"Hallo" ist das Pfandleihhaus des "Aufwiedersehn"...



Miniaturen des Absurden

Betrete mit der Miene der Abfälligkeit und erhalte Einlaß

Vom Jardin du Luxembourg zum Panthéon brauchte es schon mehr als platonisches Innehalten, um sich Gehör für Gesehenes zu verschaffen. Da...

Freitag, 20. September 2024

Das Schusterbeispiel

 

Loreley.



Verführerisch - vorführerisch.

Verleumden - verleumunden.


Zehn Schuster in einem Dorf, einer ist gut, neun sind schlecht. Der eine gute wird verleumundet, und aus dem Dorf vertrieben, damit die neun schlechten Schuster weiter bestehen können, und alle im Dorf tragen nur noch schlechte Schuhe, die gar keine Schuhe mehr sind und ihren eigentlichen Zweck nicht mehr erfüllen, aber bei vollem Preis. Und die neun schlechten Schuster sprechen ihre Preise ab und verleihen sich gegenseitig Preise, und der Bürgermeister lobt die neun Schuster, die ihn dann wählen und ihn schmieren; und Lehrlinge bei den neun schlechten Schustern lernen gar nicht mehr, wie man gute Schuhe macht, nur noch wie man schlechte Schuhe macht und das Wissen geht verloren und am Ende verkaufen sie unsichtbare Schuhe, die es gar nicht gibt, das trägt man jetzt so. Und alle laufen barfuß rum. 

Und so weiter und so fort. Kann man ewig weiter spinnen. Das Schusterbeispiel. Und unser eine gute Schuster lebt verarmt und alleine und beschaut seine Schuhe und beschaut das nur noch so. 


*


Dienstag, 17. September 2024

Das Faß, das den Tropfen zum Überlaufen bringt.

 

Tolles Bild.



Als ein Gedicht auf eine Hauswand geschrieben wurde, hätte sich der Autor sittengemäß vertraglich zusichern müssen, daß, wenn das Gedicht  entfernt, übermalt oder ausgewechselt wird, daß das Haus abgerissen werden muß und 5 Millionen Euro an Schadenersatz gezahlt werden müssen.
So würde ich das machen. Was ist mehr wert: Ein abgerissenes Haus. Oder ein Gedicht.

Wieviel ist zuviel. Ab wann kann man nicht mehr. Wann muß man einen Hilferuf absenden. Ist man dann überhaupt in der Lage. Hat man Liebste, die das erkennen, wenn man es selbst nicht bemerkt. Das Faß, das den Tropfen zum Überlaufen bringt. Es kommt auch auf das Faß drauf an. Viele Tropfen füllen ein Faß. Viele derselben Tropfen füllen ein großes Faß nicht. Und warum ist es überhaupt schlimm, wenn ein Faß voll Wasser überläuft, wässert das Wasser dann nicht den Boden. Ist das Faß nicht überflüssig, um im sprachlichen Bild des Fließens zu sein.

