"Hallo" ist das Pfandleihhaus des "Aufwiedersehn"...



Miniaturen des Absurden

Betrete mit der Miene der Abfälligkeit und erhalte Einlaß

Vom Jardin du Luxembourg zum Panthéon brauchte es schon mehr als platonisches Innehalten, um sich Gehör für Gesehenes zu verschaffen. Da...

Mittwoch, 1. November 2017

Das absolute Gehör


Ich will beichten.

Zu beichten ist immer der Ort, wo Tränen nicht ausreichen.
Ein Beichtstuhl zum Beispiel. Der besteht aus Holz. Oder ein Beichtstuhl am See zum Beispiel:

Dort am Wasser reicht kein Wasser aus...


...kein See reicht aus.

Der See will kein fremdes Wasser. 

Sein Wasser läßt sich nicht wässern.

Meine Tränen rinnen in Furchen über meinen Wangen.

Sie trotzen gegen.

In schmalen Flüchen.

So schmal kann kein Meer sein, wie ich als Rinnsal - wie der Englische Kanal zum Beispiel -, 

kein Krug so tief.

Kein krug so dunkel.

Meine Tränen fallen.

Und fallen, und fallen. 

Und fallen nicht ins Tief. Denn ich beichte (aber ich tu's nur heimlich):


Ich hörte Musik.


Solange es Luft gibt, trägt der Schall alles, denke ich noch dimmend.

Dann schnief.


Nein, das ist nicht lustig.

Musik ist nicht lustig. Dazu ist Musik viel zu ernst.

Musik ist viel zu ernst, um Musik lustig zu nehmen.

Wer Musik nicht spürt, der fehlt für die Welt.

Und wer für die Welt fehlt, der fehlt für die Welt der Musik.

Und wer für die Musik der Welt fehlt, wird besungen.

Und es werden so viele besungen. Wer vermißt soviel?

Wo sind die alle hingegangen? Zum See? Zum Schniefen?


Hier, in der Nähe ist ein See. Der hatte mal 'ne Bank.

Die Bank ist verschwunden. Haben sie die Bank gleich mitgenommen?

Beim Date am See mit Pods und Repeat und Shuffle?


Nachdem ich in Erfahrung brauchte - ich bin noch immer erschüttert, daß die betroffene Variante 'Alkohol' beinhaltet, wodoch ich doch gar nicht trinke -, daß die besoffene Variante von "Wadde-Hadde-Du-De-Da?!" "Walle-Halle-Lule-La?!" heißt, widme ich mich im Einvernehmen mit meinem Psychiater nun der Belletristik des gesungen Wortes.

"Rebel Yell" und "White Wedding" kannte ich schon von einer Frau:

Frauen hören sowas, Mädchen hören's nicht.

Weiß ich. Denn die haben das gar nicht verdient.

"Rebel Yell" und "White Wedding" haben Mädchen gar nicht verdient.

Und meine Tränen fallen. Und - schnief - fallen.

Mädchen hören's nicht.

Das Fallen der Tränen hören sie nicht. Trotz absolutem Gehör:


Denn Mädchen hören Musik.


Die hören was wie "Schnick-schnack-schnuck - ich wünsche mir Luck". Denn Luck (sprich: Lack) haben Mädchen sich verdient. Wie selbstverständlich. Haben die Luck verdient.

Zugegeben, wenn es um Musikgesang geht, bin ich der schlechteste unter denen, die keine Ahnung von Musik haben.

"Ich habe keine Ahnung von Musik.", sage ich dann immer. "Aber ich habe Ahnung von meinen Ohren.", banause ich dann immer.

"Aber Mädchen können singen. Denn Mädchen können klingen.", wagt mein inneres Erinnerungs-Tindersticks - Travelling Light und neckt und probt den Aufstand gegen die Musik der Mädchen:

"Aber Frauen kann man hören. Denn Frauen können röhren."

Auch wenn das natürlich natürlich ein Klischee ist: "...denn Frauen können röhren."

