"Hallo" ist das Pfandleihhaus des "Aufwiedersehn"...



Miniaturen des Absurden

Betrete mit der Miene der Abfälligkeit und erhalte Einlaß

Vom Jardin du Luxembourg zum Panthéon brauchte es schon mehr als platonisches Innehalten, um sich Gehör für Gesehenes zu verschaffen. Da...

Samstag, 23. August 2014

Sarg-Tide


Eine Frau geht ins Wasser… in Frankreich, irgendwo.


1266, Ocean Drive, Blick aufs Meer, Freitag-Nacht, Nieselregen, Frisco in der Nase. 



„Sarg-Tide...“

Sarg-Tide würde van Saint sagen. Wegen der Maserung. Weil das Wasser sich so glatt anfühlte wie ein Oak Tree von Barrin's in der 23., Ecke ‚Voluptuous‘.

Die besten T-Bone-Steaks der Stadt. Das halbe Council ging dort essen. Der Police Chief und der stellvertretende Bürgermeister. Der Besitzer Ona

Ein Japs, der nach der Importation den Laden von Artie Shaw übernahm. Weil der sich übernommen hatte. Mit dem heimlichen Boss der Stadt: Double-Day Jay.

Der Dying Dutchman. Beide steak-besessen. Und nur er nicht ohne konnte. Und der Japs Ona flink mit seinen Seppuko-Messern.
Keiner löste das Fleisch so schnell aus den Keulen heraus wie er. Und so sauber.

Immer freitags fuhr der Dying Dutchman im Duesenberg vor. Mit seinen Gorillas.
Und lieferte. Nachschub. Wenn er einen Double-Day bestellte, dann zuckten die Serviererinnen in ihren rosa Uniformen, hip-Style, slipless. 

Die T-Bones waren nicht der einzige Grund, warum der Laden so gut lief. Sandy war seine beste Stute: Spitzname ‚Arkansas' – Ah–can–soah. 

Er war vernarrt in ihr ‚ah', in ihr ‚can', in ihr ‚so–ahh'. Und nicht ohne Steak konnte. Er ließ sich bedienen. Dann die Gäste.

Was nur Ona, Double-Day und ganz wenige wußten:
Er löste die Keulen aus dem Fleisch der ‚Angelegenheiten' heraus. À la Carte.
Als erstes tischte er so Artie Shaw auf:

Der Chief ließ ihn sich schmecken.

„Sarg-Tide...“

Sarg-Tide würde van Saint sagen. Wegen der Maserung des Meeres.

„Marl. Sie wird nicht kommen.“

Green-H, H wie in ‚Age‘ – oder ‚Greenwich‘ irgendwo in Europa – spuckt mir mit seiner Taschenlampe ins Gesicht. Ich nehme sie ihm ab. Leuchte seines aus.

Das lag irgendwo zwischen Westcoast und Nebraska. Green-H. Ein Green-Horn. Mein neuer Partner. Ging sogar aufs Collage. Wie in ‚Age'. Daddy brachte das Geld ein.

Versuchte sich erst als Pathfinder, dann als Cop. Ich sammelte ihn von der Straße. Er steckte nur die kleinen Scheine ein. Einer der guten.
Den ‚George' fürs Weggucken rührte er nicht an. So landete er auf dieser vor dem Meer.

„Marlowe. Sie wird nicht kommen. Hier.“

Etwas flattert in seiner Hand. Er faltet die Welt auseinander. Eine Karte.

„Wenn sie aus Frankreich kommt, dann schwemmt sie der große Teich zur Ostküste.“

Ich schubse ihn weg und reiße ihm die Welt aus den Händen!

Ich ziehe an meiner Kippe. Schiebe sie über trockene Lippen von einer Küste zur anderen.

„Where the fuck is... Frankreich..? Biarritz..?!“

Die Karte flammt auf. Im Scheinwerferlicht wird das ganze Ausmaß der Biscaya sichtbar.
Orte, von denen ich noch nie was hörte. Berge, Highways.

Die Gorillas stellen sich vor den Duesenberg. Gamaschen heben sich aus dem Fond. Jay.
Der Dying Dutchman.

„Sie-wird-nicht-kommen, Marlowe.“, sagte er in seinem abgehackten Dutch-Slang.

„Sie wird nicht kommen.“

Er gibt den Gorillas ein Zeichen und nestelt an seinem Bulbury, den er immer trug, wenn er wieder für Ona ‚lieferte‘.

„Falsche Küste.“

1266, Ocean Drive, Blick aufs Meer, Frisco in der Nase.


Sarg-Tide, würde van Saint sagen...






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