10. Tag: Tate‘s Cairn
Das Taxi
ließ uns raus. Der Fahrer war so nett und öffnete den Kofferraum. Er drückte
mir den Trolley in die Hand, lächelte
chinesische Schriftzeichen in mein Notizbuch namens Beilauf-Miene eines
Gesichtsausdrucks, setzte sich ans Steuer, schlug die Tür zu, fuhr an, wendete
und fiel den Berg herunter der Straße folgend froh über die hinzugewonnene
Schwerkraft seines Toyota Crown Comfort,
der sich doch lieber in Hong Kong
aufhielt, mehr noch am Flughafen als am Meer, mehr noch als am Hafen, sicher
sehr. Ich winkte ihm noch hinterher, bis zur nächsten Spitzkehre, dann verlor
ich ihn aus den Augen, gewann aber Ursulas
Erstaunen stattdessen und dessen Schwere.
Das Taxi
ließ uns raus. Der Fahrer war so nett und öffnete die Fondtür. Er drückte mir Ursula in die Hand, lächelte chinesische
Schriftzeichen – Mandarin – in mein
Notizbuch namens Einlauf-Miene eines Gesichtsausdrucks, setzte sich ans Steuer,
schlug die Tür zu, fuhr an, wendete und fiel den Berg herunter der Straße
folgend froh über die hinzuverlorene Schwere seines Toyota Crown Comfort, der sich doch lieber in Hong Kong aufhielt, sicher sehr, mehr noch, wenn sich niemand im
Fond aufhielt. Ich winkte ihm noch hinterher, bis zur nächsten Spitzlippe, dann
verlor ich ihn aus den Augen, gewann aber Ursulas
Lipp-Gloss auf einer Wange meines
Erstaunens stattdessen.
Natürlich. Natürlich war es
etwas ungewohnt, diese Nähe, diese Wärme, aber auch diese Schwere und diesen
Schweiß in beiden Händen zu spüren, meinen Trolley
in der einen, in der anderen eine alte Frau. Ursula. Vielleicht tröstete mich der Gedanke, wenn man auf der
Spitze eines Berges überhaupt klar denken konnte, der dünnen Luft wegen, die
noch dicker wurde, da sich Ursula in
meinen Mund ausatmete, daß ich mich des zweiten Hauchs einer Ahnung diesmal
nicht erwehren konnte, wollte schon, da nicht ich der Träger beider Umstände
war – die meines Trolleys, besonders des
Inhalts, und einer schissschwitzenden Ursula –, sondern umgekehrt. Kurz. Ursula hatte mich als Handtasche dabei
und führte sie nun stolz zu den Stufen der Aussichtsplattform von Tate‘s Cairn.
Natürlich. Natürlich war es
etwas ungewohnt, diese Nähe, diese Wärme, diese Mühe, aber auch diese Leere und
diesen Fleiß in beiden Händen zu spüren, meinen Trolley in der einen, in der anderen die Sorgnis einer alten Frau,
die sich gerade eine neue Handtasche für ihre Beteuerungen kaufte. Ich merkte
mir vor, ihre Berührungen in Rechnung zu stellen. Schließlich war sie die
Nutte, und ich kein Freier. Freier ging es dann weiter, als ich mich löste wie
eine Mutter von der Schraube, wobei Ursula
ja eine Mutter war und ich Schreck, als ich staubte, als ich festere Schritte
wählte für meinen Freigang und mich entfernte und sie mir wieder näher kam,
daher der Schreck, da die Aussichtsplattform zwar einen beinahe endlosen
Ausblick bot – über den Hafen, das Meer –,
aber keinen Ausgang – nein, daher der
Schreck –, es sei, man wollte sich gleich in den Abgrund stürzen, aus
Verzweiflung oder Langeweile oder besser noch aus nichts von beidem, was
goldene Sandalen und eine Plastiktüte im Bauch trug. Auftrag. Daher doch eher der Schreck.
An meinen Auftrag dachte ich. Schnell stellte ich
meinen Trolley zwischen mir und Ursulas Begehren um des Habenwollens, und wenn man es haben
soll, um des Bewundertwerdens des Habenkönnens, wenn man das Kann im Wort zu einem Muß macht und die Macht im Wort zu Herrschaft und den Herrn im Wort zu Lust und die gleich noch zu Verlust, wenn man
Ohnmacht verspürte beim Handtaschentausch, weil nichts ankam gegen das Begehren
einer Frau, wenn sie neue Sachen wählte und das Gute im Worte doch nur Güter
waren, da das Gekaufte den Preis fürs Erwerben selber zahlten sollte. Nun so.
An meinen Auftrag dachte ich. Subito
ergo sum. Schnell, also bin ich. Mit geschickten Fingern öffnete ich den Trolley, zog nur meinen blauen Arbeits-Overall heraus, schloß
ihn wieder, klinkte den Griff in die Armbeuge ein, stülpte den Overall über wie
einen Parachute – die Hosenbeine bliesen sich auf –, dann stürzte ich mich in die
Tiefe. Lachend, denke ich.
Wie es weiter ging?
Nun, davon
später mehr.
*
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