Musik-Mädchen dagegen mögen Prince-Musik mögen. Aber keine Musik, die man hören kann, sondern Musik, die man anziehen mögen kann. Mit einem Brautkleid zum Beispiel:

In der Musik werden Märchen, Märchen werden wahr.

Jedes Mädchen kann sich als Prinzessin in weißem Kleid daneben stellen, Volume Max und Lider schatten, wenn Prince George of Cambridge in St. Pauls zu seiner Thronbesteigung singt:

"Weil - mir - im Siegerkranz - der Mieder wamst."

Im Original:

"Rail - me - in hither glance - to wither, hence." - Featuring Prince Gee One introducing Flora Schmidt, ehemals Grundschülerin und Absolventin der Malklasse mit Buntkreide.

Ich wünsche Flora Schmidt allen Luck der Welt mit ihrem populären Princen.

Verständlicherweise brauchen sie auch nicht meine Erlaubnis. Mädchen brauchen keine Erlaubnis, wozu haben wir Mädchen? Aber meine Ohren, meine Ohren brauchen Erlaubnis!

Es ist bekannt, daß der Maler Edvard Munch auf seinem Platten-Cover "Der Schrei" feat. Farbe mit beiden Händen seine AirPods an seine Ohren preßt und laut Paramore mitsingt:

"Ah, und uh-hu. Wo ist mein Schuh."

Musik-Mädchen behandeln mich wie eine Baby-Born-Puppe, denke ich mit der Selbstgewißheit von Leitartikeln. Als wäre ich das Liebesereignis aus Flora Schmidt und Prince Gee. Sie singen (Die Band heißt 'Baby-Born', das Lied heißt 'Trink!', und das sind echte Lyrics!):

"Trink! Ich will sehen, daß Deine Tränen echt sind! Trink! Sie sollen aus Deinen Augen fallen!
Ja. Aus beiden!"

Lalala.

Und:

"Wenn 2 Liter Tränen nicht ausreichen, mußt Du unter Bäumen weichen."

Und:

"Du bist doof.", reimen sie dann immer. Weil, - doof - das reimt sich immer: Auf Love.

Nur wenigen ist bekannt, daß Edvard Munch sein Bild nicht "Der Schrei" nennen wollte, sondern "Love" nachdem seine Tochter eine Baby-Born-Puppe mit 2 Liter Leitungswasser fütterte und seinen "Schuh" nach einem von beiden werfen wollte. Was ich sehr einleuchtend finde.

Denn:

"Ich will Deine Tränen quietschen hören! 2 Liter reichen nimmer!" So singen Mädchen. Immer.

Dann bin ich fix und foxette und roxy:

"2 Liter Tränen reichen nicht? Ich bin doof? Du bist Dover.", schniefe ich dann, wenn ich das höre und sage wimmernd meiner verschwundenen Bank am See ab.

Und meine Tränen fallen, denn meine Tränen fallen schief.

Schniehiefend sage ich (denn beschniefen hält die Lebenswunde wie mit Kleber verbunden. Aber nur mit Muhusik):

"Und: 'Dover' ist wie 'Rover', nur mit 'D'. Bäh!"

Ich habe mich babybornisiert:

"Und ohne 'D' nur 'Over'", sage ich dann. Und sage noch:

"'Alles noch Rodscha in Kambodscha?!
Aber 'Roger' ist ein 'Oger'. Und der wartet nicht in 'Dover'.

Der watet in Schampanja.
In Mañana.

Und 'Lover' reimt sich noch auf 'Over'.
Wenn die 'Mother' Lack hat, ist sie Fakt.

Die Toffi-Fee. Die Toffi zaubert Schnee.
Und der 'Roger', der 'Roger' wartet nackt im See.

Schal-lala, Sham-bala!

Zitter-zatter.
'Roger' klappert.

Aber lange klackert er nicht. Mach' Dich auf.
Er wartet nicht auf Dich.

Und Anja trinkt schon Konjack.
In Hai-Heels.

Denn er muß noch untergehen.
Dann kannst Du ihn von unten sehen.

Und Pipi aus seinen Augenseen.
Anja flitzt auf Wheels.

