"Hallo" ist das Pfandleihhaus des "Aufwiedersehn"...



Miniaturen des Absurden

Betrete mit der Miene der Abfälligkeit und erhalte Einlaß

Vom Jardin du Luxembourg zum Panthéon brauchte es schon mehr als platonisches Innehalten, um sich Gehör für Gesehenes zu verschaffen. Da...

Freitag, 22. Dezember 2017

Das Buchlesen ersetzt wohl den Eintritt in die Fremdenlegion


Nichts ist so deprimierend, wie von Männern zu lesen, die ihre Abenteuer in Buchdeckeln erlebt haben.

Man möchte sie - jetzt gerade zu Weihnachten - auf den Schoß nehmen, wiegen und ihnen ein Pflaster zurecht schnippeln für ihr aufgescheuertes Seelenknie. Und dann pusten.

"Siehst Du,", möchte man ihnen sagen, "tut doch gar nicht mehr weh. Und jetzt geh' wieder in Deinen Büchern spielen."

Hopsend - "weil: "Hops." sagen diese Männchen tatsächlich dann - rutschen sie vom Knie mit Neumut und tiefatmend und stürzen sich dann in ihre neuen, diesmal aber echt beanspruchenden
Buchleseabenteuer. Man möchte noch unbedingt Pistolen mit Platzplättchen besorgen und ihnen einen Cowboyhut aufsetzen. Dafür allerdings müßte man aufstehen und ihnen hinterherrennen.

Was auch schon wieder Einsatz erforderte. Und man möchte ihre Welt voller Abenterlust nicht mit Anwesenheit begleiten. Sie müssen allein sein. In ihrer Welt. Ganz. Allein. Diese. Abenteuer. Bestreiten.

Männer sollten nichts unversucht lassen, sich unerheblich zu machen.

Männern, die ihre Abenteuer aufzählen, indem sie Buchtitel runterjammern - "Aber ich war voll dabei!" oder: "Bücherregal? Meiin Porsche." - unterläßt man nur deshalb mitleidiges, bekräftigendes Nicken zur Aufmunterung, weil sie es eh schon schwer haben, Attraktivität allein dadurch zu erzeugen, daß sie keine Frauen sind.

Ich - und das 'Ich' scheint ja bei diesen Männchen schon verpönt zu sein, weil ihre Buchleseabenteuer immer von einem 'Du' handeln, und Bücherabend.teuer bieten das 'Du' so kumpelhaft blutsbrüderlich an, daß sie wirklich, ich meine wi.r.k.lich, diesen Berg bestiegen haben, unter Pfeilbeschuß, und hinter ihnen die aufgebrachte Komantschenhorde -, ich - und ich sage gerne 'ich', weil es ein 'anderes' voraussetzt, das man differenziert schätzt - bin stolz darauf, nur ein einziges Buch zu besitzen. Ein ungelesenes:

"Ovid - Metamorphosen".

Damit, hörte ich, sei schon alles beschrieben. Und im Moment meines Todes, fange ich damit an, es zu lesen.

Was mich allerdings bei so Depri-Artikeln am meisten stört, ist, daß üblicherweise am Ende dieser Artikel der Warnhinweis der Selbstmordhilfe beizugefügt wird. Aber auch das erforderte wieder Einsatz. Nämlich diesen Buchlese-Fremdenlegionären bei selbigen zu helfen.

Außer lachend konnte ich diesen Artikel nicht ertragen.

Hatte es sich nicht bewährt, Frauenautoren-Namen an den Anfang von Artikeln zu stellen?


Das erste Wort mag von einem Mann aufgeworfen sein.

Das letzte aber, wird von einer Frau geschrieben sein.





*




(Ode/r an die Zeit, die man mit sich im Reinen verbringt. Der nächste Schmutz - und der ist dann wirklich ein Abenteuer! - wartet schon.)




Donnerstag, 21. Dezember 2017

"G ück. Deswegen. Es fehlt immer was dazu."


