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Miniaturen des Absurden

Betrete mit der Miene der Abfälligkeit und erhalte Einlaß

Vom Jardin du Luxembourg zum Panthéon brauchte es schon mehr als platonisches Innehalten, um sich Gehör für Gesehenes zu verschaffen. Da...

Samstag, 9. August 2014

Berichte aus Liliput


Einreise, 2. Teil


Es gab Probleme – nicht mit dem Kleinkrieg, der ließ sich mittels der Vorschriften zum Waffenstillstand erklären, man betrachtete die grenzüberschreitende Mütze als Gastgeschenk einer Regierung an eine andere, die hinübergewehten Zollbeamte als Diplomaten und mich, nun ja, als Vorgang – mit dem Schlagbaum. Mit dem nun auch wieder nicht. Der war ja nun maßstabsgerecht offen. Mit dem Maßstab. Mit dem nun auch wieder nicht. Der war dem Zollhauptmann ja abhanden gekommen. Mit der Länge. Mit der nun auch wieder nicht. Mit der Höhe. Nein. Nicht mit meiner. Mit der Zuständigkeit.

Nachdem nun mit meinem Diplomatenpaß alles in Ordnung schien und auch der Zollhauptmann seine Mütze wiederbekam – als Gastgeschenk des anderen Kleinstaats an diesen nun – und er auch die rechte Kragenweite fand, um sich das Serviettentuch wieder einzustecken, und sich nun alles in Wohlwollen aufzulösen beschönigte, und weil man meinen Dicken Otto nun doch – widerwillig zwar, aber wieder – als Teil meines Ganzen betrachtete und das Visum, das überall seine Gültigkeit hatte,  ja dem Gesichte gelte – vorsichtshalber beorderte ich meinen Riesenzinken in die dafür vorgesehene Stelle zwischen den Augen zurück, pfiff dabei unschuldig –, stand nun meiner Einreise – so glaubte ich – ins Großherzogtum Liliput nichts mehr im Wege.

Bis. Ja, bis dem Zollhauptmann nach all der Kleinstaatstreiterei sein Fehler wieder einfiel. Der Schlagbaum war nun offen, die Mütze saß auf seinem Haupt, verkehrt herum ließ sich von hier oben nicht erkennen, doch schon landete sie wieder schmoppend auf dem Boden. Er hob sie schnell wieder auf – aus Fehlern werden auch Beamte klug, zumindest aus Fehlern werden Beamte – und knetete sie in Zollhauptmannehemannhänden, die gerade dem erwischten Zollhauptmannehefrauliebhaber seine zwanzigjährige Liebe erklärten, und beschieden mir, der seine Frau gar nicht kannte, daß seine Zuständigkeit an meiner HÜFTE endete. Die Lufthoheit von HÜFTE an bis zu den HAARSPITZEN obliege einer übergeordneten Behörde, weil ich ja den Luftraum tangiere, also gleich der Luftwaffe. Um nicht noch mehr Verwirrung zu stiften, feuchtete ich – der Einfachheit – meine riesigen HANDFLÄCHEN an und striegelte meine HAARE platt. Was aber zu noch mehr Verärgerung führte, warum ich mich schon wieder einmische, man sei ein souveräner Staat und lasse sich von niemanden, von einem RIESEN schon gar nicht, etwas diktieren.

Die Höhe müsse erst vom Luftfahrtsministerium vermessen werden und dafür müßte man erst die modernen Fesselballons, die man sich gerade angeschafft hatte, mit heißer Luft befüllen und dann müßte mit einem Seil, einem Lotfaden, der Abstand von KOPF – zum Glück erwähnte der Zollhauptmann den Scheitel nicht mehr – bis HÜFTE, er schätzte von seinem kleinen Standpunkt den Gürtel als Mitte ein mittels Pi mal Däumling, beziffert werden. Die Höhe von Fuß zu Gürtel müßte er danach wohl schätzen, dann alles umrechnen, dann alles noch mal gegenrechnen, einen im Sinn, dann nach Adam Riese, dann nach der hier nun mal gültigen Norm Adam Klein – er verlangte schon mal nach einem Abakus.

Ich überlegte kurz, ob ich die schon aufsteigenden Fesselballönchen nicht einfach Pi mal DAUMEN zwischen Daumen und Zeigefinger zerquetschen sollte, wollte meine HÄNDE aber nicht bewegen, um nicht zu viel Böen zu verursachen, damit die zerbrechlichen Ballönchen nicht noch über die Grenze in das Nachbarland gesogen werden, was sicher wieder zu Grenzstreitigkeitereien führen würde, und kramte stattdessen meine Gelassenheit aus dem Kulturbeutel, den ich immer am Körper bei mir trug, fand darin zufällig ein Deo-Spray, sprühte mir unter die Achseln, wollte das Land nicht mit den Düften der Reise betreten, besann mich aber zu spät. Was ich nicht wußte: das sollte mir bei der Einreise noch Probleme bereiten. Weil sich nun ein entzündliches Gemisch mit der Luft bildete und die Heißluftfesselballons mit ihren Brennern nun damit anfreundeten. Plopp. Plopp. Plopp. Ploppplopp. Ups. Ich steckte das Deo-Spray wieder zurück in den Beutel. Die Probleme eines RIESEN mit den Zwergstaaten. Ich kramte meine Gelassenheit heraus. Und kramte.






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