Einreise
Es gab Probleme –
nicht mit den Zehennagelresten, die ließen sich mit viel Worten und wenigen
Luftzügen beheben, man unterstellte dem Windstoß, der dadurch entstand, sie
über die Grenze geblasen zu haben, und dem Wind war noch in keinem Land samt
Mitbringsel die Einreise verwehrt worden – mit dem Schlagbaum. Mit dem nun
auch wieder nicht, der ließ sich bequem öffnen. Mit dem Schlagbaumwärter. Mit
dem nun auch wieder nicht. Er blieb in dem Schlagbaumwärterhäuschen gefangen,
weil noch immer mein Dicker Otto die
Tür blockierte. Mit der Höhe. Mit der nun auch wieder nicht. Mit der Länge.
Nein. Nicht mit der. Mit der Zuständigkeit.
Nachdem nun aber mit meinem Diplomatenpaß alles in
Ordnung schien und auch der Zollhauptmann nun die Anweisungen schrie – er regelte das nun mit dem kleinen
Grenzverkehr, das Serviettentuch fiel ihm dabei aus dem Kragen, zu viel dicker
Hals für zu wenig Halt –, öffnete sich der Schlagbaum, und so stand meiner
Einreise – so glaubte ich – ins Großherzogtum Liliput nichts mehr im
Wege. Bis. Ja, bis dem Zollhauptmann sein Fehler auffiel. Er schrie das Wort,
das ihm auf die Schnelle noch eingefallen war – Hlt! – und stellte sich dem Riesenzeh eines RIESEN in den Weg.
Mutig, ließ sich von hier oben nicht erkennen.
Der Zollhauptmann gesellte sich nun zum Schlagbaum,
kratzte sich am Kopf, befahl einen Zollstock herbei, maß den Schlagbaum ab – weil der kürzer war, ließ er an der Stange
klettern, einer der Befohlenen stieg auf Schultern, der andere auf deren, dann
der nächste, bis der Zollstock das Ende des Schlagbaumes fand, das in den
Himmel zankte, und so auch das rechte Maß –, kratzte sich am Kopf, nochmal,
maß nochmal mit den Fingern ab, die er sich vor die Augen holte, dann landete
die Zollhauptmannsmütze aufmüpfig auf dem Boden. Schrie das Wort, das ihm auf
die Schnelle aus der Krempe fiel – Krrt!
– und vor Ärger, den er nicht gewohnt war, weil er auch solche Worte nicht
gewohnt war, daß sie ihm in seiner kleinen Laufbahn noch einmal
entgegengebracht werden würden, trat er nochmal dagegen, dann wollte er
hinterher, weil die abschätzige Mütze drohte, über die Grenze zu rollen, was
bestimmt zu Verwicklungen mit dem Nachbarstaat führen würde, kam das ungewohnte
Rennen ihm nicht gelegen, blieb sie nun tatsächlich hinter der Grenze – auf Höhe meines Kleinen Ottos –
liegen.
Und wollte sie ihm schon – der Einfachheit – hinüberditschen, doch das führte nur zu mehr
Verärgerung, warum ich mich schon wieder einmische, man sei ein souveräner
Staat und lasse sich von niemanden, von einem RIESEN schon gar nicht, etwas
diktieren. Erst recht nicht. Die Mütze müsse erst vom Nachbarstaat deklariert
werden, die Ausfuhr müsse bestätigt werden, die Wiedereinfuhr genehmigt und dann
müsse noch sichergestellt werden, ob kein Vorsatz vorläge. Weil, wenn. Aber das
ging in dem Klein-Klein nun unter, weil sich die Grenzbeamten nun gegenseitig
die Vorschriften unter die Nasen rieben –
die vom Nachbarstaat kamen aufgeregt dazu –, während meine anfing, zu
jucken. Eine Wolke verirrte sich in ein NASENLOCH.
Ich überlegte kurz, ob ich die Mütze nicht einfach
niedertrampeln sollte, wollte meinen Fuß aber nicht bewegen, um nicht noch mehr
Probleme zu verursachen, und, ich, und, ich, und ich mußte niesen. RIESENNIESEN.
Das Niesen aber wirbelte die Grenzbeamten durcheinander, so daß jetzt einige
drüben und andere hüben auf dem Boden lagen. Was ich nicht wußte: das sollte
mir bei der Einreise noch Probleme bereiten. Weil nun ein Grenzkonflikt drohte.
Von kleinem Ausmaß! Ich kramte meine Gelassenheit aus dem Kulturbeutel, den ich
immer am Körper bei mir trug, fand darin zufällig ein Taschentusch, putzte mir
die NASE, tat so, als wäre nichts geschehen, überlegte kurz, es einfach auf die
Kleinlichkeit zu werfen – der Einfachheit
–, besann mich aber und steckte es wieder zurück in den Beutel. Die
Probleme eines RIESEN mit den Zwergstaaten. Ich kramte meine Gelassenheit
heraus. Und kramte.
*
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