Sie, das ist wohl diese... Stadt, ist - wie soll ich es sagen - sehr... selbstbespielt.
Ist so Berliner 'Wortkunstetig'.
Wo jeder Friseursalon "...uuund: CUT!" heißt.
Wie im Film. Oder Hedwig.
"Wir cut Hedwig. Und Hermeline twice. Hedwig aber nice."
Wenn nach dem "...uuund: CUT!" die Haare wie Planes zu Boden knallen.
Als wäre jeder Neunte eines Septembers: "Nein, Eleven!"
Und schreidumm Worte unerhört in Frisuse wallen.
Und Frisuse heult, weil Kundin Ten-Schein schallt.
In Pfote. Und Spuckblick. Ab.
Ist so Berliner 'Kunstetigel'.
Wo jeder Frittenladen "Second Thek" heißt.
Oder war das doch der Friseurenladen?
"An jedem Elften eines Remember frisch Haare verlegen."
So stets auf Bepflasterwänden.
Vor Berliner Hundekot.
"Uund... Second Take. Schnipp-Schnapp."
Beim Zweiten war es knapp.
Wisch-Weg.
Nur zapp in Not.
Und ab. Und raus. Und wieder Kot.
Berlin macht wieder 'Kunst'. Im Späti:
"Ach, G ück. Deswegen. Es fehlt immer was dazu."
Und jede Künstlerin 'Sisha von Meinetwegen' heißt.
Wenn sie in 'Pfannkuchen' beißt.
"Ach, G ück. Es fehlt immer was dazu."
Das sollte Berlins Claim für morgen sein!
Aber morgen fragt mich ja keiner.
"Café klein".
So sollte jeder seinen Starbucks taufen.
Die Berliner kaufen die Bude ein.
Dann sput. Dann nick. Dann fap.


Warum gibt es kei.ne Menschen mehr, die ein.fach nor.male Gesch.ichten erzählen?
Warum schrei.bt keiner mehr nor.mal?

Dieser Mensch hier kan.n nu.r nor.mal.
Dieser Mensch ist klein.
Dieser Mensch ist unbedeutend.
Dieser Mensch ist belanglos.
Dieser Mensch ist provinziell.

Aber.

Dieser Mensch liest.
Das mag nicht interessieren.

Aber.

Dieser Mensch liest, um sich das zu merken.
Warum dann überhaupt schreiben?

Dieser Mensch liest, weil jemand anderes könnte ja etwas vergessen haben und es sich deshalb aufgeschrieben haben. Und es dann vergessen.
Und man stelle sich vor, man frage diesen Menschen dann danach?!
Ja, was soll dann dieser Mensch dann sagen?!
Daß dieser Mensch sich das nicht merken kann?
Was mußte dieser Mensch wieder lesen?!
Daß Berlin wieder 'Kunst' macht?
Was soll dieser Mensch seinen Nachbarn sagen, wenn sie diesen Menschen danach fragen?
Dann wird das wieder so peinlich.
Dann muß ich meinen Nachbarn wieder erklären, daß Berlin wieder 'Kunst' macht.
Und, wie soll dieser Mensch das tun?!
Wie erklärt man Menschen 'Kunst'?!
Dieser Mensch kann nur Rinderrouladen erklären.
Und Knödel.
Und Rotkohl.
Das kann dieser Mensch seinen Nachbarn zu Weihnachten erklären.
Dieser Mensch kann Grüffelo.
Und Sendung mit der Maus.
Und 3 Haselnüsse.
Und, was soll dieser Mensch erst den Aliens sagen?
Wenn die mal zu Besuch kommen?
Und mich dann beim Plausch im Plauderton beiläufig nach 'Berlin' und 'Kunst' befragen?!
Häh!
Ja, was dann?!
Siehste wohl!
Kanner nich'!

"'Kunst' ist das Bild vor Dir. Oder die Form. Oder die hinter Dir. Besser mal nachsehen. Man will ja nicht drüber stolpern."

Wieder mußte ich stolpern.
Ich sollte meine Augen fürs Lesen halbseitig vermieten.
Dann bleibt für die andere Seite noch nor.mal.


Und mit der anderen mache ich ein Vermögen.





*





(Ode/r an Menschen in Metropolen. An den Polen zwei. Und in Mitte drei Millionen.)


Es mag auch andere geben. Aber die sind rar gesät und die muß man hüten wie Moos in den Ritzen, bevor der Rentner mit seinem Schaber kommt und es kratzend wegschabt.

Wie gut, daß ich den Winter mag. Ein Winter rettet Tausend Mooseleben.
Der Frühling ist das Problem.

Nicht jeder mag das Grün so gerne im Frühling sehen.
Deshalb muß man das Grün auch im Frühling hüten. Bevor der Sommer nagt.

Wie gut, daß ich auch den Sommer mag. Alles muß man selber hüten.
Und wenn dann alle Hüte haben, dann kommt schon der Herbst mit seinem Schal.

Wie gut, daß ich auch den Herbst so mag.
Alles muß man selber tun.
Und dann kommt schon wieder der Winter. Und dann muß ich nach den Moosen seh'n.

Nicht alle überleben das ganze Jahr. Und dann muß ich wieder Samen in die Ritzen stopfen.
Bevor der Rentner naht.

"Der Rentner, Rentner naht!" muß ich dann rufen. Dann rennen die Pflanzen aus den Ritzen.
So schnell, das kannst Du gar nicht sehen, wie die flitzen.

Aber sonst geht es mir gut.


Ich bin ja auch der einzige, der ein ganzes, ganzes Jahr dann mag.