Die Einsamkeit der Verlorenen schüttet Salz in alle
Poren. Sie tanzen im Nebel, doch sind alle keine Bewegungen. Sie schneiden sich
ihre Haare, in Händen die Tränen der Jahre. Sie verletzen sich und zeigen ihre
Wunden vor. Zum Zeigen trauen sie sich heraus. Im Licht betrachtet ist keiner
wund zuvor. Im Haus, die Feigen, ins Zimmer eingegossen, wünschen sie sich
zertrümmerte Vasen. In manischen wie depressiven Phasen. Sie duschen nicht. Sie
lächeln nicht. Sie verwehren sich. Sie schlafen nicht. Sie halten sich das für
später vor. Sie klammern sich an die Verlorenen.
Ich beschaue sie. Und fühle nichts.
Die Unruhe der Verlorenen hält ihre Welt in
Bewegung. Zynisch und verbittert imitieren sie Regung. Brüllen sich in Rage. Halten
sich die Ohren zu. Halten Brüllende für eine Plage. Sie wollen gehalten werden,
gestützt werden, gespürt werden auf Tausend Meilen Entfernung, doch meiden die Millimeter
der Nähe. Sie kaufen nicht ein, sie führen einen Krieg mit dem Draußen. Im Markt
sind sie Kopien von Gestalten. Erkennbar an dem Scheitern an der Kasse
freundlich zu grüßen. Sie versagen sich. Sie duschen nicht. Sie lächeln nicht.
Sie verwehren sich. Sie schlafen nicht. Sie halten sich das für später vor. Sie
klammern sich an die Verlorenen.
Ich beschaue sie. Und fühle nichts.
Die Stille der Verlorenen etikettiert, sie
kokettieren damit, verloren zu sein, sie geben sich Adjektive dazu. Sie sind sie,
sie sind bi, sie sind politisch, sie sind grün, sie sind vegan, sie sind so,
sie sind quer, sie sind hoch, sie sind mehr, sie sind eckig, sie sind rund, sie
sind offen, sie sind verschlossen, sie sind anders, sie sind nicht Du. Sie sind
Tausend Richtungsschilder, alle auf sich gerichtet, darauf geschrieben: Fahr‘ woanders hin! Aber komm‘ zu mir. Sie
sind sensibel, zu. Und im höchsten Maße unzufrieden. Mit Dir. Sie empören sich
über Petitessen, haben die Weisheit gefressen und geben Fehler nicht zu. Sie lassen
sich nicht hereinlegen, mit ihren zwanzig Jahren haben sie alles schon mal
gesehen, irgendwo stand’s geschrieben. Sie lassen sich leicht beeinflussen,
irgendwo wurd’s behauptet. Und jetzt kommst Du! Sie sind ungerecht. Nicht
ausgewogen. Nicht zu überzeugen. Vom Himmel gefallen. Sie beklagen sich. Man
höre ihnen zu! Wehe, wenn nicht. Dann duschen sie nicht. Dann bestrafen sie
sich. Dann lächeln sie nicht. Dann verwehren sie sich. Dann schlafen sie nicht.
Dann halten sie sich das für später vor. Sie klammern sich an die Verlorenen.
Ich beschaue sie. Und fühle nichts.
Die Verlorenen wollen, daß Du seist wie sie. Nicht,
daß Du bist wie Du seist. Und nennen das Vielfalt dreist. Sie erklagen sich
andere zu ihrem Ebenbild. Sie klonen sich eine Erträglichkeit. Am Ende gibt es
nur noch einen Menschen. Aber macht sie
das glücklich? Die Verlorenen schauen sich an. Sie schreien, sie schlucken.
Manche erkennen. Vor dem Leben gibt es kein Entrinnen. Dann gibt es eine
weniger, dann noch einen. Dann sind sie wieder bei Sinnen, nach der Trauer. Die
Einsamkeit der Verlorenen schüttet Salz in alle Poren. Sie tanzen im Nebel,
doch sind alle keine Bewegungen. Sie schneiden sich ihre Haare, in Händen die
Tränen der Jahre. Sie verletzen sich. Sie versagen sich. Sie duschen nicht. Sie
lächeln nicht. Sie verwehren sich. Sie schlafen nicht. Sie halten sich das für
später vor. Und schon werden wieder neue geboren. Sie imitieren, sie kopieren, sie
kokettieren, sie etikettieren. Und fühlen dabei: Nichts.
Sie klammern sich an die
Verlorenen.
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