Sagte er mit seiner Fistelstimme.
„Ich helfe Ihnen jetzt mal bei den Buchstaben. Zaubern
kann ich nicht.“
„Nein, Dich kann ich nicht ernst nehmen.“, dachte ich
noch, bevor ich brach. „So nicht. Fistel nicht. Sitz gerade. Brust raus. Augen
voraus. Zappel nicht. Hier geht es um mich! Was wird aus mir! Aus meinem Leben!“
„Die FAZ lese ich nur sehr selten langweilige Zeitung“,
zuppelte er an seinem Knoll-Arbeitstisch.
„Öde und verknöchert.“, fistelte er weiter und futzelte an seinem Leitz-Ordner, als wären seine Worte
hochbrisant intellektuell safranskisch.
„Das letzte, was ich von ihr hörte, war, daß sie 70
Millionen Euro einsparen muß. Waren es 70
Millionen? Ich weiß es nicht mehr. Ich lese sie nicht. Und seitdem wir
keinen frischen Fisch mehr holen – die Fette,
sagt meine Frau – brauchen wir auch das Papier nicht mehr. Das war in den
Nullern. Die FAZ ist der Boris Becker
unter den noch aktiven Profi-Spielern, ha-ha, sagt meine Tochter. Man hofft,
daß sie ihre Pokale wiederfinden, für ausgezeichneten Journalismus. Puncht jetzt ihr eigenes Start-Up. Die armen, qualifizierten
Journalisten. Wer denkt an die? Aber deren
Schreibe gehört ja zu den flotteren. Sicherlich können sie fehlerfrei Formulare
ausfüllen. Formulare, Formulare, Formulare. Wo
ist mein Montblanc? Und bei dem Altersschnitt können sie sicher noch in
anderen Berufszweigen unterkommen. Wenn nicht, ich helfe Ihnen dabei. Die
Wirtschaft boomt ja. Man sucht jetzt Überqualifizierte für unterqualifizierte
Jobs. Kopf hoch. Das wird schon wieder. Bei RTL-2-News
suchen sie bestimmt kompetente, energische, reife Journalisten. Sie sind doch auf der Höhe der Zeit? Bei
der Presseschau im Ersten haben sie so wichtige Dinge gesagt. Der
Meinungsartikel war Ihnen schon sicher. Und
wie ist die Kantine so? Ja, da fängt es an. Sie merken es bei den
Salatblättern. Die werden nicht mehr handgezupft. Das hätte Ihnen eine Warnung
sein sollen. Aber Sie waren ja völlig ausgelastet. Unentbehrlich. Unvorbereitet.
Und beinahe, nach Ihrem grandiosen, großartigen und genialischen Artikel, hätte
man Sie fast zu Anne Will eingeladen. Tja, jetzt ist da nichts deraus geworden. Deraus. Ich bin so altmodisch. Sagt man
noch grandios? Großartig? Genialisch?
Tna. Sagen Sie das besser nicht bei Ihrem Vorstellungsgespräch bei RTL-2-News. Können sie Charts? Promi-News? Hätten Sie damals nur bei der
reichen Zeit angeheuert. Auch wenn das
Ihr Traumjob gewesen wäre. Aber jetzt ist das eine reine Frauenzeitschrift. Und
Sie waren ja immer so kritisch gegenüber Frauen. Oder beim Springer? Da wollen sie jetzt alle hinspringen. Beim Goldenen Blatt? Näh, da sind Sie
überqualifiziert. Ich soll Sie beraten. Zaubern kann ich nicht.“
– Kevinus von
der Kasüliusbresche, Journalist. Ich war ein Kopf, der dahintersteckte. Ich
frittiere jetzt Wedges für englische Banker.
Ich komme über die Runden. Glücklich. –
*
(Ode/r
an „Wenn ich mir etwas wünschen könnte – als durchschnittlicher
Leser, und damit bin ich schon glücklich –, wäre es, daß ein pfiffiger oder
eine pfiffige Pan-Millenial mit Start-Up-Verve die ‚Quick‘ oder ‚Die neue Revue‘ wiederbeleben würde. Reimagined wie ein
Singer-Porsche. So mit OLED-Papier und RFID-Chip-App-Schnickschnack. Sixty
Funky Pages. Ich würd’s lesen. ‚Sixty Funky Pages‘ wäre auch ein schöner Titel für sonstwas Lebendes. Freitags. Supermarkt.
Sonstige
Probleme sind nicht zu verzeichnen. ‚Sonstige Probleme sind
nicht zu verzeichnen‘ wäre auch ein guter
Titel für das peppige Magazin der neuen Revue.
Oder für ein Tagebuch: 'Heute: Leserbrief geschrieben. Guter Tag. Als nächstes
spare ich auf einen Anruf beim Presseclub. Das Leben ist schön. …wenn’s bei
anderen zuneige geht. Sonstige Probleme sind nicht zu verzeichnen. Glücklich
ist, wer ißt.'
Das
Leben ist schön. …wenn’s bei anderen zuneige geht, wäre auch ein schöner Titel
für eine Autobiographie by Bestattern. Wenn’s abgeht, kann man‘s lesen.“)
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