"Hallo" ist das Pfandleihhaus des "Aufwiedersehn"...



Miniaturen des Absurden

Betrete mit der Miene der Abfälligkeit und erhalte Einlaß

Vom Jardin du Luxembourg zum Panthéon brauchte es schon mehr als platonisches Innehalten, um sich Gehör für Gesehenes zu verschaffen. Da...

Montag, 18. August 2014

Als Michael


Als Michael seine Wege schritt – die Launen eines heißen Sommers entließen ein fröhliches Wanderpfeifen aus seinem Munde – traf er auf einen alten Mann mit weißen Haaren, der auf einem Esel ritt und mit der Rute vorwärts schlug. Und Michael ermahnte den alten Mann mit den weißen Haaren, den Esel nicht mit der Rute zu schlagen, weil der ja schon seine Last trage. Doch weil der alte Mann mit den weißen Haaren sich nicht ermahnen ließ – die Launen eines heißen Sommers entließen ein grimmiges Fluchen aus seinem Munde –, bewirkte Michael bloß mit der Handbewegung, die er machte, daß der Esel nun auf den Schultern des alten Mannes mit den weißen Haaren ritt und ihn mit der Rute vorwärts schlug.

Als Michael seine Wege weiter schritt – die Launen eines neuen Tages entließen ein fröhliches Wanderpfeifen aus seinem Munde – traf er wieder auf den alten Mann mit den weißen Haaren, der auf einem Knechte ritt – der Esel kam ihm ja abhanden – und mit der Rute vorwärts schlug. Und Michael ermahnte den alten Mann mit den weißen Haaren, den Knecht nicht mit der Rute zu schlagen, weil der ja schon seine Last trage. Doch weil der alte Mann mit den weißen Haaren sich nicht ermahnen ließ – die Launen eines neuen Tages entließen ein grimmiges Fluchen aus seinem Munde –, bewirkte Michael bloß mit der Handbewegung, die er machte, daß der Knecht nun auf den Schultern des alten Mannes mit den weißen Haaren ritt und ihn mit der Rute vorwärts schlug.

Als Michael seine Wege immer weiter schritt – die Launen einer neuen Woche entließen ein fröhliches Wanderpfeifen aus seinem Munde – traf er wieder auf den alten Mann mit den weißen Haaren, der auf einem Weibe ritt – der Knecht kam ihm ja abhanden – und mit der Rute vorwärts schlug. Und Michael ermahnte den alten Mann mit den weißen Haaren, das Weib nicht mit der Rute zu schlagen, weil das ja schon seine Last trage. Doch weil der alte Mann mit den weißen Haaren sich nicht ermahnen ließ – die Launen einer neuen Woche entließen ein grimmiges Fluchen –, bewirkte Michael bloß mit der Handbewegung, die er machte, daß das Weib nun auf den Schultern des alten Mannes mit den weißen Haaren ritt und ihn mit der Rute vorwärts schlug.

Als Michael seine Wege noch immer weiter schritt – die Launen eines neuen Monats entließen ein fröhliches Wanderpfeifen aus seinem Munde – traf er wieder auf den alten Mann mit den weißen Haaren, der auf seinen Beinen lief – das Weib kam ihm ja abhanden – und diese mit der Rute vorwärts schlug. Und Michael ermahnte den alten Mann mit den weißen Haaren, die Beine nicht mit der Rute zu schlagen, weil die ja schon seine Last trugen. Doch weil der alte Mann mit den weißen Haaren sich nicht ermahnen ließ – die Launen eines neuen Monats entließen ein grimmiges Fluchen –, bewirkte Michael bloß mit der Handbewegung, die er machte, daß die Beine nun auf den Schultern des alten Mannes mit den weißen Haaren waren, die Rute aber beließ er in seinen Händen als Mahnung.

