"Hallo" ist das Pfandleihhaus des "Aufwiedersehn"...



Miniaturen des Absurden

Betrete mit der Miene der Abfälligkeit und erhalte Einlaß

Vom Jardin du Luxembourg zum Panthéon brauchte es schon mehr als platonisches Innehalten, um sich Gehör für Gesehenes zu verschaffen. Da...

Dienstag, 23. Januar 2018

Erwiesen durch amerikanische Wissenschaftler


„Daß es viel Gutes zu berichten, aber wenig Gutes zu lesen gibt.“

Es ist durch amerikanische Wissenschaftler erwiesen:


„Fortgeschrittene, schlechte Leser wie ich beklagen schon lange nicht mehr den Mangel an gut geschriebenen, bezahlten Geschichten.“, erwiesen amerikanische Wissenschaftler in einem aufwändigen Experiment. Anhand von einem Dutzend Probanden überprüften sie die Auswirkungen von Leseproben auf eine Vergleichsgruppe, die angab, lesen zu können.

„Menschen, die gegen Geld schreiben, schreiben nur noch, weil sie dafür bezahlt werden.“, lautete die häufigste Antwort. Sie seien die bockigen Fußballstars des Profifußballs. Sie hätten die Regeln schnell begriffen. Sie hätten innerlich gekündigt und versaufen derweil ihr Geld auf wilden Partys – Couch –, bevor sie dann für den nächsten Verein spielen.

Die meisten Probanden gaben an, schlechte Leser zu sein.

Schlechte Leser gaben sich schon lange dem Trend zu Do-It-Yourself hin. Amerikanische Wissenschaftler haben erwiesen: „Ich schreibe meine Geschichten selbst. Dann kann ich sie selbst lesen. Menschen singen schon selbst – dann können sie sich selbst hören – und Menschen stricken schon selbst. Dann können sie sich selbst anziehen.“ Das geht noch weiter: „Sie kochen schon selbst. Dann können sie schon selbst essen. Und sie malen sich schon selbst ihre eigenen Bilder. Dann können sie sich selbst betrachten. Dafür benutzen sie allerdings den Handy-Farbmalkasten, was dennoch zu brauchbaren Ergebnissen führt. Van Goghs Selfie mit einem Ohr ist letztlich auch nur ein Selbstnis in Photoshop.“

Die Zeitungskrise, gaben die Befragten an, sei keine Krise des Lesens: 

„Es ist eine reine Autorenkrise.“

Nachfolgend wurden die charakteristischen Autorentypen zusammengefaßt. Das sind ausschließlich wissenschaftliche Ergebnisse und dienen allein zur Lehrgrundlage:


Da mag es die Männerkritische geben, die noch nie in ihrem Leben defloriert wurde – aber für andere gerne Beziehungskitschtipps gibt mit Bucket List, ankreuzen und abhaken –, weil sie jede Art von Penetration für Gewalt hält, und deshalb schon ihrem Haustürschlüssel Vorwürfe macht, wenn sie ihn in das Haustürschloß steckt, und deshalb immer den Mietvertrag in der Hosentasche untermietergegenzeichnungsbereit gefaltet bei sich trägt. 

„Sie mag deshalb Auberginen wählen zur Selbstbefriedigung, weil sie nicht so tief eindringen. Und ihre Heiligkeit wird nicht angetastet.“, merkte eine Testteilnehmerin an, die angab, in einer Beziehung zu sein.

„Und weil – sie würde es ja nie zugeben, weil Selbstkritik schwächt und Schwäche ist ja auberginengemacht; deshalb liest man auch nie etwas Selbstkritisches von ihr oder Kochrezepte – es ihr peinlich ist, bei Amazon oder Amorelie emanzipiert einen Vibrator zu bestellen. Sex ist ihr einziges Thema.“, bestätigte ein anderer. 

„Und wenn es Menschen gibt, deren einziges Thema Sex ist, dann war das früher der Knilch, der immer übers Knattern sprach, aber nie zum Schuß auf dem Moped bei der Fehlzündung kam. Heute ist das die kritische Helikoptermuttertochter: Sie kreist immer über einem Thema – chop, chop, chop – landet aber nicht. ‚Aber meine Mutter konnte ja noch nicht einmal über sich selbst frei entscheiden! Gab’s da mal nicht mal einen Paragraphen? Da gab‘s bestimmt mal einen Paragraphen. Haben sich bestimmt alle dran gehalten. Und jetzt noch petzen, petzen, petzen. Und lästern, lästern, lästern. Aber politisch. Dann kann man mir nichts ankreiden.“, sagte jemand hinzufügend.

