Es heißt nicht mehr ‚Berliner‘, es heißt ‚Berlinende‘.
Es heißt auch nicht mehr ‚Schwimmer‘ – und daran werde ich denken, wenn ich gleich
im See baden gehe –, es heißt ‚Schwimmende‘.
Es heißt ja auch nicht mehr ‚Künstler‘,
es heißt ‚Kunstschaffende‘:
Helikopterkinder,
wenn sie erwachsen werden.
Sprache und Teller. Daran wollen Kinder immer ran.
Besonders, wenn es nicht ihre sind. Ich mag Kinder. Sie leben in ihrer eigenen
Welt, die nichts mit der Welt der Erwachsenen zu tun hat.
Immer, wenn die nächste Zeitung pleite
geht, blicke ich kurz auf und denke: Ach,
schon wieder diese dummen Leser, die keine Lust mehr haben, sich jahrelang
beleidigen zu lassen.
Und dann schaue ich lieber Youtube.
Und alle anderen schauen lieber Youtube. Und wo sind
eigentlich diese jungen Frauen, an die sich Zeitungen jetzt immer richten?
Ach, die gucken auch lieber Youtube. Was?
Diese jungen, schönen Frauen, an die sich Zeitungen jetzt immer richten, die kaufen
gar keine Zeitung und lesen gar nicht? Warum dann für die schreiben? Ach, wegen Instagram-befreundet sein wünschen.
Und dann geht die nächste Zeitung pleite. Und ich
kriege es wohl mit, wenn es in einem Youtube-Filmchen
erwähnt wird. Oder auch nicht. Denn für Zeitungen fehlt mir die Zeit und
Relevanz. Ich will mir lieber anschauen, wie diese 250 Millionen Dollar teure Hollywood-Villa aussieht. Und wie wenig
Geschmack für Einrichtung man haben muß, wenn man 250 Millionen Dollar in
andere Hände gibt. Und Zeitungsmacher heulen heimlich, weil keiner mehr ihr
Gequatsche und Gelaber lesen will. Oder diese lachhaften Bilderstrecken, bei
denen sich bei jedem Klick die Seite neu aufbauen muß. Und sie schauen sich auch
lieber das Youtube-Video mit der
Villa mit der 5-Meter-Candy-Wall an.
Instagram
ist auch schon tot. Coole Leute gucken kein Instagram
mehr. Oder Leute, die nie cool waren. Warum 1 Bild ansehen, wenn ich ein
ganzes Filmchen sehen kann? Diese Zeiten sind schlecht für junge,
aufmüpfige Menschen. Denn sie schauen auch lieber Youtube.
In Verbindung mit Google
ist Youtube unschlagbar. Man kann
Sprache auch dafür nutzen, sein Suchbegriff-Fachwissen zu vertiefen. Nichts ist
befriedigender als solange mit den Suchbegriffen herumzuexperimentieren, daß
der Algorithmus das richtige Ergebnis ausspuckt. Klappt auch mit der Bildersuche.
Nichts ist so erlösender als Bilder von
Glasschiebetüren im richtigen Contemporary-Design
zu finden und sich für die Details der Laufschienen zu interessieren.
Laufschienen von Schiebetüren sind nicht gleich Laufschienen von Schiebetüren!
Da kommt‘s auch auf die Dicke und Farbe an. Nichts ist so befriedigend wie per
Fernbedienung betätigten, elektrischen Glas-Patio-Terrassenschiebetüren beim Auf-
und Zugehen zuzugucken. Am besten in Verbindung mit elektrischen Blinds. Elektrischen
Sonnenschutzblenden. Die Google-Bildersuche
ist das Instagram der Leute, die kein Instagram haben minus Werbung minus cool sein müssen.
Gestern war ein schöner Tag. Gestern habe ich die Photos
von dem modern-geilen Haus in Neuseeland wiedergefunden, die ich vor Jahren
schon mal gesehen habe. Wie lange ich die gesucht habe! Ich lobte mich für meine Suchbegriff-Hartnäckigkeit: contemporary lakeside house new zealand. Oder: modern lake house clearhouse new york.
Oder schon mal Bilder von dem berühmten Design-Kamin Gyrofocus gesehen? Nichts ist
entspannender. Da braucht man gar nicht mehr real vor einem Kamin hocken.
Bei Google
klicke ich gleich auf Bilder oder Videos. Nichts ist so nahrhaft wie
modernes Kamin-Design.
Diese Sprache lege ich mir auf den Teller. Keiner
patscht mit seinen Frust-Fingern drauf. Und quatscht und labert dabei, bis Bröckchen aus dem Mund fliegen.
Das Leben ist schön. Wenn man es sich auf Youtube anschauen kann.
*
(Ode/r
an Suchbegriff-Fitting:
Gend )
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