Als Michael an dem alten Mann mit den weißen Haaren vorüberschritt, ließ er ihn am Wegesrand zurück, die Beine auf den Schultern, diese mit der Rute schlagend – die Launen seiner Wege entließen ein grimmiges Fluchen –, mit den Worten – die Beine kamen ihm ja abhanden:


„Keiner trage des anderen Last. Soweit Dich deine Rute bringt.“







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Sonntag, 17. August 2014

Promi Big Brother


Promi Big Brother gibt es zwar erst seit kurzem, es lassen sich aber schon einige erwähnenswerte Muster erkennen:


Es gibt da die Kandidatin, der es wichtig ist, daß alle ihre nichtssagenden Äußerungen für die Nachwelt aufgezeichnet werden. Sie zählt ihre Sendungsminuten im Inneren heimlich zusammen, sagt, daß es ihr nicht wichtig ist, auf Sendung zu sein, verachtet allerdings andere Kandidaten – und äußert dies auch –, die es nicht sind oder nur unzureichend. Dieses Kandidatenverhalten ist einhergehend mit sozialer und innerer Vereinsamung, Überlegenheitsgefühlen als Auflehnung dagegen  und unbefriedigendem Sexualleben. Diese leiden häufig unter dem Jeanne d’Arc-Syndrom: „Ich mache Männer zu Königen, berührst Du mich aber, dann verbrenne ich innerlich. Brenne! Brenne! Brenne!“ Dieser Kandidatentyp kann sich nur mittels Äußerungen mitteilen, ihr eigenes Verhalten – ihr Tun – weicht davon in erheblichen Maße ab. Langeweile ist ihre Motivation, Liebe um der Gegenliebe willen. Sie läßt sich gerne in PS aufwiegen. In Form von gekauften Autos, Uhren oder anderen leblosen Dingen. Prognose: Sie wird viel Zeit im Keller verbringen. Es aber als die tiefste Erfahrung ihres Lebens darstellen.

Die männliche Variante dieses Kandidatenmusters schielt nicht auf die Aufmerksamkeit – die wird als gegeben vorausgesetzt –, sondern auf einen möglichen Lohn. In diesem Fall sind es die € 100.000 – neben möglichen Sexualpartnern zu finden. Innerlich ist diese Aufmerksamkeitsentlohnung schon ausgegeben, Frauen haben für ihn weiter keine Bedeutung, gewinnen tun sie die Show meistens nicht. Interessant wird es dabei zu beobachten sein, wie sie mit dem Druck umgeben, immer und immer wieder als unterhaltsam zu erscheinen.

Es gibt da die selbstbezogene, oberflächliche Kandidatin, deren Wankelmut sich in Launen äußert wie: „Wenn ich happy bin, dann müssen alle anderen happy sein. Wenn ich traurig bin, dann müssen alle anderen traurig sein. Wenn ich lache, müssen alle anderen lachen. Wenn ich wütend bin, müssen alle anderen mir Verständnis entgegen bringen.“ Das ist natürlich ein Borderline-Verhalten in der für ein Sozialwesen anstrengenden Variante mit ADHS. Interessant wird zu beobachten sein, wie sich das Sozialgefüge namens ‚Wir-sind-ihr-nun-mal-mit-Gedeih-und-Verderb-ausgeliefert‘ mit ihr arrangiert. Ignorieren und Buddha-Beherrschung böten sich hier an.

Es gibt da die selbstverleugnenden Kandidaten – männlich/weiblich –, die so selbstaufgebend sind, daß sie eigene Eigenschaften zuhause gelassen haben und sich nur dadurch auszeichnen, daß sie das wiederholen, was andere sagen. Ansonsten regen sie sich nicht viel, wollen sich offensichtlich aber irgendwie mitteilen. Ihre Motivation, Kandidat zu sein, provoziert eine weitergehende Untersuchung.

Es gibt da den Kandidaten, der nur ein einziges Ziel verfolgt: irgendetwas zu vermarkten. Er hält sich den anderen für überlegen, ist es intellektuell auch, weiß aber auch, daß er die Show nicht gewinnen kann, zieht aus der Zeit und dieser Erkenntnis den Nutzen und das Vergnügen, zu wissen – zumindest zu glauben –, daß sein Plan dennoch aufgeht, und selbst wenn der Plan nicht aufgeht, wird er behaupten, daß dies genau seine Strategie war. Diesem Kandidatentypus könnte man eine Karriere als Politiker zutrauen. Er würde allerdings über seine Affären stolpern. Und sympathisch – und gut für das – ist er dem Sozialgefüge auch nicht.

