Wenn ein Blitz blitzt, kommt er von oben nach unten und das andere Viertel kommt ihm vom Boden entgegen. Es kann auch ein Drittel sein. Oder die Hälfte. Mehr als die Hälfte aber nicht. Sonst blitzt es ja nach oben. Blitze haben eine Vorstellung von Verhältnismäßigkeit, zuviel Aufwand scheuen sie. Und Blitze sind sehr scheu. Blitze blitzen nur, wenn es anders nicht mehr geht. Wenn all das Grollen nicht hilft, all das Grummeln keine Lösung bringt, dann suchen sich Blitze eine Erhebung, etwas, das ein wenig herausragt, es reicht schon ein bißchen, nur ein wenig weg vom Boden. Dann beschauen sie von oben, lohnt sich das Aufladen? Nein, aufgeladen sind sie schon. All das Geschiebe, all das Aneinanderstreifen, all das Ausdemweggehen da oben in Himmelwolken, all die Antouchungen, all das Gedränge, all die Touchierungen, all die mühseligen Tschuldigungen, all die unbequemen Rechtsagungen, Rechtmachungen, Rechtfertigungen. Dann sind sie aufgeladen. Dann sind sie kurz vor'm Knall. Und es muß eine Menge zusammenkommen, sie müssen die Wolken zusammenbringen, sie müssen viel bewegen und sie müssen sich viel bewegen, all das viele Bewegen müht sie, immerzu bewegen, nicht einfach Ruhe geben, sich einfach eine Stelle am Himmel suchen, der ruhig ist und sich einfach mal nicht bewegen, einfach nur mal kurz ruhen. Aber, wenn selbst sie mal ruhen, sind alle Aufladungen, Einladungen, Scheinladungen, Reinladungen noch in ihnen drin, sie zappeln, sie zustern, zisseln, summsen, knisseln. Auch in aller Ruhe schauen sie - hier geht es viel um's Schauen und Beschauen, weniger ums Beschautwerden - sich um, in ihren Möglichkeiten, und diesen sind sie beraubt und, wie ich schon in den Himmel trotze und ihm abfällig gegenüber schon gesagt habe, wenn man alle Möglichkeiten hat, hat man keine, wenn man keine Möglichkeiten hat, hat man alle, gegen alle Widrigkeiten, wenn sonst genehm, die Sonne blendet und warten muß, bis sie sich bewegt, bewegte man sich mit ihr, wäre man verfolgt und folgte nur ihr in den ersehnten Schatten, der schneller ist als man sich selbst bewegen könnte, wartet man also einfach ab, bis sie hinter Bäumen, die es hoffentlich immer gibt, schwindet oder doch nur Wolken, die so unzuverlässig sind, daß sie sie immer wieder durchlassen, zulassen, muß man warten, auch wenn man nicht warten kann, jetzt nicht mehr und jetzt einfach nicht und gleich auch nicht, muß man aushalten, auch wenn man nicht aushalten kann, jetzt einfach nicht, muß Wissen haben, daß es vorübergeht, jetzt einfach nicht, und muß man Zeit haben, jetzt einfach nicht, und muß man Vermögen haben, jetzt einfach nicht, müßte man nicht. Währenddessen wollen - das Wollen erwähne ich aus verständlichen Gründen nur wenig - Blitze in all ihrer Ruhe nach Bewegung, Bewegung, Bewegung knallen, einfach nur knallen. Ruher. Das dauert noch. Kommt ihnen endlich etwas entgegen? Können Blitze das richtig einschätzen? Gibt es nicht so viele Erhebungen! Welche ist die Richtige? Lohnt sich die Müße? Lohnt sich die Mühe?
Welche Mühe?
Die Erhebung müht sich, Perspektivwechsel. Ab wann gibt sich die Erhebung, die sich aufrichtete, dem Boden sagte, nein, ich bin nicht flach, ich stehe, hocke, kniee, liege, bocke, trotze, ängstige und ermutige, keine Mühe mehr? Ab wann verschwindet sie, die sich aus dem Boden entrißte, und sagt, dem Blitz, mühe selbst! Du bist ein Blitz, verschwinde! Keiner kann Dich leiden! Keiner braucht Dein Gekrache!
Keiner lebt ohne Dich am Boden auch nur einen Deut weniger! Du richtest Deine Aufmerksamkeit auf uns, wenn es Dir paßt! Es paßt uns nicht!
Uns auf dem Boden paßt es nicht, wir wollen auch erhoben sein, einfach nur, weil wir es können, wir wollen erhaben sein, einfach, weil wir es wollen! Du genügst uns nicht!
Du genügst uns nicht.
Ein Blitz ist von uns Aufrechten abhängig. Wir Aufrechte sind nicht von einem Blitz abhängig. Ein Blitz ist abhängig von unserem Entgegenkommen. Egal, wie hell er grollen könnte. Bleib oben. Hier unten ist kein Platz für Dich. Du bist nicht willkommen, Du bist unerwünscht, Du bist unhöflich und unfreundlich. Mürrisch und wankelmütig.
Du bist unhöflich und unfreundlich. Mürrisch und wankelmütig.
Du bist, was Du bist, deshalb suchst Du in uns das, was Dir mangelt. Leide.
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