Alles Sätze ohne Fragezeichen. Fässer fassen eine bestimmte Menge an Wasser. Das habe nicht ich bestimmt, das haben Menschen bestimmt. Wie groß kann ein Faß werden. Wie groß ist das menschliche Maß. Wie groß ist das menschliche Fassungsvermögen. Wer bestimmt das Kleinliche, wer das Großhabige. Ab wann ist ein Gedicht zu groß für eine Häuserwand, ab wann bricht die Hauswand unter der Last des Gedichtes zusammen. Wie groß müssen die Buchstaben sein. Schaut man überhaupt nach oben. Hebt man den Kopf. Liest und versteht das Geschriebene und kann das überhaupt begreifen in einer Stadt, die zum Boden geneigt ist, daraufhin ausgerichtet ist, wasserwaagengleich Schritte mit Füßen lenkt in Bahnen, die von Planern und Bestimmer vorgebaut sind. Ab wann ist ein Hilferuf laut genug. Kann man den unterscheiden von den Schreien von Mädchen auf einem Grundschulhof, wenn große Pause und nur großartige Freude ist. Wieviele Geräusche, Lärme und Knalle müssen entfallen, bis
man ein Murmeln hört. Warum sucht sich ein Wassertropfen ein Faß aus und fällt nicht gleich daneben zu Boden. Wie groß kann ein Tropfen werden. Ist ein Regentropfen schneller unten auf der Erde gegenüber einem Faß voll Wasser, wenn man es aus gleiche Höhe vom Himmel zum Boden fallen läßt. Steht ein Wassertropfen im Gespräch mit der Erdanziehungskraft, daß sie ihm sagt, "Mach' schneller." Wieviele Häuser müssen abgerissen werden, bis ein Gedicht stehen bleibt. All das ist ein weites Feld. Aber auch ein weites Feld wird beackert. Ein weites Feld wird auch beackert. Ein weites Feld wird auch bewässert. Ich beschaue die Welt und die Felder und die Häuser und die Fässer mit den Augen, die mir Bilder schenken oder geizen und strafen und belohnen und geben, um sie zu teilen in einem Kosmos, der nicht zuhört, weil er abgelenkt ist mit den Schicken des Schicksals, nur das zu hören, was ihm mißlingt und nicht einzugreifen, bei Gelingen. Ich habe bei Dir das Bedürfnis, "Das stimmt nicht." zu sagen.

Ich habe das Bedürfnis, dem Kosmos zu sagen, daß es da mehr gibt als die Insichgekehrtheit. Ich habe das Bedürfnis, dem Kosmos zu sagen, "Das Faß ist nicht voll. Der Tropfen ist schneller als Gravitation ihn anziehen kann. Die Erde ist nicht rund: Sie ist ein Kreis und noch ein Kreis und noch einer und noch einer. Wasser ist Leben: Es lebt."



*


Agness ist ein Freak.

 

Agness ist ein Freak.



In einer Welt der häßlichen Menschen ist die Schöne der Freak.

Agness ist ein Freak. Agness ist ein Freak, weil sie unfaßbar schön ist. Menschen haben ein Aussehen, viele Menschen, viele Aussehen. So viele schöne Menschen gibt es gar nicht. Wer der Freak ist, oder keiner, da sammel' ich noch, vielleicht schreibe ich was drüber.

Und während ich so schreibe und noch sammel' und mir um mein Aussehen Gedanken mache - während meine Selbstgespräche ruhiger werden und mich beruhigen -, laufen Bilder ab, die ich mir vorführe, nachdem ich aus der Stadt kam und mir stattdessen als Fernsehen, den ich weggegeben habe, anschaue. Ich muß mehr hinsehen, als ich mich mühte, nicht hinzusehen, ich muß nicht wegsehen, als ich wegsah, so kann ich schauen, was mir gefällt, und es gefällt mir wenig. Menschen haben ein Aussehen, viele Menschen, viele Aussehen. Es sind zuviele Bilder und zu wenige schöne. Ich schaue mir Häuser an, Autos, Busse, Gesichter, Körper, Fahrräder, Tauben, Straßen und den Boden. Den Boden beschaue ich am meisten. Und nur, wenn ich mutig bin, blicke ich hoch. Das ist mein Mut. Ich lobe mich für meinen Mut zuhause, der Ort, der mich kennt, wenn ich mich doch traute und meinen Augen traute. Dann freue ich mich, doch hingeschaut zu haben, dann habe ich eine Erinnerung, die ich mir immer wieder zutrauen kann. Ich mach' es mir gemütlich. Keine Klagen, kein Schaden.


Agness.


Fernsehen geht noch nicht.