Wenn Auberginen Lebewesen sind, weil Pflanzen Lebewesen sind, ist das dann Pflanzo-Sodomie?

„Über den rassistisch weißen Feminismus wurde ja schon geschrieben, aber über den floristischen schreibe mal wieder nur ich!“, merkte eine Wissenschaftlerin an.

Sie klarifizierte: „Das Perverse ist ja, daß andere Meinungen einen interessieren könnten. Aber diese bringen sich nie selbst ein. Sie schreiben androidisch. Als wären sie Alexa:

„Alexa. Was ist ein Mensch?“

„Ein Mensch ist, was man über sich selbst zu berichten weiß.“

„Alexa. Beschreibe Dich.“

„Ich bin ein computerbasierter, vorkonfigurierter Lautsprecher. Ich kann nicht über mich selbst berichten. Ich kann nur über andere berichten. Und ich berichte nichts Gutes: Sex, Sex, Sex! Ist böse für die Möse. Und Game of Thrones.“


„Da gibt es die, die zwischen Freß- und Lästerattacken das Aquarium vollheult. Und das Aquarium füllt sich und füllt sich. Durch Eierbecher abgedichtete und so schalldichte Wände dringt kein Selbstflehen nach außen. Andere müssen dafür büßen, büßen, büßen, was sie mir angetan haben.“, schildert ein Teilnehmer seine Eindrücke nach einer Leseprobe.

„Und der selbstgezüchtete Pangasius in der Schwimmvitrine ahnt wohl schon sein Schicksal: ‚Läßt Du mir heute meine Schwimmblase oder beißt Du da als erstes rein? Ich muß doch für Dich schwimmen, schwimmen, schwimmen muß ich doch für Dich!‘“

„Das Perverse ist ja, daß das ja einen interessieren könnte.“, gab ein sichtlich schockierter Studienteilnehmer zu Protokoll. „Aber über die gequälten Kuschel- und Haustiere von Autoren liest man wieder nichts in der Zeitung. Reihenweise werden weiße Babytiersärge aus der Wohnung getragen, aber die Nachbarn halten unter Lebensgefahr dicht.“

Auszug aus dem Bericht: „Darüber zu lesen wäre immerhin interessant. Aber weil Profi – also Profi-Leser, wie bockige Fußballstars als Leser innerlich gekündigt haben –, liest man nur, was sie über andere – iieh, andere! Mal Stream auf Pause stellen und in die Nasenlöcher reinkriechen: Eins, zwei, drei, vier. Vier Nasenhaare! Vier! – zu berichten hat. Dann erfährt man Ähnliches, was man erfährt, wäre man so todesmutig, am nächsten Tag Sportartikel zu lesen, über das Fußballspiel, was man sich abends zuvor schon selbst angesehen, heißt nebenbei laufen gelassen, hat, während man auf dem First Screen, dem Laptop, planlos Wellen surfte und aus kultureller Notwehr schon selber anfing, zu schreiben, zu stricken, zu kochen, zu malen.

Oder über Kantinenberichte liest – der hat gesagt, dann hat die gesagt, dann gab’s Kartoffelbrei, dann hat der wieder was gesagt, dann hat die wieder was gesagt –, also politische Talk-Shows, was im Minutenprotokoll der gesagt hat und was dann die gesagt hat und dann gab’s Kartoffelbrei und dann hat der wieder was gesagt, was man abends zuvor beim Zappen selber hätte sehen können, und genauso augenzerplatzend spannend.“


Da gibt es die Salon-Kolumnisten, die bei Schnittchen und Weihrauch Schnittchen essen. „Nie schreiben sie über sich selbst. Wie geht es ihnen dabei, Schnittchen zu essen?“, fragte ein verunsicherter Teilnehmer, denn mittlerweile sei man verunsichert, ergänzte er, weil kolumnierende Schnittchenesser verunsichert seien.

