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Miniaturen des Absurden

Betrete mit der Miene der Abfälligkeit und erhalte Einlaß

Vom Jardin du Luxembourg zum Panthéon brauchte es schon mehr als platonisches Innehalten, um sich Gehör für Gesehenes zu verschaffen. Da...

Samstag, 24. Februar 2018

Die Poesie der Nase, die ist noch nicht erfunden


Meine Brieffreundin sagt.

Meine Brieffreundin sagt – die, nebenbei erwähnt, klug und schön ist –, ich solle mich jetzt mal um die Poesie kümmern.

„Kümmer‘ Dich mal um die Poesie.“, sagt sie kurz und knapp.

„Warum soll ich mich denn jetzt um die Poesie kümmern?“, sage ich meiner Brieffreundin, die nebenbei behauptet, klug und schön zu sein.

„Ich könnte mich jetzt um viel wichtigere Dinge kümmern. Ich könnte das Aussehen von Pflastersteinen benoten oder die Unwirklichkeit von Rauhhaardackeln pro Rentnerbein an Wintertagen bewerten. Ich kann mich jetzt nicht um die Poesie kümmern. Es gibt noch so viel über Dackel zu erzählen.“, sage ich meiner Brieffreundin, die klug und schön ist. Sagt sie.

„Wirklich nicht.“

„Doch. Kümmere Dich jetzt mal darum.“, sagt sie kurz und knapp.

Kurz und knapp sagt sie das. „Die Poesie, die ist noch nicht erfunden.“

„Doch. Die ist schon erfunden.“, sage ich.

„Nasen wurden auch schon erfunden. Trotzdem gibt es immer wieder neue.“, sagt meine benaste Brieffreundin und schickt mir ein Photo von einer Nase. „Das ist eine Nase.“, sagt sie dazu.

„Das ist eine Nase.“, sage ich naseweis dazu.

„Nein. Das ist keine Nase, das ist Poesie. Mach‘ da mal was.“, sagt meine Brieffreundin, die je weniger klüger sie erscheint schöner wirkt, was den Effekt erklärt, von ihr gleichermaßen angezogen wie abgestoßen zu sein, je schöner sie wirkt, wenn sie klug ist.

„Mach‘ da mal was.“, sagt meine Brieffreundin, die wohl nicht mehr alle Nasen im Gesicht hat.


Hätte sie noch alle Nasen im Gesicht und hätte ihre Nase nur ein Loch, dann würde ich es ihr stopfen, denke ich. Und dann wäre es gestopft, bis zu einer kritischen Masse. Ihre Nase hat aber zwei Löcher.

Ein schwarzes und ein weißes.

Je größer ein Schwarzes Loch, desto kleiner das weiße Zwillingsloch daneben.

Ein Schwarzes Loch geht immer mit einem weißen Zwerg an seiner Seite einher.

Das behaupte ich jetzt einfach. „Und das ist dann Poesie.“, sage ich. 

„Behaupte etwas, dann ist es Poesie, denn Poesie behauptet etwas.“, behaupte ich.

Das ist die Einführung in die Poesie, und mit ihrer Hilfe, mit Hilfe der Liebe werden wir lernen, zaubern zu lernen. Das nennt man Magie.

Die Wahrscheinlichkeit ein und derselben Person an einem anderen Ort zu erscheinen erhöht sich an anderem Ort von 0 % zu > 0 %, richtet sie ihre Wellen als Subjekt auf den anderen Ort.

Oder poetisch:

Musik wärmt, Ruhe kühlt.

Spiegelt sich Musik in einer Oberfläche, wärmen Wellen – Schritte wie Musik. Sei leise, und Du kühlst; höre aber auf Dein Herz: Es pocht. Und piekst. Stehst Du vor einem Spiegel, bedenke, schaut Dich Dein Spiegelbild wärmer an, doch vergesse nicht, zu lächeln, und stelle Dir nicht Dich, stattdessen Deine Spiegelliebste vor, so wird es noch wärmer von innen davor.

„I knew a Mark. He came in sight… and left in dark. Mark w’out light and saw… what might an‘be: ‚O trout!‘, he said. And marked. ‚And not a’lowed. For mee.‘“


„Das Spiegelbild eines Menschen ist wärmer als träfe nur weißes Licht auf die spiegelnde Oberfläche.“, sage ich meiner Brieffreundin, die klug ist, nicht an meiner Seite vor dem Spiegel zu stehen, nebenbei erwähnt, was sie, nebenbei erwähnt, schöner aus der Ferne erscheinen läßt.

„Du hast ja einen Knall. Das klingt ja noch nicht mal poetisch.“, sagt meine dumme und häßliche Brieffreundin. „Du denkst wohl, nur weil Du Dich vor einen Spiegel stellst, ist das Poesie? Wenn Du Dich siehst, wird Dein Spiegel wärmer?“

„Der Spiegel wird wärmer. Wärst Du ein Objekt. Sähe ich Dich im Spiegel. Und richtest Du Deine Wellen auf mich.“

„Du siehst mich also als Objekt?“, sagt meine Brieffreundin objektiv.

„Ja. Sähe ich Dich als Subjekt, spürte ich Deine Wärme aus der Nähe. Aus der Ferne spüre ich sie mithilfe eines Spiegels, betrachte Dich aber als Objekt.“, sage ich meiner klugen, zuweilen schon mal geschönten Brieffreundin. „Du bist da und dort. Zur gleichen Zeit. In meinem Spiegel und bei Dir zuhause. Anhand der Wärme. Die Poesie ist entdeckt.“

Daraufhin höre ich zwei Wochen nichts mehr von meiner kalten Brieffreundin.

Sie muß sich noch erwärmen, denke ich.

Widme ich mich lieber Dackeln. Über die ist noch nicht alles erzählt, was-solls-ze ich.


„Es gibt noch so viel über Dackel zu erzählen.“





*




(Ode/r an Gravitationswellen. Ein Schwarzes Loch ist wie eine Nase. Es hat einen Gravitationsberg und zwei Löcher. Ein großes Schwarzes und ein kleines weißes daneben. Ist wie Poesie: Die Poesie, die ist noch nicht erfunden, entdeckt man erst, was in ihr steckt. Man muß jetzt nur noch den Popel in der Nase finden. Und dann muß man entdecken, was im Popel steckt, bevor man etwas entdeckt. Man muß sich also den Popel erst mal vorstellen, bevor man ihn entdeckt. Das ist Poesie. Dann ist die Poesie erfunden. Und dann kann man schauen, was im Popel steckt. Und dann hat man den Finger schon in der Nase, aus der Nase. Und dann war man schon mal kurz im Schwarzen Loch und wieder draußen.)






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