Fernsehen geht noch nicht, ich bin schwer beschädigt. Wenn ich Dinge sehe, Fernsehen zum Beispiel, das man im Internet sieht, erinnern sie mich an andere Dinge, die ich schon gesehen habe. Zu wenige schöne. Menschen haben ein Aussehen, viele Menschen, viele Aussehen. Und vielleicht ist das ja ihre Superkraft. Sich so zu geben, wie sie sind. Sich das Aussehen zu geben, das mißlingt. Vielleicht sind ja alle Superwesen, und ich bin der einzig Normale. Oder aus der Sicht der anderen sind sie normal und ich bin der Freak, kann auch sein. Der einzige ohne Superwesenkräfte. Und Agness ist der Freak. Wenn das alles Superwesen sind, kranken sie mit der Zeit an ihren Kräften, wenn sie doch nur ein normales Leben führen wollen und Schönheit sie hindert.

Agness ist so schön, daß man sie wegheiraten möchte. Daß man ein schönes Leben mit ihr führen möchte. Daß man Kinder mit ihr haben möchte. Mit Agness gibt es nur schöne Bilder, nur schöne Erinnerungen, die in der Zukunft liegen und schon erschaffen sind, denkt man an sie in der Vergangenheit. Wir haben es verdient, Freaks zu sein. Das ist aufmüpfig. Das ist revolutionär. Agness ist so schön, daß sie mich schön macht. Agness ist so hübsch, daß sie Dinge hübsch macht. Agness macht Dich gutaussehend. Bin ich der, den Du in mir siehst, macht Agness Dich lehrend, den zu sehen, der nicht blickt. Agness macht jede Bushaltestelle schön, jedes Wartezimmer. Das Triste fröhlich. Und begegnet Agness Dir, sei nett zu ihr, sei freundlich, sei zuvorkommend, sei hilfsbereit, sei ein Wesen ohne Superwesenkräfte, sei der Freak, den Agness in Dir sieht, sähe sie nicht, wie Du Dich mühst, daß sie Dich liebt. Agness ist kein Freak.


Agness ist kein Freak.


Bin ich verliebt in Agness?

Nein.

Aber ich wäre es gerne. Agness mach Liebe wieder schön.


Agness macht Liebe wieder schön.


*


Samstag, 14. September 2024

Amicia hat was vor.

 

Amicia.


Meine neue Freundin heißt Amicia und ist, wie meine Selbstgespräche, die sich dämmen, wenn ich schreibe, mir andeuten, vom Menschen erschaffen, der sich eine Frau vorstellte, wie man sich eine Gesamtheit denkt, fügte man Teile von Schönheit und Teile von Entsagbarkeit zusammen, gäbe Entschlossenheit dem Umstand der Verantwortung hinzu, die man erlangt, wenn man sich etwas Schönes erwünscht, aber Beliebiges erhält und malte Kringel zu Locken, die man bündelt in Strähnen, damit sie nicht störend zu Gesichte kommen, hat man etwas vor.

Amicia hat was vor.

Für den Augenblick, für den Wimpernschlag geht es mir gut. Man sagt, daß der Flügelschlag eines Schmetterlings hier, auf der anderen Seite des Erdballs einen Sturm auslösen oder verhindern kann, wie ist es mit einem Wimpernschlag?

Amicias Wimpernschlag muß berechnet werden. So, daß sie Stürme verhindern kann, Hauche aber auslösen. Hauche, die sie ausatmet und die Luft um sie herum tröstet. Ich wünschte, sie hauchte mich an, hauchte mich zu Leben, Hauche, die mich lindern, risse ich wieder Berge aus, die doch so schön zum Himmel passen, schaute man sie sich nur aus der Ferne an und wütete nicht in ihnen rum.

Manchmal bin ich so stark, daß ich Berge rausreißen könnte, manchmal so schwach, ich könnte Steine stapeln. Woher Steine nehmen? Steine sind so selten, wie die Zumutungen, die wir aushalten, gelänge es uns, sie zu verbergen vor den Kräften, die uns bersten. Ängste vermeiden, Ängste verarbeiten, Ängste vertreiben. Amicia, meine neue Freundin, könnte alles in uns auslösen. Sie könnte. Hätte Amicia etwas vor, was uns bereitete, auf das was uns noch im Wege stünde, hätte man die Hindernisse nicht schon umgangen, die sich längst selbst auflösten, hätte man den Weg, sie zu umgehen, nicht schon hinter sich gebracht.