Und mit Füßen an den Pilzen kannst Du oben stehen. Tack, tack, tack."


Dann bähe ich und strecke konstruktiv die Zunge heraus: Bääähhh! Und wische mir konstruktiv die Tränen aus den Augen. Musik baut auf..., denke ich,

...dem Prinzipat des Sich-Verbündens. Babybornisiert unter Baby-Born-Puppen.

Ich verbünde mich natürlich mit Baby-Born. Und proklamiere: Keiner wahrt die Musik-Rechte von Baby-Born!

Konstruktiv mit Zunge verbünde ich mich auch noch solidarisch mit meinen Augen. Die verbünden sich - 2 Liter Solidarität. Mit Zunge wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht.

"Definitiv bin ich erwachsen.", denke ich dann rebellisch erwachsen wie Menschen mit Abiturhintergrund beim Selbstfindungstrip in Kamschatka, während ich es nur nach Südfrankreich schaffte - aber trampend! - und klammer' mich an "Rebel Yell" fest.

Definitiv singen Mädchen dann, denn sie kennen keine Opfer:

"Verflucht seist Du! Und alle Deine Kinder. Und seien alle Inder, Deine Kinder, seist Du!
Verflucht ist so 'ne ganze Milliarde. Du. Und alle Deine Kindes-Inder. Herznarbe."

"Herznarbe? Wieso 'Herznarbe' denn?"

Sage ich dann.

Dann klinke ich mich aus und verstehe Youtube nicht mehr.

Warum hat man Youtube nicht einfach für Zoo-Besuche erfunden?, frage ich mich ernsthaft und suche erfolglos nach Zoo-Videos.


Doch Youtube singt noch weiter:

"Mädchen können nicht reimen. Alle kommen aus Heimen.", sagt Youtube mir und nennt sich Vevo.

"Wir kommen in Herden. Nicht aus Heimen, wir kommen aus Verden. An der Aller!", singen wir und wir alle sind mit Vevo hier.

Ein zweiter Vevo antwortet:

"Triller-Traller! - Youtube ist da sehr einfallsreich - Zum Werden aller kommt man nicht auf Pferden:
Gerda kommt zu Fuß. Die von iii-hr sind voller Ruß.
Denn Gerda geht nicht durch den Fluss. Zu reiten ist kein 'Muss'.
Und Shambala ist nur Stuss."

Ich wippe wieder mit.

Doch - man ahnt es schon - der Böse kommt:

"Mädchen sollen sich mal Mühe geben. Dann könnten sie ohne Mühe leben.", aber-vevo-singt ein Prince.

Aber nicht Prince Gee of Cee. Und Flora tanzt.

"Hey.", aberprinct der Prinz in mir, "Prinzessinnen müssen sich das nicht leisten lassen! Sie leisten sich die eigenen Tassen!"

Doch zum Luck, Mädchen singen und klingen nach und klingen danach:

"Männer sind wie Kühe: Sie kommen in der Frühe. Und gehen als Kälber in der Nacht."

Dann - hell-yell endlich - singen sie wie Frauen in den Auen, denke ich phallisch anerkennend mit mitgegebener Blockflöte aus dem Musikunterricht aus Grundschulzeiten.

Mein indischer Nachbar, der immer einen warmen, weichen Händedruck hat, und der zweitnetteste im ganzen Haus ist, und netter ist nur mein Nachbar, der aus Kaliningrad stammt, weil er mir schon mal ein Halbes Hähnchen geschenkt hat, und ein halbes, warmes Hähnchen ist nun mal mehr als ein warmer Händedruck, ahnt nichts von meinem Drama. Meine verheulten Augen erkläre ich mit dem Regen. Die Tränennarben auf meinen Wangen mit dem Narben vom Grill auf dem Hähnchen. Mit 'Rebel Yell' im absoluten Gehör drücke ich seine warme Hand etwas fester. Etwas fester drückt er zurück.

Musik verbündet.

Er hört wohl heimlich auch Musik. Wir beichten - schnief - es uns nur heimlich.






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