"Hallo" ist das Pfandleihhaus des "Aufwiedersehn"...



Miniaturen des Absurden

Betrete mit der Miene der Abfälligkeit und erhalte Einlaß

Vom Jardin du Luxembourg zum Panthéon brauchte es schon mehr als platonisches Innehalten, um sich Gehör für Gesehenes zu verschaffen. Da...

Montag, 5. Februar 2018

Im Animal der Farm – Die total gelangweilte Dekadenz der total gelangweilten amerikanischen Prominenz langweilt total bis zur total gelangweilten Demenz




Gibt es eigentlich noch die, die nur das Beste für einen wollen? Ja? Gut. Denn diese Geister sollte man jetzt zu sich rufen. Sie antworten im Guten:

„Eigentlich will ich doch nur, daß wir gemeinsam in den Sonnenuntergang tanzen. Barfuß.“

Oder sind die noch im letzten Jahrhundert stecken geblieben?

So, wie bei einer Aufzugstür. Und die Tür ditscht immer dagegen. Und sie kommen nicht rein in das Stockwerk des 3. Jahrtausends?

„Aber eigentlich will ich nur, daß Du mich bemerkst, merkst, merkst! Wie sehr Du mich brauchst, brauchst, brauchst?“

Und heimlich jeden Pups von einem in einem Einmachglas aufbewahren?

„Nur ich und Duhu!“

Und dann die Voodoo-Puppe herausholen. Und mit einer Gabel in den Puppenkörper sticht, sticht, sticht?

„Ich will doch nurhu das Beste, Beste, Beste für Dichdichdich – nicht, nicht, nicht!“ Und Stichstichstich?

Gibt es die noch?

Gut. Die braucht man jetzt.


Ja, die scheint es noch zu geben, denke ich.

Ich sehe schon ein rotes Grablicht und einen Teddy mit Zettel an einer verlassenen Haustreppe stehen. Im Dunkeln. Ausgeleuchtet nur von einer einsamen RTL-Aktuell-Kamera, und traurige „Man hat sie kaum gesehen.“-O-Töne von fassungslosen Nachbarn. Wie konnte das nur passieren?

„Nur ich und Duhu!“

Steht dann auf dem Teddy-Zettel in rosa Schreibschrift. Und Herzchen. Und Herzchen-Halskette um den Hals des armen Teddys. Leuchtend. Wenn man drauf drückt. Das Herzchen bubbert. Und daneben das Einmachglas mit rotem, dicken Einmachglasgummi. Und darin der Pups. Für die Ewig-, Ewig-, Ewigkeit bewahrt:

„Nur Duhu!!!“

Und das Blinkeherzelicht des Teddys erlischt langsam – die Batterie – wie beim Terminator in der Endfight-Szene.

Man eröffnet schon innerlich das Spendenkonto:

„Es war mir ein innerliches Spendenkonto, Dich erlebt zu haben.“, erinnert man sich an das Omi-Parfüm, der von uns gegangenen 20.-Jahrhundert-Omi-Zeit.

Und dann – so ist man – wendet man sich achtlos der Jetztzeit zu, wirft sich die Oberflächlichkeit, die eigene, kaum vor und schaut selbstredend eine aktuelle Dokumentation über die Tribute von Panem – was könnte es Schöneres geben? –, um auf dem Laufenden des Geschehens zu bleiben, mit Titel:

„Hunger Games – The Untold Story“.

Was könnte es Schöneres geben, als verfressen anderen beim Hungern zuzusehen?


Die Menschen vom Kapitol werden gezeigt. Und sie haben komische Namen wie Puff Daddy, Pink oder Purpose B.A.D. – Bi-Ey-Di ausgesprochen. Alle kauen Kaugummis.

„Hunger Games.“, sagt der Kommentator und verteilt weitere, aber jetzt wirklich gute Kaugummis. Und man glaubt schon seinen eigenen Augen, was man nie tun sollte, wenn man noch seinen Verstand für die Werbeeinblendungen des 3. Jahrtausends bewahren wollte, als zwei Future-Zuhälter in der auf Sauna klimatisierten Halle auftreten in zehn Nummern zu großen, gefärbten – und das Farbspektrum läßt viel Platz für Spekulation – Pelzmänteln.

