"Hallo" ist das Pfandleihhaus des "Aufwiedersehn"...



Miniaturen des Absurden

Betrete mit der Miene der Abfälligkeit und erhalte Einlaß

Vom Jardin du Luxembourg zum Panthéon brauchte es schon mehr als platonisches Innehalten, um sich Gehör für Gesehenes zu verschaffen. Da...

Dienstag, 16. September 2014

Hackenzack auf Zehenspitz


Knisterfalten ähnlich Blätterteig beim Walzen, dann kneteten sie Maßbandhände auf, was Licht in mein Tasche brachte, griffen nach oben zu den Vorhangringen, Adern, dicke, weiße, Leberflecke, Bildhauerhaut mit Stemmeisendaumenägeln, auf denen ein Leben im Handwerk einhämmerte, umspielten wie ein Schattenmaler mit inversen Fingerflügeln die Vanity Vagina der Stehgarderobe und spreizten sie am Rund der Silberhängestange auf.

Was Licht in meine Tasche brachte, auch wenn ich mir das Innenfuttermuster nicht merken mochte, wischte sich Knetemehl an der Weste eines gedachten Dreireihers ab, wo Flusen waren, neben mir, in aufgelegter Behilflichkeit der Alten Schule, Negerlippen in der Größe eines bedienenden Dustin Hoffman, der Ladeninhaber:

„Goldschmit.“

Hackenzack auf Zehenspitz.

Und Kippenkinn: „Zu wünschen.“

Zu wünschen. Da war es wieder. Dieses Wort, das sich keine Fragezeichen erlaubte. Zu wünschen. Zu streicheln. Zu streicheln an der Schläfe. Von den Fingerrücken herab zur Wange. Um die Wärme auch dort zu spüren. Was überraschend war, und man nicht in Fäusten vermutete, wo zwei Boxer sich begegneten. Wozu Hände fähig waren.

„Nur umsehen.“

Nur umsehen. Kein ganzer Satz. Nur umsehen. Dieses Wort, das sich keine Höflichkeiten erlaubte. Zu umschmeicheln. Von den gelegten Lidern herab zu den Lippenangeln. Um auch dort die Wärme zu spüren. Was überraschend war, und man nicht in Türen vermutete, wo zwei Ansichten sich begegneten. Wozu Augen fähig waren.

„Ich...“

…hob die Hand. Nur leicht. Zum Gruß. Höher als gewohnt. Vor das Kinn. Was überraschend war. Um seine abzuwehren. Vor dem Streicheln. Vielleicht.

Vielleicht wartete ich auch auf Einlaß. Nur Herr Goldschmit gab mir zu verstehen, daß ich schon drin war.

Er drehte sich um, schloß die Stehgarderobe, drehte sich wie man es nur konnte, wenn man Kundschaft bediente, und wechselte zum Tresen hinüber. Dort weigerte er sich, sich von diesem zu trennen. Wozu diese Stehgarderobe da war, gerade da, wo sie war, wollte ich mir später in Erfahrung bringen.

Ich nutzte die Schwerkraft – noch immer Cary Grant – und ließ die bestellte Hand wieder von der Tasche, diesmal der Hosentasche, einfangen. Elliptisch. Elliptisch ging der Impuls in den schlackernden Stoff über. Vier, fünf Schritte. Vor den Regalen. Lag ein Dime. Steckte die zweite in die Tasche, und schaute auf ihn herab wie Nils Holgersson auf Gans Gustav fliegend hinunter zu seinem Bauernhof, für ihn das Zuhause, für den anderen das Feuer, nur, um beide gleich wieder in gewohntere Schranken zu legen. Bückte mich, hob ihn auf, noch immer in Hocke, ein Arm noch immer in Schranke, hielt ihn jetzt fest zwischen zwei Fingern – welche, wußte ich nicht mehr, vielleicht, weil ich gleich anfing damit zu spielen –, und im selben Augenblick da ich hinab sank stand der Tresen auf.

Neben Herrn Goldschmit, der davon kaum Notiz nahm, hievte sich mit Angellippen aus dem Grund hoch in die Stelze ein breites Lächeln:

Eine Bauchvase, Ming oder so.

Ich stand auf. Da stand sie ab. Ich ging in die Hocke, weil mir der Dime aus den Fingern rutschte, da stand sie auf. Jedesmal, so glaubte ich – die Vorgänge wiederholten sich –, einen anderen Gegenstand des Interesses in beiden Händen gesehen zu haben. Ich stand auf, da hob sie eine Schüssel hinunter.
Ich stand ab, da holte sie eine Wasserpfeife aus Silber nach oben. Ich stand auf, sie stand ab. Ich stand ab, sie stand auf. Hackenzack auf Zehenspitz eben.

Was blieb: War ihr Lächeln.

Und daß ich den Dime bestimmt im Werte eines Dollars verlor.

Keiner der Regenmäntel schaute herüber.






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