"Hallo" ist das Pfandleihhaus des "Aufwiedersehn"...



Miniaturen des Absurden

Betrete mit der Miene der Abfälligkeit und erhalte Einlaß

Vom Jardin du Luxembourg zum Panthéon brauchte es schon mehr als platonisches Innehalten, um sich Gehör für Gesehenes zu verschaffen. Da...

Sonntag, 23. November 2014

Der Platz der Wunder


Englische Touristen. „…und Future Bonds. Schnüren. Schnüren. Schnüren. Immobilien? Shooting blanks. Money reinschießen. Kommt nichts raus.“

Französische Touristen. „…und die Kochschürze. David. Schniedel. Schniedel. Schniedel. Hi. Hi. Hi. Damit amuse gueule. Bocuse im Negligé. Bon appétit kommt von klein. Schnute ziehen. Nicht vergessen. Wir sind Franzosen. Damit kommen wir beim Essen groß raus.“

Schweizer Touristen. „…Italiener. Diebe. Für den Duomo bezahlt. Was heißt zu kurz? Nein. Schultern sind nicht frei. Der Rock hat normale Länge. Italiener. Diebe. Da kommen doch auch andere raus.“

Amerikanische Touristen. „…und nochmal. Und jetzt gib Dir Mühe. Damit die Zuhause sehen, daß wir hier waren. Die Hand höher. Setz doch endlich den Fuß vor! Leaning tower. Smile. Smile jetzt endlich. Damit die Zuhause sehen, wie great es hier ist. Great! Ja, so. Great! Great! Great! Jetzt come mal aus Dir raus!“

Deutsche Touristen. „…und sei nicht so laut. Muß keiner wissen. Daß wir Deutsche sind. Schau Dir mal die Amis an. Ami-Teenies laufen nur in Old Europe so rum. Nackter geht’s ja gar nicht. Glauben wohl, daß hier alle nackt rumlaufen. In den Duomo wollen die bestimmt nicht. Keine Fotos. Nur der Schiefe Turm. Die dürfen mal raus.“

Japanische Touristen. „…und versuchen Sie es ruhig mal. Lächeln. Lächeln. Lächeln. Nehmen Sie die Hand vom Mund. Wie die Europäer. Ja, so. Nein, das sind Amerikaner. Die lächeln nicht. Sind gelangweilt. Viel für die Zähne bezahlt. Aber dürfen nicht raus. Die Väter nicht. Fotos für zuhause. Haben viel gezahlt, daß sie die Fotos zeigen können. Zähne. Zähne. Zähne. Konnichiwa. こんにちわ。Ja. Ja. Ja! So! Hier dürfen die mal raus.“

Chinesische Touristen. „…und den Schirm nicht aus den Augen verlieren. Halte ihn höher. Immer nach. Immer nach. Ja, nur von außen sehen. Nicht rein. Nicht rein. Schneller knipsen. Schneller. Schneller. Heute noch Siena, dann Flolenz. Da hinten Bus. Schirm. Schirm. Schirm. Ich halte höher. Da geht es raus.“


Der Platz der Wunder in Pisa war für die Welt gemacht wie der Reisepaß für Touristen, die ihrer Kleinstaaterei der Heimat entreisen wollten und diese hier her mitbrachten. Um den Stempel der Einreise bereichert und um ihre Reisekosten erleichtert. Und ihre Kleinstaaterei hier her mitbrachten. Nur Amerikaner reisten visafrei. Und in Anbetracht der Gesichtskontrolle betrachteten sie ihren Reisepaß, den sie beantragen mußten, um visafrei zu reisen, als besonderen Vermerk, den sie mit anderen sammelten und in das Familienalbum USA goes to the Old kopierten samt Fotokameraknopfdrucklächeln samt berechtigter Erwartung, Zuhause beneidet zu werden bei cookies und apple pie.

Was für Engländer berechtigte Erwartung weckte, den Umrechnungskurs ihrer Währung im Auge zu behalten, Pfund zu Euro, gegen das sie selbst so gerne wetteten, um sich weltläufig auf dem Platz der Wunder nach Stand des Empire zu erkundigen – würdigten den Sehenswürdigkeiten kaum eines Blickes – und mutmaßten, wenn sie Schiffbrüchige wären, müßte die Insel ihre Heimat sein auf der sie check balance den Stürmen ihrer Finanztransaktionen trotzten, nur schwimmen konnten viele Engländer nicht.

Was den Chinesen bekannt vor kam. Daß viele nicht schwimmen konnten, aber das Wasser liebten und mit diesen begrenzten Fähigkeiten an ihrem eigenen Imperium bastelten, indem sie klüger über das Wasser Stege spannten, nachdem ein früherer Kaiser es erst mit einer großen Flotte versuchte, und vielleicht nasse Füße bekamen, was sie leidlich dennoch daran erinnerte, daß sie nicht schwimmen konnten und besser doch die wenigen guten Schwimmer, deren Können sie fehlsichtig ignorierten und denen sie die Schwimmlehrererlaubnis gleich entzogen, wieder mit einzubeziehen, weil ein Volk, das Stege über die Ozeane spannte, doch besser schwimmen lernen sollte, als Versicherung sozusagen des Unbehagen nasser Füße wegen.

Was den Franzosen gleich war. Die waren so egal, daß sie selbst in ihrer Grande Nation, die sie mißmutig unter den Sohlen ihrer Petit Bateau  mitschleppten, so klein auf dem Platz der Wunder wirkten, so daß selbst Schweizer großmäuliger nach der Eintrittsberechtigung in den Duomo verlangten, freien Schultern und nackten Beinen zum Trotz, und sich – unverstanden sowieso – heimlich dafür schämten, irgendein Ausland je betreten zu haben.

Was für die Deutschen wohl hieß: erst recht.
Und die Japaner ließen sich sowieso alles vormachen. 
Vom Lächeln.

Der Platz der Wunder war für die Welt gemacht wie der Reisepaß für Touristen. Jeder brachte seine Grenzen mit.


Wie gut, daß wir alle wieder abreisten.





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