Amicia hat was vor.




*


Das Auge liest mit. Artikel sollten von jungen, hübschen Autorinnen geschrieben werden.

 

Autorin, Symbolbild. 2024.


Ja, das Auge liest mit. Artikel sollten von jungen, hübschen Autorinnen geschrieben worden sein.

Wie soll das gehen? Wenn ich die Welt erschaffen hätte, müßte ich es doch wissen. Und ich hätte mich zum Eurojackpot-Millionär gemacht, sagen mir meine Selbstgespräche, die mich entwunden sollen, nachdem ich es mir zutraute, ein, zwei Artikel dieser Landschaft zu lesen,  die sich verwundet hat in diesem verletzten Land, das keiner mehr Heimat nennt. Das Auge liest mit. Artikel sollten von jungen, hübschen Autorinnen geschrieben werden, damit ich mit dem Artikel eine Partnerschaft eingehen kann, je hübscher, desto besser. Ich will ein Bild von der Autorin haben und selber entscheiden, ob sie sich in mich verliebt oder nicht. Frauen, die mich begehren. Aber nicht nach mir 
sehnen, würden meine Selbstgespräche mir sagen, während ich immer noch die Möglichkeit der Welterschaffung durch mich nicht ausschließe, hätte ich sie wohltuend für mich gemacht oder aus einer Laune heraus, einer Wette, so, daß sie störend ist für mein Wohlbefinden, mein Wohlergehen und mein Wohlvergnügen. Ich hätte die Welt erschaffen und dafür gesorgt, daß sie nicht der Willkür meiner Phantasie ausgesetzt ist. Ein kleines Bißchen schon, merke ich an. So hätte ich noch die Wahrnehmung, mich in dieser von mir geschaffenen Welt zurechtzufinden, ein wenig wäre schön.

Noch ein Absatz. Noch einen Absatz räume ich dem ein. Autorinnen sollten grundsätzlich hübsch sein. Sonst ist ihr Artikel häßlich. Sie sollten sich anpreisen wie auf einem Basar und sich verführerisch bequemen, erworben zu werden von handelnden, in den Himmel, der ist blau, erhobenen Händen, mit Händen und Bündeln aus Geldscheinen, und dem Feilschen um den besten, für die Autorin besten Preis. Andere, die sich verschimmeln in der Ecke, faßt das Auge nicht an; aus den Augen schieben sich Finger hervor, dann schon die Gelenke, dann schon der ganze Arm und diese Augenarme mit Begehrenshänden greifen nach der Hübscheheit, Wohlfeilheit und der Geilheit der Worte. So müssen Artikel sein, so müssen Autorinnen sein. Und wenn Du nicht hübsch bist, laß das Schreiben gegen Geld. Keiner will Dich weiben.




*


Freitag, 13. September 2024

Sie wissen nicht, wie es ist. Sie wissen nicht, wie Liebe ist.

 

Ein hübsches Mädchen auf einer Decke, in der Stadt, in der Fußgängerzone, am Rande, Passanten.



Die gehen bestimmt in ein Museum.


Wenn man sich langweilen will, geht man in ein Museum. Wenn man sich "super wichtich" langweilen will, geht man in ein deutsches.

Aber ich - ich langweile mich schon beim Gedanken daran - will lieber über das hübsche Mädchen sprechen in meinen Selbstgesprächen, die mich gesunden sollen, das auf einer Decke in der Fußgängerzone saß und so guckte, als wollte sie mitgenommen werden, über die ich schon mal geschrieben habe, als ich hier noch von Gedanken sprach. "Hier bin ich. Mach was. Nimm mich mit. Egal, wohin." Egal wohin.

