieser Aderstrich in einem Blatt der Evolution, und diesem einen Auto ergeht es ebenso.

Was dem Baum, betrachtet man diesen als Konsequenz der Evolution, aus einem Samen, aus Erde, aus Wasser, aus Gas und aus Kleinkram, der seinen Impuls aus der Sonne bezieht, in Richtung der Gravitation zu wachsen – der größeren im Vergleich zur Erde – wenig ausmachte, war er nie auf den Einfluß des Menschen, etwas zu erschaffen, etwas zu zerstören, angewiesen, ging nie unter – solange ihn die Sonne nur nährte – und würde nur umstellen, so es Leben, wie wir es uns vorstellen, selbst verödete, und wäre nur Aderstrich in diesem Blatt der Evolution, und diesem Auto ergeht es ebenso.

Gab man die Bedingungen für Leben nicht so einfach her, nur weil einige glaubten, sie schufen diese. Paßte sich das Leben an die Bedingungen an. Und nicht umgekehrt.
Und änderten sich diese, paßte sich das Leben an die neuen Bedingungen an. Und nicht umgekehrt.
Und änderte sich im Grunde genommen nichts. Und nur unserer Wahrnehmung war es eitel zu verdanken, daß unser Kopf das *Pop* überhaupt bemerkte. Aber auch das änderte nichts.

Manchmal aber, wenn sich nichts änderte, war das ein großer Schritt für die Evolution. Ändert doch die Evolution nie ihre Schritte.

Schon recht nie für die Banalitäten der Menschen. Die nie begriffen, daß ihre Schritte, die sie vorwärts brachten, hintenrum wieder in die Nähe ihres Anfangs brachten. War die Erde sinnvoll rund.


Und das Band lief. Und lief. Und lief.

Und war ein gutes.










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(von 2011)







Montag, 25. Januar 2016

Der Baukran


War nur das, was man dafür benötigte, um die Streben an den richtigen Platz zu bringen.

Bauarbeiter nahmen sie schwindelerregend auf, von unten betrachtet, oder wenn sie ein Fernseh-Team begleitete, so auch den Zuschauer zu Schwindel erregte in der Höhe eines gebauten Wolkenkratzers, der so die Skyline von New York juckte, daß die sich darüber beschwerte, nicht eine chinesische Kratzhand zu besitzen, um sich das Jucken selbst aus den Schluchten zu nehmen; und waren dafür wohl die Baukräne vonnöten, während sie die Streben von den Anlieferpunkten unten, herangekarrt auf alten Mack-Trucks wie Stöcke aufnahmen, wie es Vögel taten, um sich ein Nest zu bauen, und zum First der Konstruktion hoben, die Schluchten juckten und die Schluchten von New York tiefer kratzten.

War der Baukran nur die Hand, die kratzte. Nach all dem Jucken, Bauen eines Wolkenkratzers. In New York.

Und kamen die Bauarbeiter in der Mittagspause zusammen, um alle Nieten hineinzudringen, und zu schweißen, und Wände einzufügen, und Glasfronten, die alle New Yorker haßten, weil alle New Yorker nicht in diese gläsernen Sanduhren paßten, aber sie liebten, weil sie sich alle in diesen gläsernen Sanduhren sahen, unten ihre Zeit verrinnen sahen, spiegelten, zumindest unten, in den Shops der von oben, den Marmor-Fassaden, die so glänzten, als seien sie es, die aus Glas waren, doch nur auf Glanz geputzt, so daß sich jeder unten darin wiedersah, wie es oben wohl war, in diesen gläsernen Standuhren zu leben, auf Zeit gekauft oder gemietet, so teuer, daß alle Zeit der Welt nicht ausreichte, sich in allen Fenstern von innen nach außen widerzuspiegeln, müßte man jeden einzelnen Raum betreten, bei den Nachbarn klingeln oder an Lions-Kette klopfen, die sodann öffnen und Einlaß geben.


War der Baukran nach der Pause wieder im Einsatz, ohne Unterlaß. Hob der Baukran gemächlich seine Streben an.









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