Es gibt da die Kandidatin, die sich auf ihre sexuellen Anreize reduziert. Reduziert, nicht reduzieren läßt. Das ist diesem Kandidatentypus sehr wichtig. Sind aber erst mal alle primären und sekundären Geschlechtsteile gezeigt, bleibt nicht viel mehr zu betrachten. Diese Kandidatin kokettiert mit der Allverfügbarkeit ihres Körpers, führt aber ein Sexleben wie ein Eremit. Wenn sie es schafft, sich durch kecke Äußerungen Sendungszeit jenseits ihrer Nacktheit zu sichern, winkt ein Platz im guten Mittelfeld. Ihre Motivation ist, Anschlußbuchungen nach der Show zu ergattern, und sei es in der Dorfdisko nebenan, und ist zufrieden, solange einschlägige Zeitungen darüber berichten. Was wiederum dazu führt, daß sie für die Dorfdisko nebenan gebucht wird. Diesen Kandidatentypus unterschätzt man allgemein in seiner Intellektualität.

Es gibt die emotionale Kandidatin, die alles in Sonnenblumen und Lilien einordnet. Ihre innere Stimmungslosigkeit ist getrieben durch ihre Appetitlosigkeit auf das Leben, hungernd füllt sie den Kühlschrank ihrer Sehnsüchte, verbittet sich aber, den Inhalt zu verköstigen und so sie das tut, frißt sie alles in sich rein, bis sie alles wieder auskotzen muß, da der Gefühlsmagen soviel Nahrung auf einmal aufzunehmen nicht gewohnt ist. Diese Kandidatin kann in ihrer Unberechenbarkeit – die Unberechenbarkeit bezieht sich auf den Zeitpunkt ihres Gefühlsausbruch, nicht darauf, daß er kommen wird – sehr unterhaltsam sein. Nicht vor dem Ausbruch, nicht danach – beim Ausbruch. Danach ist sie wieder wie davor und wieder wie danach. Emotional, still leidend, langweilig, bis zum nächsten Ausbruch, der wieder sehr unterhaltsam ist. Man wünschte sich Emotions-Bewegungskameras, die genau diesen Moment einfangen – und alle anderen Momente ausblenden.

Es gibt da die Kandidaten, die wollen einfach nur ins Haus rein, rein, rein. Die sollte man gleich wieder raus, raus, raus lassen. Ihre Anwesenheit, die sich durch Ereignislosigkeit auszeichnet, ist nur geduldet, da sie den Cast auffüllen und den anderen folgen. Das Folgen ist erwünscht. Mehr auch nicht. Ihr Erscheinen bemerkt man nicht, ihr Gehen auch nicht. Sie sollen den Protagonisten-Kandidaten als Projektionsfläche dienen, damit es nicht seltsam erscheint, alleine in die Kamera hinein Selbstgespräche zu führen. Ansonsten gilt: Aus den Augen, aus dem Sinn. Die Protagonisten-Kandidaten, also der Kandidatentypus, der meint, er würde die Show tragen, schielt schon nach dem nächsten Folger, bemerkt aber nicht, daß die Regie und damit der Zuschauer schon längst einem anderen Kandidaten in seinem Betrachtungssein folgt und die erreichten Zuschauerzahlen nur pro forma weiterbestehen als Karteileichenzuschauer, da diese schon längst auf dem Klo verschwunden sind oder in der Küche, um sich Snacks zu holen, und dann erst auf dem Sofa Platz nehmen, wenn die wirklich wichtigen Kandidaten wieder auf dem Bildschirm erscheinen. Dieser Protagonisten-Kandidatentypus wird sich die hohen Einschaltquoten auf seine Kappe schreiben und überrascht sein, daß ein anderer die Show gewinnt, die Aufmerksamkeit erhält und Äußerungen – und seien sie noch so banal – dieses Kandidaten/Kandidatin an Gewicht in den einschlägigen Medien gewinnen.

Was mich noch zu dem letzten Kandidatentypus führt:

Und es gibt da noch den traurigen Narr. Dieser Kandidat, der sich durch ungehemmtes Verhalten auszeichnet, das sich dadurch äußert, daß er erkannt hat, daß es eh keinen Sinn mehr macht, etwas vorzugeben zu sein, was man nicht ist oder andere glauben machen will, wer man sein soll, wird die Show gewinnen. Seine einzige Aufgabe wird es sein, die € 100.000 zu erhalten, aber letztendlich nicht mit einer schweren Hypothek das Haus zu verlassen, die er nicht mehr abbezahlen kann, und die man ihm noch in Jahren hinterherträgt.

In diesem Fall tippe ich mal auf Hubert Kah.






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