Egal wohin. Bestimmt nicht in ein Museum. Sage ich. Die will bestimmt nicht in ein Museum mitgenommen werden. Ich gehe mal zurück, löse mich von der Stadtführung, zu der ich gezwungen wurde, fällt gar nicht auf, zwei, drei Schritte langsamer - und schon bin ich wieder Teil der Stadt. Ich stehe jetzt vor dem hübschen Mädchen auf der Decke, schaue sie an, und als ich schon dachte, ich bekäme keine Antwort - ich hatte wohl etwas gesagt -, sagt sie: "Sie wissen nicht, wie es ist. Sie wissen nicht, wie Liebe ist."

Und natürlich könnte man jetzt glauben, das hübsche Mädchen wäre gar nicht hübsch, das schriebe ich nur, damit es schöner in der Erinnerung klingt und ich schriebe nur, daß sie hübsch ist, damit jeder sagen könne, bei einem häßlichen Mädchen hätte ich mich nicht zu ihr jetzt herabgebeugt, hätte ihr nicht ihre Strähne aus der Seite gestreichelt, hätte ihr nicht zugeflüstert, sie könne mit zu mir kommen, ich habe Essen, ich habe eine Dusche, ich habe ein Bett, ich habe ein Bett, ich habe einen Tag und ich habe eine Nacht, und ich habe einen Abend und einen nächsten und einen nächsten und an einem dieser Abende bestimmst Du, mit mir zu schlafen. 

Sie war aber wirklich hübsch.

So hübsch, daß sie ihren Weg bestimmen könnte, ihre Tage, ihre Nächte, ihre Abende. Hätte sie keine Jacke gehabt, war sie so hübsch, daß man ihr eine olivgrüne geliehen hätte, man hätte ihr ein Lächeln geliehen, sähe sie einen Mann mit langem Bart, hätte sie ihm ihr Lächeln geliehen, hätte ihr Schritte geliehen, auf dem Weg zu irgendeinem Museum, dem langbärtigen Mann Schritte zu seinem Bus geliehen, wäre nicht mehr hübsch erschienen auf ihren geliehenen Füßen, wäre gutaussehend geblieben. Das Hübsche bewahren, das Gutaussehende verwahren, saß das Mädchen auf der Decke in meiner Stadt.

"Egal wohin ist kein Ort den ich kenne.", sage ich ihr. "Bestimmt nicht in ein Museum. Da gehen Pärchen hin, die nichts füreinander empfinden, um dort im Museum etwas zu finden, was sie beinander nicht suchen." 

Und natürlich rede ich nicht so. Aber für das hübsche Mädchen auf der Decke klang es so, als redete ich so, also redete ich so, damit es für das hübsche Mädchen so klang. Damit es nicht so klang, daß ich sie mit nach Hause nehmen wollte, was nicht mein Zuhause ist, nur ein Ort, den ich kenne, holte ich mein Portemonnaie aus der Hosentasche, und damit es nicht so klang für die Fußgängerzone, ich wollte das hübsche Mädchen dafür bezahlen, mit mir den Ort aufzusuchen, den sie sich vorstellte, steckte ich die Geldbörse wieder ein. 

Ich könnte nicht behaupten, sie sage viel, nur diesen einen Satz. Und den zweiten. Und während ich mich dann doch noch fragte, wie sie da hin kam, wie ein so hübsches Mädchen in die Fußgängerzone auf eine Decke kam, die zu dünn war, um bequem zu sein, und wie sie sie entfaltete vor Heizkörperrippenaugen, die Menschen haben in Bewegung, wenn sie  das Gefrorene ihrer Anliegen in einer Stadt der Blinden mit der Absicht verfolgen, Wärme nur mit sich zu tauschen, heizten sich ihre Körper an Genehmem auf, oder zu ihrem Vorteil, fragte ich mich selbst, wie ich vor das hübsche Mädchen auf der Decke kam, wie ich da stand, wie ich mich herabbeugte im Mute der Gedanken, was wäre wenn, ich ihre Strähne streichelte und sie ins Bequeme mitnähme, wenn es bequem für mich wäre, aber unbedeutsam für sie. Und vielleicht hätte ich mich nicht von der Stadtführung trennen sollen, vielleicht hätte ich mich setzen sollen zu dem Mädchen auf der Decke und vielleicht hätte ich mich zu Obdachlosen in der Stadt setzen sollen, was ich schon zweimal in meiner Stadt tat, oder auch nicht, neige ich doch immer dazu "nein" zu sagen, will ich doch nicht zur Last fallen. Und vielleicht wiederholte das hübsche Mädchen auf der Decke diesen einen Satz, und den zweiten, "Sie wissen nicht, wie es ist. Sie wissen nicht, wie Liebe ist.", 


und ich sage "Nein."



