Das Theater in den Hang gebaut. Schauplatz. Staubige
Worte. Drama.
Trugen sie Sandalen. Und wie immer, wenn das Schicksal
den Platz in Sandalen betrat, trugen sich die Schritte bis zu den oberen Rängen
knirschend fort.
Die Ordnung,
die Veränderung, die Unentschiedenheit. Trat am Ende noch ein
Schauspieler hinzu. Hinter einer Maske verborgen: Die Heuchelei.
Wir beginnen mit einem Ansinnen. Dort von der Seite,
aus einer der Öffnungen des festen Hintergrundes, betrat die Ordnung den Platz. Still, wir wollen sie
nicht bei ihren Gedanken stören, und lauschen, wie es sich gehört, mit unterdrücktem,
gespanntem Atmen…
„Ich stelle mich vor: Ich bin die Ordnung.“, sagte Thyestes stolz. „Die Ordnung
ist allumfassend. Und nichts umgreifend. Ich bin sichtbar. Ihr könnt mich
sehen. Was man sieht, kann man befragen. Hier stehe ich. Unantastbar.“ Applaus.
„Aber nicht unangreifbar.“ Dymelia stellte keine Fragen. Sie war.
Die Veränderung
betrat den Platz, in Sandalen ebenso, schwanger. Und darum ging es. Umarmte Dymelia ihren Bauch, dann öffnete sie
die Arme, zum Publikum.
Wer war der Vater?
Wer war der Vater?
„Mein Kind trägt Deinen Samen. Aber meinen Willen.“,
sagte die Veränderung und änderte die
Tatsachen. „Die Ordnung, die Veränderung, die Unentschiedenheit läßt sich noch nicht blicken. Das Kind wird die Gefühle sein.“, legte Dymelia all ihren Mut in ihre Worte.
Applaus.
Thyestes
wiegelte ab: „Kommt es auf die Welt, wenn, setze ich es in den Bergen aus. So,
wie es immer war. Mit der Macht der Ordnung. Wie es sich gehört. Nichts wird
sich ändern. Und trage weder für das Schicksal des Kindes eine Schuld. Noch bin
ich der Vater. Werden die Tage und die Nächte unter freiem Himmel darüber
entscheiden, ob es lebt. Und ob es jemand findet, der es aufzieht. Für wen es
eine Veränderung vorsieht. Für mich, für Dich. Oder die Unentschiedenheit. Ist
es gleich. Kein Vater, kein Werden. So bleibt’s.“
„Keine Mutter, kein Sein.“ Dymelia bezeugte mit ihrem Leib.
„Keine Mutter, kein Sein. Das stimmt.“, pflichtete Thyestes langsam bei – und zückte einen
Dolch! Er hielt ihn hoch. Dann durchs Rund des Publikums. Stille.
„Ohne Publikum, keine Worte. Kein Applaus. Warum
zeigst Du den Dolch dem Publikum – und nicht Dymelia? Sie steht für die Veränderung.
Man kann Dich fragen, sagtest Du.“ Agnolion
betrat den Platz in seinen Worten fragend und stellte sich zwischen die Ordnung und die Veränderung, näher, doch, zum Publikum. Er war die Unentschiedenheit.
Vom Publikum keine Worte.
„Ohne Worte, kein Publikum. Dolche sprechen ihre
Sprache.“
„Die Heuchelei spielt ein anderer. Aber wer von uns
Dreien? Oder ist sie schon zugegen? Ich, die Unentschiedenheit, stehe hier und frage das Publikum, damit das
Drama zu Ende geht:
Soll das Kind leben?“
Alle stellten sich in eine Reihe.
„Es hat keinen Vater. Zumindest keinen, der sich
bekennt. Wißt ihr, was das bedeutet? Ich sage nein.“ Thyestes war die Ordnung.
„Es hat eine Mutter. Dann hat es auch einen Vater.
Es wächst in mir. Ich bin der Beweis. Wißt ihr, was das bedeutet? Ich sage ja.“
Dymelia war die Veränderung.
„Vater. Mutter. Mag alles sein. Mag alles nicht
sein. Aber wofür steht denn dieses Kind? Wird dieses Kind alles verändern, wird
dieses Kind geboren. Wird dieses Kind nicht geboren, bleibt alles, wie ihr es
kennt. Ich bin unentschieden.“ Agnolion
war die Unentschiedenheit.
War noch Platz, in Aspendos. Schritte, Sandalen. Staub und Worte: Auftritt Heuchelei.
Stellte sich vor die Drei.
„Wem gelten denn diese Worte?“, fragte die Heuchelei und verbarg ihren Namen,
Gesicht hinter einer Maske, und ob der Mund besorgt war oder lachte.
„Wer spricht hier mit wem? Und spricht nicht jeder
seine eigenen Worte? Wem sind sie genehm? Am Ende eines Dramas wird immer ein
Kind sterben. Ich wiederhole: Am Ende eines Dramas wird immer ein Kind sterben.
Nicht die Ordnung, die Veränderung, die Unentschiedenheit oder gar die Heuchelei.
Sie bleiben. Ist es das Wesen eines jeden Dramas. Läßt man die Worte raus nur
für Eitelkeit. Für Hoffnung. Für Gnade. Für Beständigkeit. War das Kind schon
tot, bevor es in Sandalen auf den Platz getragen wurde. Vor Publikum. Im
Werden. Bin ich der Vater: Die Heuchelei.“
Gab es dem Publikum zu denken. Gab es also einen
Vater, der sich bekannte. Hatte das Kind von nun an einen Namen. Und kam am
Ende doch noch auf die Welt. Entgegen allen Erwartungen.
Entlarvt sich die Heuchelei nur, weil’s ihr gefällt.
In Aspendos,
dort. In einem Drama.
*
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