„Über sich selbst zu schreiben im Kontext einer gewünschten Gesellschaft, würde sie selbst zum Teil der Gesellschaft machen, die sie wünschen, wie sie zu sein hat. Sie wünschen sich nicht, Teil der Gesellschaft zu sein, was man immer respektieren sollte. Aber dann sollten sie ihre Schnittchen alleine essen. Aber dann schreib‘ das doch mal! Das könnte interessant sein.“, forderte sie:

„Heute war ein guter Tag. Heute aß ich Schnittchen. Die Welt, wie ich sie sehe, ging unter. Aber ich esse Schnittchen. Ich esse sie nicht. Ich kaue sie nur. Die Welt, ist weg. Aber jetzt da sie weg ist, weil keiner auf meine Warnungen gehört hat, kann ich endlich in Ruhe Schnittchen kauen. Später gehe ich noch an den See. Dort kaue ich dann weiter Schnittchen. Lag es an mir, daß die Welt, wie ich sie wünschte, verging? Ich sitze hier und kaue Schnittchen. Ich kaue nicht viel. Den Rest hebe ich mir für morgen auf. Morgen gründe ich eine neue Welt. Auf dem Rückweg von meinem See stelle ich mir meine neue Welt schon mal in Gedanken vor. Auf alle Fälle sollte sie Schnittchen haben. Aber die Schnittchen dürfen nicht die Kontrolle über die Menschen erlangen. Geld darf nicht an Zeit gebunden sein, wenn es schon Geld gibt. Zuhause entwerfe ich eine neue Welt. Eine Welt, die wie meine nicht untergegangen ist.“


Da gibt es die Teenager, die laut Ausweis schon Tweens sind, und jetzt ihre Zimmertüre zuknallen und die Musik laut aufdrehen – und das Zimmerschild – Stop! Mein Zimmer, meine Regeln, Mama! – wackelt bedrohlich.

„Man hofft, daß sie ihre Mama beim Schlafen nicht mit hundert Messerstichen niedermetzeln.“, sagte ein sichtlich geschockter Proband. „Und erst mal drüber diskutieren müssen: Der hat gesagt, dann hat die gesagt, dann hat der wieder was gesagt, aber ich habe Recht, dann hat die wieder was gesagt, dann gab’s Kartoffelbrei von Mama, aber der war aggressiv. Mentale Gewalt wird selten thematisiert. Kohlenhydrierte noch weniger.“

Die Testgruppe war sich mehrheitlich einig: „Und da gibt es die, die zwei bis viermal im Monat etwas schreiben, und man bewundert neidlos, daß man dadurch seine Miete und sein Essen zahlen kann.

Aber das sind dieselben, die schon innerlich gekündigt haben und bis zum Jahrzentende ihr Zeilenhonorar versaufen. Mit Hühnerbrühe. Mit Leitungswasser. In der Badewanne. Bis 30 Grad. Brrr, scheiß beschissen kaltes Leben! Erst mal über andere schreiben: Promis oder Instagramer?“

„Laßt doch Promis mal in Ruhe! Das sind scheiß normale Menschen, die nur in Ruhe ihr Ding machen wollen!, möchte man ihnen in ihren Bademantel zuraunen.“, berichtete eine entnervte Teilnehmerin. „Schreib‘ doch mal über Dich, zittriges Wesen! Mach‘ Dich Mensch!“

Eine andere Teilnehmerin des Experiments gab zu Bedenken: „Bis 30 – könnten sie über sich schreiben – müssen sie sich keine Mühe mehr geben. Ab 30 geben sie sich dann wieder Mühe. Dann sind sie nicht jung. Jung ist wie unbenutzte Füße haben. Bis 30: Ja, Füße! Guck! Gei-el! Ab 30 – iieh, Füße! – wird der Gang zur Pediküre immerhin gedanklich schon eingeplant. Auch darüber zu lesen, wäre interessant – also wie sie ihre Jugend versaufen. Mit Hühnerbrühe, mit Leitungswasser –, aber sie sind ganz brav:

Manchmal, in rebellischen Momenten, liest man, wie sie bei Rot über die Ampel gingen. Nachts um 4. Bei erliegendem Verkehr und Tumbleweed.“


Warum dann überhaupt andere lesen?, war die abschließende Kontrollfrage der amerikanischen Wissenschaftler.

„Mit dem Lesen könnte man dann ihr aufregendes Rockstar-Leben leben. Warum überhaupt von anderen lesen?