*



Frau ohne Mann

 

Was sie alles nicht wissen.


12:43 Uhr, meine Selbstgespräche, meine Selbstgespräche, die mich heilen, erinnern sich gerade an Conny, eine - wie soll ich es Dir gleich direkt ins Gesicht spucken - verbitterte Anfang-Vierzigerin, alleinerziiiieeehende Mutter, mit einer Mutter-Mutter, die sich in ihr Leben einmischt, und die sie dafür Hass-haßt; die Signale aussendet, sie sei empfängnisbereit, männerbereit, aber jeden, den sie lockt, wegflitscht,
 
wie einen Fussel 

auf dem T-Shirt, 
wenn er sich dann zeigt und keine Geschenke dabei hat. 

Fussel haben keine Geschenke dabei.

Nicht mal eine Fusselrolle haben Fussel dabei. Fussel sind Fussel. Die kommen, so, wie sie ungebeten sind. Die flitscht man weg. Aber Fussel lassen sich nicht einfach wegflitschen. Fussel muß man wegflatschen, immer und immer wieder. Und sie gehen dann doch nicht weg. Conny ist nicht lieb und nett. Sie muß die ganze Zeit flatschen. 

Nicht lieb und nett. 

Nicht lieb und nett vom Fussel, meint Conny. Sie braucht einen Mann, der ihr eine Fusselrolle schenkt und sie mal richtig und tüchtig durchrollt. Roooolllll. Rooooolllll. Rolll! Hehehe. Aber ist Conny dann zufrieden? 
Nein. Denn sie will selber wegfusseln. Sie hat drei abgeschlossene Berufsausbildungen und zwei rechte Hände als Linkshänderin. Sie fosselt auch bei anderen weg. Nicht lieb, wie das von einer Lieben ist, sondern verärgert, wie das von Conny ist: Mit Fosseln und Fusseln darf man nicht vor ihre Glotzaugen treten. Glotzen, da hat sie einen Meisterinnenbrief drin, von der IHK, DRK, K.u.K.. Und Conny glotzt sich 

lachend 

glasig.
 
Aber hat Conny auch Humor? Nein. Conny hat keinen Humur. Sie hat mal gehört, wenn Schnee in der Sahara fällt, dann glitzert er auf 

jedem 

Staubkorn. So ist es mit ihrem Humur auch: Wenn Conny Humor hat (Schnee), dann lachen (Sahara) alle (Staubkorn).
 
Conny - sie liebt es an erster Stelle zu stehen - war noch zu jung für single.de, das ärgert sie. Da sie doch alles gesehen hat, schon mit Vierundzwanzig, mit all ihren Fosselaugen. Nur single.de, das legendenbehaftete single.de, das hatte sie übersehen, überquandelt. Ist ihr irgendwie weggeglubscht. Laaaangweilige Singles. Was wäre sie da der Sta gewesen! 

Konny kanny auch nicht reden. Kokanny kann mit Mühe kwaken. Ich habe ihre Stimme gehört: --- ... ---_____ mühekwak. 

Hatte Fussel-Conny im Leben nur einmal Sex? Ja, um ein Kind zu haben. Ja, da ist jeder Mann überfordert. Conny-Zack, Familie! 

Was sie alles nicht wissen. Frau ohne Mann. Nur Fussel-Mann, was ein Fussel kann. Wie es ist, gedrückt zu werden. Händchen zu halten. Die Matratze vom Schlafzimmer ins Wohnzimmer zu tragen und darauf das Wochenende zu verbringen.

