Einreise,
2. Teil
Es gab Probleme –
nicht mit dem Kleinkrieg, der ließ sich mittels der Vorschriften zum
Waffenstillstand erklären, man betrachtete die grenzüberschreitende Mütze als
Gastgeschenk einer Regierung an eine andere, die hinübergewehten Zollbeamte als
Diplomaten und mich, nun ja, als Vorgang – mit dem Schlagbaum. Mit dem nun
auch wieder nicht. Der war ja nun maßstabsgerecht offen. Mit dem Maßstab. Mit
dem nun auch wieder nicht. Der war dem Zollhauptmann ja abhanden gekommen. Mit
der Länge. Mit der nun auch wieder nicht. Mit der Höhe. Nein. Nicht mit meiner.
Mit der Zuständigkeit.
Nachdem nun mit meinem Diplomatenpaß alles in
Ordnung schien und auch der Zollhauptmann seine Mütze wiederbekam – als Gastgeschenk des anderen Kleinstaats
an diesen nun – und er auch die rechte Kragenweite fand, um sich das
Serviettentuch wieder einzustecken, und sich nun alles in Wohlwollen aufzulösen
beschönigte, und weil man meinen Dicken
Otto nun doch – widerwillig zwar,
aber wieder – als Teil meines Ganzen betrachtete und das Visum, das überall
seine Gültigkeit hatte, ja dem Gesichte
gelte – vorsichtshalber beorderte ich
meinen Riesenzinken in die dafür vorgesehene Stelle zwischen den Augen zurück,
pfiff dabei unschuldig –, stand nun meiner Einreise – so glaubte ich – ins Großherzogtum
Liliput nichts mehr im Wege.
Bis. Ja, bis dem Zollhauptmann nach all der
Kleinstaatstreiterei sein Fehler wieder einfiel. Der Schlagbaum war nun offen,
die Mütze saß auf seinem Haupt, verkehrt herum ließ sich von hier oben nicht
erkennen, doch schon landete sie wieder schmoppend auf dem Boden. Er hob sie
schnell wieder auf – aus Fehlern werden
auch Beamte klug, zumindest aus Fehlern werden Beamte – und knetete sie in
Zollhauptmannehemannhänden, die gerade dem erwischten
Zollhauptmannehefrauliebhaber seine zwanzigjährige Liebe erklärten, und
beschieden mir, der seine Frau gar nicht kannte, daß seine Zuständigkeit an
meiner HÜFTE endete. Die Lufthoheit von HÜFTE an bis zu den HAARSPITZEN obliege
einer übergeordneten Behörde, weil ich ja den Luftraum tangiere, also gleich
der Luftwaffe. Um nicht noch mehr Verwirrung zu stiften, feuchtete ich – der Einfachheit – meine riesigen HANDFLÄCHEN
an und striegelte meine HAARE platt. Was aber zu noch mehr Verärgerung führte,
warum ich mich schon wieder einmische, man sei ein souveräner Staat und lasse
sich von niemanden, von einem RIESEN schon gar nicht, etwas diktieren.
Die Höhe müsse erst vom Luftfahrtsministerium
vermessen werden und dafür müßte man erst die modernen Fesselballons, die man
sich gerade angeschafft hatte, mit heißer Luft befüllen und dann müßte mit
einem Seil, einem Lotfaden, der Abstand von KOPF – zum Glück erwähnte der Zollhauptmann den Scheitel nicht mehr – bis
HÜFTE, er schätzte von seinem kleinen Standpunkt den Gürtel als Mitte ein
mittels Pi mal Däumling, beziffert werden. Die Höhe von Fuß zu Gürtel müßte er
danach wohl schätzen, dann alles umrechnen, dann alles noch mal gegenrechnen,
einen im Sinn, dann nach Adam Riese,
dann nach der hier nun mal gültigen Norm Adam
Klein – er verlangte schon mal nach einem Abakus.
Ich überlegte kurz, ob ich die schon aufsteigenden
Fesselballönchen nicht einfach Pi mal DAUMEN zwischen Daumen und Zeigefinger
zerquetschen sollte, wollte meine HÄNDE aber nicht bewegen, um nicht zu viel
Böen zu verursachen, damit die zerbrechlichen Ballönchen nicht noch über die
Grenze in das Nachbarland gesogen werden, was sicher wieder zu
Grenzstreitigkeitereien führen würde, und kramte stattdessen meine Gelassenheit
aus dem Kulturbeutel, den ich immer am Körper bei mir trug, fand darin zufällig
ein Deo-Spray, sprühte mir unter die
Achseln, wollte das Land nicht mit den Düften der Reise betreten, besann mich
aber zu spät. Was ich nicht wußte: das sollte mir bei der Einreise noch
Probleme bereiten. Weil sich nun ein entzündliches Gemisch mit der Luft bildete
und die Heißluftfesselballons mit ihren Brennern nun damit anfreundeten. Plopp. Plopp. Plopp. Ploppplopp. Ups. Ich steckte das Deo-Spray
wieder zurück in den Beutel. Die Probleme eines RIESEN mit den Zwergstaaten.
Ich kramte meine Gelassenheit heraus. Und kramte.
*
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