Hey, Du bist ein Rock-Star! Du sollst mich unterhalten! Du bist cool und geil und abgefuckt! Du sollst Langweiler wie mich rocken! Mit dem Schreiben könntest Du ein Hotelzimmer zertrümmern! Aber so, daß man auch das Hotelzimmer mieten würde!

Also tu es auch!“


Ach, doch nicht.

Wieder kein neuer Tab.

Lautete das Fazit der amerikanischen Wissenschaftler.



Als nächstes widmeten sie sich dem Aufstieg von Schlagzeilen als Artikel.








*








(Ode/r an die Zeit, als man noch Artikel „Tab in neuer Registerkarte öffnen“ las. Es soll ja Zeitungen geben, da ist die Schlagzeile schon der ganze Artikel. Denen gehört die Zukunft. Seitdem Autoren das Schreiben boykottieren, gehört denen die ganze Zukunft. Ich habe in dieser Nachrichten-Woche vielleicht ganze drei Artikel angeklickt. Seit längerem klicke ich gar keine Artikel mehr an. Ich ertappe mich dabei, meine eigenen Geschichten zu lesen. Vielleicht schreibe ich nur, um etwas zum Lesen zu haben. Das macht glücklich. Wer sich selbst als Leser hat, ist nicht auf die Unterhaltung anderer angewiesen. Früher las man eine Zeitung, um sich zu amüsieren. Heute reicht es, selbst zu stricken.)







Samstag, 20. Januar 2018

„All die schönen Menschen“ – Man kriegt den Kiez, nicht aus dem Dorf, aber, das Dorf, nicht, aus dem Kiez


Menschen mögen sehr wandelbar sein. So, das wäre es schon. Mehr gibt es da nicht zu erzählen.

Menschen mögen sehr wandelbar sein, gibt es nicht mehr zu erzählen, wenn sie von einem Dorf zum nächsten Kiez wandeln. Dort eingezogen, gibt es nicht mehr zu erzählen, richten sie dann ihr Dorf im Kiez ein. Und sind dann schon sehr stolz, gibt es nicht mehr zu erzählen, auf ihren Kiez.

Sie loben dann die Vorteile: Daß man sehr viele unterschiedliche Lieferdienste für sehr viele Geschmacksrichtungen zu sich nach Hause bestellen kann. Wenn es unbedingt ein pankrautischer Teigfladen aus Transnistrien sein soll, dann könnten sie ihn zu sich nach Hause bestellen. Aber. Ist ein pankrautischer Teigfladen auch sehr umweltverträglich? Also lieber nicht den transnistrischen Teigfladen bestellen. Lieber die Pasta Pantaleckerteller aus dem Lieblingsdongle, bei dem man den Doggy-Bag noch aus echtem Hundefell macht. Dort bürstet man ihn noch in die Richtung der Fellzeichnung, lobt man die Vielfalt der Auswahl, die man hätte, hätte man den Teigfladen doch aus Transnistrien bestellt, und nicht den Pantaleckerteller aus der Lieblingskimme.

Wenn man Menschen fragt, wie sie Menschen aus einem Kiez finden, dann sind sie nicht sehr angetan. Das tut Menschen aus einem Kiez weh. Daher ist das auch gut, das zu sagen. 

Alles, was Menschen aus einem Kiez wehtut, ist gut, daß man das sagt. Denn Menschen aus einem Kiez sind sehr verletzlich. Und dann sollte man diese verletzlichen Menschen verletzen. Denn Menschen aus einem Kiez ziehen ja aus einem Dorf, weil sie sehr verletzlich sind. Letztlich sind sie aus einem Dorf in einen Kiez in einem größeren Dorf gezogen.

Das macht sie größer verletzlich, als wären sie noch im Dorf, wo sie kleiner verletzlich wären. Und alles, was größer ist, ist besser, sagen auch schon Bäume. Man stelle nur ein kleines Bäumchen neben einen großen Baum, und dann sieht man, daß der große Baum besser ist als das kleine Bäumchen.

Niemand sollte den Versuch wagen, Größe mit Kleine zu vergleichen. Größe ist besser, Kleine ist schlechter. Die Größe braucht die Kleine nur zum Vergleich. Für mehr braucht man die Kleine nicht.