Das haben mir meine Selbstgespräche eben gesagt, während ich darauf warte, an den Briefkasten zu gehen, um endlich einen Liebesbrief vorzufinden, wie meine siebzigjährige Nachbarin, deren Briefkasten vor Liebesbriefen überquillte, gänge sie ihn nicht jeden Tag lehren. 


Der letzte Satz ist gut. Ein Siebtel davon. 




*


Samstag, 7. September 2024

21:17 Uhr, Küssen verlernt man, Fahrrad fahren und Schwimmen nicht.

 

So.


Mit der Faust kann man das Küssen üben, schmatz, schmatz, schmatz. Die Lippen küssen Zeigefinger und Mittelfinger. Öffnet man beide, ist es, als atmete man die andere ein. Wer keck ist, steckt die Zunge rein. Hihi.

Baden war ich dieses Jahr nicht. Rad gefahren bin ich auch nicht. Küssen muß man üben, küssen verlernt sich schlicht. Kann mich nicht verlieben, schade. Wäre mal eine Erfahrung. Kecke Zunge in den Spalt zwischen Zeige- und Mittelfinger - iieeehh. Schlabbert. Hihi.

Habe mal gelernt, daß es Frauen mögen, wenn man beide Hände auf ihre Wangen legt. Links und rechts. Und dann geküßt. Auch mit der Außenseite der Finger über die Schläfe streicheln, soll schön sein. Bei mir muß ich es selbst machen. Mache ich selten, trage Brille, der Bügel ist im Weg. Ist so viel im Weg. 

Was ich mal geküßt habe: Jetzt müßte eine Aufzählung folgen.

Zähle mal auf, was Du alles geküßt hast. 


Kann mich nicht mehr verlieben. Ich kann nur küssen, was ich liebe. 




*



Samstag, wir brauchen single.de

 

Es ist, was es ist.



Es ist Samstag, es ist Wochenende, das kam schon freitags, heute ist alles erledigt, eingekauft ist, die Wohnung ist ein bißchen sauber, es ist nachmittags, bald ist abends, Radio läuft, im Fernsehen kommt nichts, Fußball hat man schon gesehen, beim Einkaufen hat man ein hübsches Mädchen gespinxt, Schauspielerinnen und Autorinnen hat man schon geglotzt, wie kommt man an Frauen ran, wie kommen Frauen an Männer ran, wir brauchen deren Internet-Namen, haben wir nicht, wie ecosiert man, wie googelt man, wir brauchen single.de.


Single.de hatte ein Twitterprofil und ein Forum mit Fäden, so kam man auf Namen, man konnte angeben, man konnte reden. Man war zivilisiert. Man war nicht zivilisiert. Man war im Gespräch, man hatte einen Messenger, eine Kurzzeit-Brieffreundin.

18:19 Uhr, man hat sich vorgefreut. Man hat immer geguckt, was andere so sagen. Auf single.de war man alles, nur nicht Single. Gab es überhaupt Singles auf single.de? Doofer Name. Die Profilbilder waren nicht echt, man hieß Cromagnonmensch, MenAreSoGreat, Motte im Eigenlicht, ganze Samstagnächte hat man da verbracht. Außer im Forum mit den Fäden gab es keine Rückmeldung, das war doof. Keine Likes, keine Seitenaufrufe. Das sollte man ändern. Zumindest Seitenaufrufe sollte man sehen, Likes eher weniger. Und weil es single.de der 2000er Jahre nicht mehr gibt und ich nicht an Frauen rankomme, deren Gehirn ich ficken will, schreibe ich dies hier.

Jeder Tag ist Samstag.

Und jeder Tag ist wieder der nächste Tag. Bis zum nächsten Samstag.

Und dann ist Sonntag, Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag.