Alle sind gelangweilt. Und man wartet jetzt gespannt darauf, daß zumindest einer der Pelzmäntel Feuer fängt: Der Man in Motion aus der Sidekick-Werbung würde dann wenigstens mit seinen Armen fuchteln, um die Flammen im Keim zu ersticken oder anzufachen, um nicht bei lebendigem Leibe unter Jubel der Kapitolisten zu verbrennen oder nicht zu verbrennen. In allen spekulativen Farben des zuvor erwähnten Farbspektrums. Und die Farbe Pink schaut auf ihren Kommunikator. Gelangweilt.

Und man erspart sich, sich in die bunten Nöte der Bewohner des Kapitols hineinzudenken, während man schon den Aufstand plant und von wo man seine bewaffneten Truppen die Halle stürmen läßt.

Aber dann schickt das Kapitol schon seine eigenen Truppen aufs Feld. Man denkt nur: Mit ihrer gelangweilten Dekadenz werden sie Probleme bei der danach folgenden Nahrungsverteilung bekommen, die dann im Tumult ausbricht, wenn sich alle um rationierte Kaugummis schlagen.

Man hofft, daß diese Kaugummis Superfood-Kapseln seien, die den Magen auf wundersame Weise einen Monat lang nähren.

Und man erwägt schon selbst in den nun einsetzenden Kriegsszenen die Omi aus dem letzten Jahrtausend – „Nur ich und Duhu!!!“ – mittels von ihr entwendeter Voodoo-Puppe wiederzubeleben.

Als unter Tod am Strick geächtetes Kriegsmittel. Auch wenn solche vernichtenden Waffen seit dem letzten Atomkrieg fahrlässiger Weise verboten wurden.

Niemals näher kam man dem Gedanken, den nächsten Wellness-Urlaub in Nord-Korea zu verbringen:

In einem dieser Hundekäfige, in denen der geliebte Diktator seine Hunde auf seine Liebsten hetzt.

Dann ruft man todesverachtend die „Nur ich und Duhu!!!“-Omi zur Hilfe und sagt:

„Jetzt! Nur Duhu und ich. Jetzt. Omi. Jetzt.“

Dann, dem Wahnsinn knapp entronnen – und dem Wahnsinn entgeht man nur redend lebend, wie jeder Wahnsinne weiß: So hört man sich zumindest lebend, weil redend –, sucht man als einziger Überlebender der Rebellion das Grab von Orwell auf – in der Nachbarschaft steht noch die Farm der Tiere; dort herrscht noch immer das übliche Treiben; und das arme Pferd, der arme Boxer; ach, was sag‘ ich: Treiben, Antrieb, antreiben, treiben, Treiben treibt an konjugiert –, steht im Animal der Farm, erwischt von Revolutionen für sich selbst fuselfaselnde Schweine, die dann erwischt, einem den Status als Nichts vorwerfen, während sie sich in ihrem eigenen Auserwählt als Alles suhlen – wie im eigenen Kot, es sei ja mal eigenes Essen gewesen, und noch nie selbst eigenen Hunger erfahren haben –, wischt den Staub von der verwitterten Grabplatte des schlausten Menschen der Welt – unter den Toten war er die gesündeste Leiche: Sie zuckte noch beharrlich – und liest:

„Männer reden nicht viel, aber sie behalten ihre Gedanken für sich:

Wer schreibt, sucht Freunde. 
Wer gut schreibt, verzichtet auf Freundschaften. 
Wer am besten schreiben will, schreibt nicht mal einen einzigen Gedanken. Nicht einen einzigen. Nicht mal einen Brief ans gestrige Morgen.“


Den Krieg gewinnt man immer.

Fügte ich hinzu.


Der Tod starb durch eine Halskette. Mit Herzchen dran.
„Erdrosselt.“
Stand lapidar auf dem Obduktionsbericht des Teddys, muß ich kurz noch anmerken.


Das Schlachtfeld der anderen ist immer das bessere.







*






(Ode/r an:

„Dies ist das 3. Jahrtausend.“
„An diesem Datum habe ich keine Zeit.“
„Wie wär’s mit dem 23. Jahrhundert?“
„Muß ich schauen. Ist dann immer noch das 3. Jahrtausend?“
„Ja.“

„Da kann ich nicht. Ich bin noch mit dem 2. beschäftigt. Ich kann ja nicht alles gleichzeitig beschauen.“)








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