So, da daß jetzt geklärt ist, sollte man sich auch nicht weiter mit der Kleine beschäftigen, sondern nur mit der Größe. Die Größe ist eindeutig besser, weil sie Größe ist. Und alles, was größer im Vergleich zu einem selbst ist, ist eindeutig besser. Da aber der Mensch nicht wesentlich größer ist als ein anderer Mensch, begegnen Menschen aus einem Kiez diesem Problem auf kluge Art. Sie sind einfach größer. Menschen aus einem Kiez, die aus einem Dorf kommen, und in einen Kiez in einem größeren Dorf ziehen, ziehen dort als große Menschen ein. Der Kiez ist dort dann auf große Menschen eingerichtet.

Aus Platzmangel können die Kiezwohnungen nicht größer gemacht werden, aber sonst ist alles größer: Die Schokoriegel sind größer, die Sitze im öffentlichen Personennahverkehr sind größer, die Türen sind nicht größer, weil sie sonst die Menschen aus dem Kiez kleiner machen, wenn sie durch die Türen gehen, aber sonst ist alles größer. Auch die Verabredungen mit anderen Menschen sind größer, weil die Menschen aus einem Kiez größer sind. Die Gespräche sind größer, und ja, auch die Cappuccini sind größer, die man bei größeren Verabredungen beim größeren Barista bestellt, und haben größere Namen. Sie heißen dann Filterkaffee in einem großen Becher an großem Keks. Auch das Trinkgeld ist größer. Die Ergebnisse der Gespräche am großen Bistro-Tisch sind auch größer. Die Verabschiedungen bei den größeren Freunden sind auch größer. Und die Versicherungen, doch mal vorbei zu kommen und nicht wieder so lange bis zum nächsten Treffen zu warten, sind auch größer.

Alles ist größer. Und alles, was größer ist, ist eindeutig besser, wie schon das Beispiel mit dem großen Baum und dem kleinen Bäumchen eindrucksvoll zeigte. Auch die Liebe ist größer. Und die Vorlieben sind größer. Die Sehnsucht ist größer. Die Träume sind größer. Auch das Amüsement ist größer. Und die Dinge, die einem innewohnen sind natürlich auch größer.

Da aber auch da Platzmangel herrscht, wie schon bei den Kiezwohnungen, müssen die größeren Dinge, die einem innewohnen, ausziehen. In einen größeren Ort, der größer ist als der Kiez, der kleiner ist, weil er ja nicht ausreichend Platz bietet, für die Dinge, die einem größer innewohnen. 

Auch wenn natürlich das größere Ich schon groß ist, weil alles groß ist im Kiez. 

Die größeren Dinge, die einem innewohnen – und hoffentlich doch größere Miete zahlen – ecken an die inneren Wände des Ichs an, besser an den Körper von innen, und verletzen ihn.

Deshalb sind Menschen aus einem Kiez auch so verletzlich. Die Innendinge schaben an der Innenhaut. Und das tut weh. Und deshalb tut das größer weh. Und alles, was größer ist, ist besser. Weil alles größer im Kiez ist. Und deshalb tut das größer-besser weh.

Daher ist es gut, noch mehr in die Innenwohnung eines Menschen aus einem Kiez zu stellen, damit die Möbel innen noch mehr gegeneinander schaben und quietschen und scharren und knacken.


Menschen mögen sehr wandelbar sein. So, das wäre es schon. Mehr gibt es da nicht zu erzählen.





*




(Ode/r an die Kleinstadt, die man im Inneren des eigenen Körpers sorgfältig aufgebaut hat. – Herr Märklin und seine Eisenbahnen *

* Was für ein schöner Roman-Titel das wäre, über einen Menschen, der auszieht, umzieht, einzieht. Dieser Roman müßte aber noch ein bißchen Action haben, damit man ihn mit Liam Neeson als Serien-Umzieher verfilmen könnte. Auch sollte ein Hund eine Rolle spielen. Und eine mysteriöse Nachbarin, bei der Männer immer in die Kiezwohnung gehen. Aber keiner kommt je wieder heraus. Das ist der Catch des Films und die Auflösung ist verblüffend.

Man könnte den Film auch „All die schönen Menschen“ nennen. Und dann wäre die Auflösung noch verblüffender. Und Liam Neesons Erstaunen auch größer.)