Es ist Samstag, es ist Wochenende, das kam schon freitags, heute ist alles erledigt, eingekauft ist, die Wohnung ist ein bißchen sauber, es ist nachmittags, bald ist abends, Radio läuft, im Fernsehen kommt nichts, Fußball hat man schon gesehen, beim Einkaufen hat man ein hübsches Mädchen gespinxt, Schauspielerinnen und Autorinnen hat man schon geglotzt, wie kommt man an Frauen ran, wie kommen Frauen an Männer ran, wir brauchen deren Internet-Namen, haben wir nicht, wie ecosiert man, wie googelt man, wir brauchen single.de.

Single.de hatte ein Twitterprofil und ein Forum mit Fäden, so kam man auf Namen, man konnte angeben, man konnte reden. Man war zivilisiert. Man war nicht zivilisiert. Man war im Gespräch, man hatte einen Messenger, eine Kurzzeit-Brieffreundin.

18:39 Uhr, man hat sich vorgefreut. Man hat immer geguckt, was andere so sagen. Auf single.de war man alles, nur nicht Single. Gab es überhaupt Singles auf single.de? Doofer Name. Die Profilbilder waren nicht echt, man hieß Cromagnonmensch, MenAreSoGreat, Motte im Eigenlicht, ganze Samstagnächte hat man da verbracht. Außer im Forum mit den Fäden gab es keine Rückmeldung, das war doof. Keine Likes, keine Seitenaufrufe. Das sollte man ändern. Zumindest Seitenaufrufe sollte man sehen, Likes eher weniger. Und weil es single.de der 2000er Jahre nicht mehr gibt und ich nicht an Frauen rankomme, deren Gehirn ich flicken will, schreibe ich dies hier.




*




Freitag, 6. September 2024

Ja. Habe ich schon geschrieben. Schreib' mal was Eigenes. Hab ich schon gedacht. Ja. Brauche eine, die über mich schreibt. Brauche ich nicht. Keine, die meint. Meine ist sie nicht. Schreibe was Eigenes.

 

Bulgursalat und Sofa. 



Habe gehört.

Brauche ich

Habe gehört. Keine, die mich stört. Höre mich nicht. 
Möchte wieder lesen. Gibt es wieder nicht. Brauchst Dich nicht mühen. Erzähle mir von denen, die Du getroffen hast. Brauchst nicht lügen.
Deine Freundinnen stellst Du mir als Bekannten vor. Du erzählst, und ich überlege mir schon was. Unterbrichst Du mich, quatsche ich Salat.

Bulgur oder Kohlrabi.

Habe weggeguckt, erzählst Du nicht. Hast Du schon mal häßliche Frauen gesehen, machst Du sie häßlicher. Oder schöner, wenn sie mich mögen. 
Deine Familie öffnet Deine Beine. Schließt sie im Vertrag. Brauche eine, die nicht zuklappt. Stehe auf, wenn Du mit mir sprichst.
Glaube nicht, wenn Du liebst. Du liebst nicht seine Art. Zu denen gehörst Du nicht. Habe nichts Gutes von Dir gehört, Du schreibst nicht gut, Du schreibst ab. Du hast gesagt. Lese ich nicht. Will wieder lesen, was nicht mir gehört. Gibt es nicht. Mach' mir den Salat.

Erlaube mir, im Voraus zu danken, wie ein Streicheln ins Herz. Seitlich daneben. Noch gut gegangen. Hast mal gehört. Ja. Der ist nach Hause gegangen. Nach der Arbeit. Drückte seine Frau, seine Kinder sprangen, kniete mit Rückenspannung, wie man einen Gegenstand gegen eine Hauswand lehnt. Hat noch nie gekocht. Sofa als Wohnung. Darauf lebt die Wohnung. Der Fernseher läuft, weil er es mag. Zwei Fernbedienungen. Hast mal. Durfte keiner merken. Oma sitzt immer da. Du kannst sie Dir nicht merken. Hast mal gehört.


Will von Dir lesen.


17:47 Uhr, nicht auf miepsenden Mäusen tanzen, oder moppeln, "Libe" ist ein guter Name für ein Buch. Nicht unbedingt für einen Roman.

17:51 Uhr, ich will dazu gehören. Nicht aber nicht zu denen. 







*